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Kandidat ist ein Produkt der Medien

Periodika,

Der SPD-Kanzlerkandidat folgt keiner klar erkennbaren Linie und stellt deshalb keine erfolgversprechende Alternative zu Kanzlerin Angela Merkel dar, argumentiert Albrecht Müller

Als Finanzminister hat Peer Steinbrück die Finanzmärkte dereguliert; er hatte dies in der Koalitionsvereinbarung im Jahr 2005 zusammen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) festgeschrieben. Und nun soll er für die Verschärfung der Regeln stehen? Er hat noch im Jahre 2008 gegen Beschäftigungsprogramme polemisiert. Und nun gibt er vor, für eine aktive Beschäftigungspolitik zu sein. Er hat, was inzwischen fast vergessen ist, die Mehrwertsteuer erhöht. Noch im Bundestagswahlkampf 2005 hatte die SPD mit einem Plakat gegen die "Merkel-Steuer" protestiert. Merkel wollte diese Abgabe um zwei Prozent erhöhen. Herausgekommen ist eine Erhöhung um drei Prozent – das ist im Wesentlichen auf Peer Steinbrücks Einsatz zurückzuführen.

In seiner Zeit als Finanzminister wurde der Spekulation Tür und Tor geöffnet. In der Koalitionsvereinbarung hieß es damals, die Finanzmarktaufsicht solle "die bestehenden Aufsichtsstandards mit Augenmaß" anwenden, auf Deutsch: nicht so genau hingucken. Wozu hat das geführt? Die Spekulanten fühlten sich ermutigt. Als die Sache den Bach hinunterging und die Steuerzahlerinnen und -zahler zur Rettung gerufen wurden, war Herr Steinbrück wieder federführend. Er hat die IKB, eine lächerlich kleine Bank, gerettet und dafür zehn Milliarden Euro eingesetzt. Er hat dafür gesorgt, dass die Bank Hypo Real Estate mit vielen Milliarden Euro aus Steuergeld gerettet wird – inzwischen sind es schon über 100 Milliarden Euro. Glaubhaft ist seine Gegnerschaft zu den Machenschaften der Finanzwirtschaft nicht.

Seine einzige Leistung ist, dass er mit Frau Merkel zusammen vor die Kamera getreten ist und die Sparkonten garantiert hat. Das war wichtig, um eine Panik zu verhindern. Aber ansonsten? Wenn Steinbrück die Spekulanten zähmen soll, dann ist das so, als würde der Bock zum Gärtner gemacht.

Der Kandidat Peer Steinbrück ist vor allem ein Medienprodukt. Die Kampagne – einschließlich der Unterstützung von Helmut Schmidt – lief ähnlich massiv wie vier Jahre zuvor die für Frank-Walter Steinmeier, einen weiteren Medienkandidaten. Die Kanzlerkandidaten der SPD wurden nunmehr zum vierten Mal nicht von der Partei, ihren Gliederungen und Mitgliedern bestimmt, sondern von Medien. Wie schon bei Herrn Steinmeier und zuvor, im Jahr 1997, bei Gerhard Schröder. Schröder hat damals gegen Oskar Lafontaine auf der Basis einer Medienkampagne im Zuge der Landtagswahlen in Niedersachsen gewonnen. Dieses Schema wiederholt sich nun bei Herrn Steinbrück.

Seine Nominierung verhindert eine wichtige Perspektive: eine Koalition links der CDU/CSU. Durch die Absage einer Koalition mit der Partei DIE LINKE ist dieser Weg von vornherein versperrt. Gleichzeitig ist die SPD bereit, mit der FDP zu koalieren. Die SPD geht also eher mit Herrn Rösler und Herrn Westerwelle zusammen, die eindeutig von einer Lobby gesteuert sind. Deswegen ist die Perspektive für die Bundestagswahl 2013 und für die Zeit danach schlecht für das Volk. Wenn wir eine Demokratie sein wollen, dann muss es auch politische Alternativen geben. Eine Allparteienkoalition aus CDU/CSU, FDP, SPD und Grünen ist keine Alternative. Diese Perspektive aber ist mit Herrn Steinbrück als Kandidat zementiert worden.

 

Albrecht Müller (74) war in den 1970er Jahren Planungschef im Bundeskanzleramt unter den Kanzlern Willy Brandt und Helmut Schmidt (beide SPD). Von 1987 bis 1994 saß er für die SPD im Deutschen Bundestag. Heute arbeitet er als Autor und Herausgeber des Politikblogs www.NachDenkSeiten.de.

Mitarbeit: Harald Neuber