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Keinen Plan oder wat?

Im Wortlaut von Cornelia Möhring,

Wie in jedem Jahr sind die Mitglieder der Fraktion DIE LINKE während der so genannten Parlamentarischen Sommerpause viel in ihren Wahlkreisen unterwegs. Vor Ort nehmen sie sich der Sorgen und Nöte der Bürgerinnen und Bürger an, besuchen Betriebe und Vereine, engagieren sich für lokale und regionale Anliegen. Auf linksfraktion.de schreiben die Parlamentarierinnen und Parlamentarier über ihren Sommer im Wahlkreis.

Am Mittwoch, dem 25.8.2010, besuchten meine MitarbeiterInnen und ich Norderstedt. Dort hatten wir die Gelegenheit, gleich mehrere Projekte kennenzulernen, die einen wichtigen Grundstein legen für sozialen Zusammenhalt und gesellschaftliche Integration.

 

Zunächst stellte uns Herr Banse „Plan haben“ vor, ein Projekt des Kriminalpräventiven Rates der Stadt Norderstedt. In ihm werden auffällige Jugendliche frühzeitig angesprochen, bevor Straftaten begangen werden und die Polizei einschreiten muss. Ausreichende Informationsangebote an die Eltern und eine gute Zusammenarbeit mit den Schulen sind die Voraussetzung für das Gelingen.

 

Im Projekt verpflichten sich die Kinder und Jugendlichen freiwillig,  ein Jahr lang regelmäßig mit einem ehrenamtlichen Paten zusammenzuarbeiten. Dieser Pate ist dann  Vertrauensperson und Ratgeber für das Kind , das eine derartige Aufmerksamkeit und Wertschätzung  oft noch nie erfahren hat.

Ziel des Projektes ist es, Unterstützung bei der Überwindung die zum Teil schwieriger familiärer uns sozialer Probleme zu leisten und die Kinder zu befähigen, Perspektiven zu entwickeln.

 

Um die Probleme von Kindern und Jugendlichen aus suchtbelasteten Familien geht es bei der Fachstelle „Kleine Riesen“, mit deren Vertreter Hans-Jürgen Tecklenburg ich danach sprach. Kinder, die in ihrem Elternhaus mit Suchtproblemen konfrontiert sind, flüchten später selbst häufig in eine Sucht. Deshalb erlernen sie in regelmäßigen Einzelgesprächen - später in Gruppenarbeit - Bewältigungsstrategien, um die häuslichen Krisen und Probleme besser zu meistern.

 

Die Projekte führen vor Augen, dass gesellschaftliche und erzieherische Arbeit, die präventiv ansetzt, einer viel größeren Wertschätzung bedarf. Leider fallen solche Projekte oft dem Spardruck der Kommunen zum Opfer, obwohl gerade die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen Stabilität und Kontinuität benötigt. Dem Ehrenamt gebührt als zusätzlichem Angebot immer hohe Anerkennung. Aber eine solche Arbeit, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die soziale Balance in Städten und Gemeinden nachhaltig garantiert , muss eigentlich als öffentlich finanzierte Dienstleistung der Kommunen angeboten werden. Dazu aber muss deren Finanznot beseitigt werden.

 

Wozu eine Kommune in der Lage ist, die ausreichende Einnahmen hat, erfahre ich abschließend im Zentrum Deutsch als Zweitsprache (DAZ). Menschen aus 139 Ländern mit noch mehr Sprachen leben in Norderstedt, und sie alle erhalten in enger Kooperation zwischen dem DAZ-Zentrum und der Volkshochschule Unterstützung beim Erlernen der deutschen Sprache. Es kommt nicht selten vor, dass die Mutter vormittags bei derselben Lehrerin sitzt wie ihr Sohn vier Stunden später.

 

„Unser Ziel ist es nicht nur, die Kinder und Jugendliche beim Spracherwerb zu unterstützen, sondern ihr gesamtes Begabungspotenzial zu erschließen“, erklärt uns Schulrat Michael Rebling. Daran sind auch das Jugendamt, die Stadtbücherei und viele andere Institutionen beteiligt. Doch ohne die begeisterte Arbeit von Lehrerinnen wie Frau Kröger und Frau Rutten wäre das Projekt nicht so erfolgreich, dass es den Innovationspreis der Stadt Norderstedt gewinnen konnte. Beide sind mit unglaublich engagiert und fördern ihre Schützlinge sehr individuell. 

 

Überhaupt die Kinder: Das Gespräch mit ihnen ist der eigentliche Höhepunkt des Tages. Als Gäste raten wir anhand der Begrüßung in ihrer Muttersprache, aus welchem Land sie stammen. Manchmal liegen wir richtig, manchmal völlig daneben – zur Belustigung der Kinder. Sie erzählen uns von ihren Familien und dem nicht immer leichten Leben, dass sie nach Norderstedt verschlagen hat. Für die meisten ist Deutsch bereits die dritte oder sogar vierte Sprache, und trotzdem macht ihnen der Unterricht im DAZ Spaß – das ist deutlich zu spüren.

 

Mit vielen gegenseitigen guten Wünschen verabschieden wir uns von einem Ort, an dem Integration keine „kommunale Pflichtaufgabe“, sondern gewolltes und gemeinsam Zusammenleben ist.

 

Von Cornelia Möhring

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