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Karlsruhe kippt Hartz-Regelsätze

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Die Leistungen für die 6,7 Millionen Hartz IV-Empfänger müssen grundlegend neu berechnet werden. Sie erfüllen nicht den Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nach Artikel 1 des Grundgesetzes. Das Bundesverfassungsgericht verlangt vom Gesetzgeber eine Neuregelung bis zum 1. Januar 2011.

Das Verfahren bezog sich im Kern auf Leistungen des Staates für rund 1,7 Millionen Mädchen und Jungen unter 14 Jahren, die in Hartz-IV-Familien leben. Im Urteil beanstandete das Gericht darüber hinaus aber auch die übrigen Berechnungen von Hartz-IV-Leistungen.

Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, legte in der Urteilsbegründung dar, dass mit dem bisherigem Berechnungsverfahren nicht sichergestellt werden könne, dass mit den Sozialleistungen das Recht auf ein "menschenwürdiges Existenzminimum" gesichert wird. Das Existenzminimum müsse auch eine Mindesteilnahme von Leistungsempfängerinnen und -empfängern am gesellschaftlichen Leben berücksichtigen.

Ein konkretes Verfahren zur Neuberechnung der Regelsätze schlugen die Karlsruher Richter nicht vor. Die Leistungen müssten auf Grundlage "verlässlicher Zahlen" und "tragfähiger Berechnungen" erbracht werden. Schätzungen "ins Blaue hinein" seien verfassungswidrig, betonte Papier.

Der Hartz IV-Regelsatz für einen alleinstehenden Erwachsenen liegt derzeit bei monatlich 359 Euro. Der Bedarf für Kinder und Jugendliche wird bislang nicht eigenständig errechnet. Sie erhalten je nach Alter zwischen 60 und 80 Prozent der Hartz IV-Leistungen für Erwachsene. Kindern unter sechs Jahren stehen 215 Euro zu, im Alter bis zu 13 Jahren gibt es 251 Euro. Jugendliche erhalten bis zur Volljährigkeit 287 Euro.

Geklagt hatten drei Familien im Jahre 2005. Sie hatten argumentiert, dass die Regelsätze für Kinder unter 14 Jahren von damals 207 Euro willkürlich festgelegt worden wären und das Existenzminimum nicht abdeckten. Außerdem würde der Gleichheitsgrundsatz verletzt werden, da Kinder von Sozialhilfeempfängern einen zusätzlichen Bedarf geltend machen können, Kinder von Arbeitslosengeld-II-Empfängern jedoch nicht. Das Hessische Landessozialgericht in Darmstadt und das Bundessozialgericht in Kassel bezweifelten in den Instanzen des Verfahrens die Rechtmäßigkeit der Regelsätze für Kinder und riefen das Bundesverfassungsgericht an.