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Lasst Kommunen mitentscheiden!

Im Wortlaut von Kerstin Kassner,

 

Von Kerstin Kassner, kommunalpolitische Sprecherin der Fraktion

 

Die kommunale Finanzlage ist immer noch vielerorts im höchsten Maße angespannt. Die Menschen in den Kommunen müssen immer wieder die Erfahrung machen, dass Theater und Jugendclubs geschlossen werden oder dass der Eintritt ins Schwimmbad erhöht wird. Selbstverständlich steht die Politik vor Ort in der Pflicht, eine öffentliche Infrastruktur anzubieten, die das Leben in den Kommunen lebenswert macht. Dies umfasst sowohl die pflichtigen als auch die freiwilligen kommunalen Aufgaben. Die Politik auf Bundesebene steht in der Verantwortung, hierfür die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen. Sie muss in jedem Fall sicherstellen, dass die Kommunen nicht durch immer weitere Aufgabenübertragungen und Aufgabenerweiterungen finanziell überfordert werden und dadurch jegliche politische Handlungsspielräume verlieren.

Befragt man Kämmererinnen und Kämmerer nach den größten Posten in ihren Haushalten, verweisen diese stets auf die Ausgaben im sozialen Bereich, die seit der Einführung von Hartz IV besonders gestiegen sind. Gerade dieses Beispiel macht die Problemlage deutlich. Auf Bundesebene sind in der Vergangenheit zahlreiche Gesetze mit massiven finanziellen Auswirkungen auf die kommunale Ebene beschlossen worden. Mit der 2006 in Kraft getretenen Föderalismusmusreform wurde zwar ein Aufgabenübertragungsverbot ins Grundgesetz geschrieben, dieses gilt aber ausdrücklich nicht für Gesetze, die vor der Föderalismusreform erlassen worden sind und nicht für solche Gesetze, die bestehende Aufgaben konkretisieren. Für die Kommunen bietet diese Regelung keinen ausreichenden Schutz. Das zeigen nicht zuletzt die Erfahrungen mit dem Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung, der auf Bundesebene beschlossen wurde und die Kommunen vor enorme finanzielle Herausforderungen stellt, die mit der finanziellen Unterstützung des Bundes allenfalls zum Teil abgemildert werden können.     

Um derartige Missstände künftig zu vermeiden benötigen die Kommunen ein verbindliches Mitwirkungsrecht. Das in der letzten Wahlperiode in der Geschäftsordnung des Bundestages eingeführte Anhörungsrecht ist keinesfalls ausreichend.

Mit unserem Antrag wollen wir sicherstellen, dass in Zukunft die Kommunen nicht übergangen werden. Wir wollen erreichen, dass die Kommunale Selbstverwaltung im föderalen System einen höheren Stellenwert bekommt. Es bedarf einer gesetzlichen Regelung, die sicherstellt, dass Kommunen in allen Phasen der Entscheidung über ein Gesetzesvorhaben des Bundes beteiligt werden. Nur so kann eine einseitige Lastenverschiebung auf die Kommunen verhindert werden. Gerade vor dem Hintergrund, dass 80 Prozent der Bundesgesetze die Kommunen ausführen müssen, ist ein solches Kommunalmitwirkungsgesetz notwendig.

Ich bin mir sicher: Durch ein verbindliches Mitwirkungsrecht der Kommunen würden die Gesetze an Qualität gewinnen, weil die konkreten Erfahrungen aus der Praxis der Umsetzung der Gesetze einfließen können. Wir hätten nicht nur bessere Gesetze, wir könnten uns auch eine Vielzahl von Korrekturen und Änderungen im Nachhinein ersparen.

 

linksfraktion.de, 23. Februar 2915