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Knackpunkt Integration: Nur wenige Flüchtlinge dürfen arbeiten, sind aber oft mit Billigjobs konfrontiert

Nachricht von Sabine Zimmermann,

Bei der Integration von Flüchtlingen ist noch eine Menge zu tun. Im August 2015 gab es in Deutschland 310.741 erwerbfähige Asylsuchende und geduldete Flüchtlinge. [Seite 2, Frage 1] Im ersten Halbjahr 2015 hat die Bundesagentur für Arbeit für 17.401 Asylsuchende und geduldete Flüchtlinge eine Beschäftigung erlaubt, in 7.711 Fällen die Zustimmung verweigert. Das geht aus einer Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE hervor.

In der ersten Jahreshälfte 2015 sind damit die Ablehnungen gegenüber 2014 deutlich gestiegen. Damals gab es 10.365 Zustimmungen und 2.465 Ablehnungen. Bezogen auf die Gesamtzahl der Fälle wurden 2014 19 Prozent der Entscheidungen negativ beschieden, im ersten Halbjahr 2015 31 Prozent.

Stark zugenommen hat die Ablehnung aus dem Grund zu schlechter Beschäftigungsbedingungen. Hier wird vor allem kontrolliert, ob die Entlohnung deutlich schlechter ist als üblich oder kein Mindestlohn gezahlt wird. 384 Fälle waren es im gesamten Jahr 2014, 2.447 Fälle schon im ersten Halbjahr 2015. Ein zweiter zentraler Ablehnungsgrund ist die sogenannte Vorrangregelung, mit der geprüft wird, ob den Arbeitsplatz theoretisch ein Deutscher oder EU-Bürger besetzten kann. Aus diesem Grund wurde im ersten Halbjahr 2015 in 2.983 Fällen die Zustimmung verweigert. Im gesamten Jahr 2014 fand dies in 1.276 Fällen statt. [siehe in der Kleinen Anfrage Seite 3+4, Frage 3].

Die Gründe dafür, warum überhaupt nur eine Minderheit von Flüchtlingen in Arbeit kommt, sind vielfältig. Die oft katastrophale Unterbringung und die meist nicht oder erst spät stattgefundene Förderung spielen sicherlich eine zentrale Rolle.

Zugleich gibt es rechtliche Beschränkungen beim Arbeitsmarktzugang. Laut Bundesregierung betraf dies im August 187.437 oder 60 Prozent der erwerbsfähigen Asylsuchenden und geduldete Flüchtlinge. 40.670 unterlagen einem dreimonatigen Beschäftigungsverbot, weitere 146.767 der sogenannten Vorrangprüfung. [siehe die Antworten auf Frage 1 und 7 der kleinen Anfrage

„Flüchtlinge dürfen nicht vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen oder als billige Arbeitskräfte missbraucht werden. Die Bundesregierung ist gefordert, bestehende Benachteiligungen abzubauen. Der Mindestlohn und sonstige arbeitsrechtliche Regelungen müssen für alle gelten und durchgesetzt werden. Es darf kein Lohndumping stattfinden. Zudem brauchen wir eine bessere Arbeitsförderung, um Flüchtlingen und allen anderen Erwerbslosen bessere Beschäftigungschancen zu eröffnen“ sagt Sabine Zimmermann, stellvertretende Vorsitzende und arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE.

Die Antwort der Bundesregierung enthält ferner noch weitere interessante Punkte.

Geduldete und Ausbildung

Zum einen geht es um das vielfach beklagte Problem, dass geduldete Flüchtlinge keine oder nur schwer eine Ausbildung antreten können, weil eine Abschiebung droht. Dieses bleibt auch nach einer gesetzlichen Änderung zum 1.8.2015 für die Mehrzahl der Betroffenen bestehen. Im August 2015 waren 48.120 Geduldete in einem Alter zwischen 15 und 30 Jahren. Davon fallen nach Angaben der Bundesregierung 30.761 oder ca. 64 Prozent „potentiell“ nicht unter die Neuregelung, wonach bei Ausbildung die Duldung verlängert und damit eine mögliche Abschiebung verhindert werden kann [Frage 19]. Ausgeschlossen sind zudem Jugendliche aus sogenannten „sicheren Herkunftsländern“. Diese Einengung ignoriert die Realitäten. Denn ein größerer Teil der Geduldeten bleibt lange oder auch dauerhaft in Deutschland, weil die Abschiebung nicht zumutbar oder möglich ist. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer von Geduldeten lag im August 2015 bei 53 Monaten, d.h. 4 1/2 Jahren. [Frage 8]

Arbeitsverbote und EU-Recht

Dauerhafte Arbeitsverbote von Asylsuchenden wie sie es in Bayern gibt, sind nur möglich, weil Deutschland die EU-Aufnahmerichtlinie verletzt, wonach Asylsuchende neun Monate nach Antragstellung einen Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten müssen (die Richtlinie ist in Deutschland nicht innerhalb der vorgesehenen Frist bis 20. Juli umgesetzt worden, die EU-Kommission hat deshalb ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet, die Richtlinie ist jedoch seit Sommer 2015 unmittelbar anwendbar, es geht um Art. 15 der Richtlinie 2013/33/EU). [Frage 12]


Erklärung:  Die Gruppe der Asylsuchenden bzw. Asylbewerber, umfasst Flüchtlinge, deren Asylantrag noch nicht entschieden wurde. Geduldete sind Flüchtlinge, deren Asylantrag abgelehnt wurde, die aber aus verschiedenen Gründen nicht abgeschoben werden.


linksfraktion.de, 9. Oktober 2015