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Kampf um bessere Arbeitsbedingungen

Kolumne von Niema Movassat,

Von Niema Movassat





Am 1. Mai demonstrierten Hunderttausende in Deutschland, Europa und weltweit für bessere Arbeitsbedingungen. Zusammen mit den Gewerkschaften nutzte DIE LINKE den Tag, um auf zahlreichen Demonstrationen gegen prekäre Arbeitsverhältnisse zu protestieren und einen gesetzlichen Mindestlohn von mindestens 10 Euro zu fordern. Von Arbeit muss man leben können!

Der Kampf um bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne muss international geführt werden. Vor zwei Wochen ist in Bangladesch ein achtstöckiges Gebäude zusammengestürzt. Rund 550 Menschen starben. In dem Gebäude waren auch vier Textilfabriken untergebracht, die u.a. für Quelle, Mango, Benetton und Primark nähten.

In Bangladesch werden den NäherInnen essentielle Rechte vorenthalten. Oft müssen sie für 20 bis 30 Euro im Monat arbeiten, 12 bis 16 Stunden am Tag. Lohnfortzahlung bei Krankheit und Schwangerschaft oder Kündigungsschutz gibt es nicht. Und lebenswichtige Arbeitsschutzbedingungen werden von den Arbeitgebern ignoriert:  Schon Tage vor dem Hauseinsturz hatten ArbeiterInnen Risse in den Wänden gemeldet. Die Betriebsleitung reagierte nicht. Diese menschenverachtende Haltung hat vielen nun das Leben gekostet. Leider kein Einzelfall.

Im September 2012 brannten in Pakistan zwei Fabriken ab, 300 Näherinnen erstickten, weil die Fluchtwege verschlossen waren. Im November 2012 starben 112 Menschen in Bangladesch, in der Tazreen-Fashion-Fabrik. In allen Fabriken wurden jeden Monat Millionen T-Shirts, Jacken oder Hosen für C&A, H&M, Carrefour, Kik, Walmart und andere produziert.

Wo bleibt die Verantwortung der Unternehmen?

Die Europäische Union erwägt nun die Rücknahme von Handelsvergünstigungen für Bangladesch, sollten die Arbeitsbedingungen nicht verbessert werden. Doch wo bleibt die Verantwortung der westlichen Textil-Unternehmen? Sie sind es, die an den katastrophalen Arbeitsbedingungen verdienen, die auf niedrige Arbeitskosten drängen und dafür auch über Leichen gehen.

In Deutschland sowie in Bangladesch oder Pakistan verdienen die Unternehmen an Dumping-Löhnen. Je weniger die Menschen hierzulande verdienen, desto weniger sind sie in der Lage, faires Geld für faire Arbeitsbedingungen im Süden zu bezahlen. Die Lohnkosten für die Kleidungsherstellung machen oft nur einen Anteil von 1 Prozent an den Gesamtkosten aus. Die Firmen könnten die Lohnkosten ohne Probleme erhöhen, ohne dass es sich nennenswert auf den Gesamtpreis auswirkt. Aus Profitinteresse haben die Textilfirmen aber kein Interesse daran.

Freiwillige Selbstverpflichtungen reichen nicht

Die Bundesregierung setzt bei sozialen, ökologischen und arbeitsrechtlichen Mindeststandards für im Ausland tätige deutsche Unternehmen ausschließlich auf Freiwilligkeit. Freiwillige Selbstverpflichtungen der Industrie sind ungefähr so wirksam, wie einem Kleinkind eine Tüte Gummibärchen in die Hand zu drücken, ihm aber das Versprechen abzunehmen, nicht zu viele auf einmal zu essen.

Wir brauchen stattdessen einklagbare Mindeststandards für im Ausland tätige deutsche Unternehmen. Es gibt hier das Zivilrecht für Schadenersatzzahlungen und das Strafrecht für eine strafrechtliche Verantwortung. Doch im Zivilrecht ist das Problem die Trennung zwischen Mutter- und Tochterunternehmen. Dieses Trennungsprinzip muss vor allem bei Menschenrechtsverletzungen aufgehoben werden. Die Unternehmen müssen auch für die Machenschaften ihrer Zulieferfirmen zur Verantwortung gezogen werden können. Zudem braucht es ein Unternehmensstrafrecht, dass Unternehmen auch hierzulande anklagbar macht für Menschenrechtsverletzungen im Ausland. Und wir brauchen einen existenzsichernden Mindestlohn – für die Verkäuferin bei kik an der Kasse genauso wie für die Näherin in Pakistan oder Bangladesch.

linksfraktion.de, 6. Mai 2013