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Internationale Unternehmen versus Menschenrechte?

Nachricht von Annette Groth, Sabine Leidig, Niema Movassat,

Fachgespräch der Fraktion am 1. Juli 2011

Internationale Unternehmen versus Menschenrechte?

Wirtschaftliche Interessen von Unternehmen führen in zahlreichen Ländern des Südens immer wieder zu schweren Menschenrechtsverletzungen. Ausbeutung, Kinderarbeit, Vergiftung von Wasser und Boden, Ausplünderung von natürlichen Ressourcen, Vertreibung indigener Bevölkerungen bis hin zur Ermordung von GewerkschafterInnen und MenschenrechtsaktivistInnen stehen auch im Zusammenhang mit internationalen Unternehmensaktivitäten. Multinationale Konzerne setzen ihre Interessen mit Hilfe eines komplexen Netzwerks aus Tochterfirmen, Subunternehmen und Zulieferern durch. Bisher sind Unternehmen nicht dazu verpflichtet, Rechenschaft über die Auswirkungen ihrer Aktivitäten auf Mensch und Umwelt abzulegen. Mit 45 ExpertInnen aus Nichtregierungsorganisationen (NROs) und Institutionen diskutierten am 1. Juli die Bundestagsabgeordneten der Fraktion DIE LINKE, Annette Groth, Sabine Leidig und Niema Movassat das Thema der menschenrechtlichen Verantwortung von Unternehmen und die Forderungen an die deutsche Politik.

 

Die Logik vom Kopf auf die Füße stellen

Zu Beginn wurden in zwei Eingangsreferaten die internationalen Rahmenbedingungen für deutsche und europäische Unternehmen skizziert, die durch Handelsabkommen und die deutsche und europäische Rohstoffstrategie geschaffen werden. Irene Knoke (Südwind-Institut) stellte die Rohstoffinitiative der Europäischen Union vor. Sie kritisierte, dass Entwicklungszusammenarbeit zu einem Instrument der Sicherung der Rohstoffzufuhr für die EU wird. Die EU-Initiative sei, so Knoke weiter, ebenso wie die Rohstoffstrategie der Bundesregierung, darauf ausgerichtet, Wettbewerbsnachteile der europäischen bzw. deutschen Industrie beim Zugriff auf Rohstoffe abzubauen und Investitionen zu vereinfachen. Unter anderem sollen Exportzölle und -quoten in den Partnerländern abgeschafft werden. Menschenrechte würden hingegen nicht angesprochen. Diese strategischen Ansätze finden sich in bereits abgeschlossenen Freihandelsabkommen wie dem zwischen der EU, Kolumbien und Peru sowie in den Verhandlungsmandaten für weitere Abkommen wie die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen der EU mit den AKP-Staaten wieder. Die Rohstoffstrategie der Bundesregierung sei eng mit der deutschen Industrie (BDI) abgesprochen und verfolge entsprechend deren Interessen. Ein kohärenterer Ansatz, der Entwicklungs- und Menschenrechtsbelange berücksichtige, werde hingegen in der Rohstoffstrategie des Bundesministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) nicht verfolgt. Frau Knoke stellte abschließend ihre Forderungen an eine entwicklungskohärente Rohstoffpolitik, vor: Berücksichtigung ökologischer Belange, Zertifizierung von Rohstoffen aus Konfliktregionen, verbindlicher Schutz der Menschenrechte, verbindliche Beteiligung der Zivilgesellschaft, mehr Transparenz und eine neue Handels- und Investitionspolitik.

Armin Paasch (Misereor) machte die Kluft zwischen Rhetorik und Realität in der Handelspolitik deutlich. Er verwies darauf, dass seit 1992 Menschenrechtsklauseln verbindlich in Handelsabkommen der EU aufgenommen werden müssen und erläutert zugleich die Defizite solcher Klauseln: Zum einen handele es sich dabei um einseitige Bestimmungen, die nur von der EU in Richtung ihrer Partner sanktionierbar seien, aber nicht umgekehrt, zum anderen sei darin kein Monitoring der Menschenrechtsverletzungen vorgesehen, die überhaupt erst durch die Umsetzung von Freihandelsabkommen hervorgerufen würden. Er plädierte deshalb für modifizierte Menschenrechtsklauseln, die diese beiden Aspekte berücksichtigen. Die Logik der Klauseln müssen vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Paasch verlangte, dass die handelspolitischen Spielräume der Partner gewahrt und nicht durch weitreichende ordnungspolitische Festlegungen im Bereich von Zöllen, Wettbewerbsrecht, Investitionspolitik etc. eingeschränkt würden. Er kritisierte das Bestreben der EU-Kommission und einiger EU-Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, die Gewährung bzw. Nicht-Gewährung von einseitigen Handelspräferenzen im Rahmen des Allgemeinen Präferenzsystems künftig als Druckmittel gegen Partnerländer einzusetzen

Annette Groth, menschenrechtspolitische Sprecherin der Fraktion, bedauerte in der Diskussion, dass in der Öffentlichkeit die Handels- und Freihandelsabkommen, die den „Entwicklungsländern“ und Schwellenländern von der EU aufgezwungen werden und für zunehmende Arbeitslosigkeit und Armut verantwortlich sind, weithin unbekannt sind. Sie zitierte Aminata Traore, ehemalige Kultusministerin Malis, die die EPAs (Wirtschaftspartnerschaftsabkommen) 2005 als „Massenvernichtungswaffen Europas“ bezeichnet hat. Angesichts der weitgehenden Deckungsgleichheit der Rohstoffstrategien von BDI und Bundesregierung und unter Hinweis auf die immense Macht der Industrielobbys auf EU-Ebene, forderte sie Maßnahmen, um den Lobbyismus zu durchbrechen.

Alexander King, entwicklungspolitischer Referent der Fraktion, machte darauf aufmerksam, dass der Kommissionsvorschlag zur Reform der APS-Verordnung Ende September auf der Tagesordnung des Ausschusses für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung steht, und empfahl, auf die Abgeordneten einzuwirken, den Kommissionsvorschlägen zu widersprechen. Er verwies außerdem kritisch auf die im Mai vom Bundesverteidigungsminister vorgestellten verteidigungspolitischen Richtlinien, in denen der Zugang der deutschen Industrie zu Rohstoffen und die Sicherung von Transportwegen zu zentralen Aufgaben der Bundeswehr erklärt worden waren. Die Abgeordnete Sabine Leidig, Mitglied der Enquête-Kommission „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“, regte eine Diskussion darüber an, wie mehr Öffentlichkeit für die Debatte um nachhaltige Entwicklung und Wachstumskritik hergestellt werden kann.

 

Verschiedene Fallbeispiele – Gleiche menschenunwürdige Bedingungen

Ilona Auer-Frege, Ökumenisches Netz Zentralafrika,verdeutlichte, dass die Abbaubedingungen, unter denen in der DR Kongo mineralische Ressourcen gefördert und exportiert werden, typisch seien für die Lebens- und Arbeitsbedingungen in vielen Entwicklungsstaaten. Das Land, und insbesondere die Provinz Katanga, sei einer der größten Exporteure für mineralische Rohstoffe wie Gold, Kupfer, Zinn, Diamanten und Coltan. Allerdings würde der Hauptteil dieser Mineralien illegal exportiert. Der Staat erhielte so gut wie keine Steuereinnahmen und die DR Kongo zähle zu den fünf am wenigsten entwickelten Staaten der Welt. Die Preisspanne zwischen Produzenten und Endabnehmern liege um die 3000 Prozent. Das Risiko trügen aber die artisanalen Schürfer, die unter menschenunwürdigen Bedingungen in die handgegrabenen, nicht gesicherten Stollen kriechen und mit Schaufeln graben. Kinderarbeit sei alltäglich. Viele deutsche Firmen kauften die Rohstoffe bei internationalen Zwischenhändlern, die die Herkunft der Rohstoffe verschleiern. Um die kongolesische Regierung  zur Kooperation zu bewegen, müssten die Geberstaaten eine kohärente politische, diplomatische und finanzielle Motivationsstrategie entwickeln. Gleichzeitig wäre es wichtig, Vertreter der verarbeitenden Industrie in den Zertifizierungsprozess einzubinden.

Christian Russau, Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile und Lateinamerika (FDCL),  berichtete vom Atomexport und der deutschen Hermesbürgschaft für Angra 3 in Brasilien.Anfang Februar 2010 hatte die Bundesregierung dem Konzern Areva NP eine Bürgschaft für das brasilianische Atomkraftwerk Angra 3 im Umfang von 1,3 Milliarden Euro erteilt. Diese Absicherung möglicher Ausfallrisiken erfolgte durch die Euler Hermes Kreditversicherungs-AG, die der deutsch-französischen Muttergesellschaft Euler Hermes SA mit Sitz in Paris unterstellt ist. Diese wiederum gehöre zu 68,2 Prozent der Allianz France, die zu 100 Prozent der Allianz Gruppe gehöre. Seit 1984 überprüfe die Allianz regelmäßig die gelagerten Bestandteile für den Reaktor und erhielte dafür von Brasilien 20 Millionen Dollar pro Jahr. Des Weiteren hätte die Allianz den Vertrag über die Bausicherung in den Händen. Mit dem Exportkredit verdiene die Allianz somit zum dritten Mal an Angra 3. Der Antrag für Angra 3 beziehe sich auf Lieferung, Montage und Inbetriebnahme des dritten Atommeilers des Atomkomplexes Almirante Álvaro Alberto in Itaorna bei Angra dos Reis im Bundesstaat Rio de Janeiro. Der Atomkomplex sei ohne vorherige Prüfung der geologischen Gegebenheiten in erdbebengefährdetem Gebiet gebaut worden. Zudem bestehe Überschwemmungs- und Erdrutschgefahr und die Meiler seien nicht gegen Flugzeugabstürze gesichert. Hintergrund von Brasiliens Atomkraft sei zu einem Großteil der im Jahre 1975 zwischen Brasilien und der Bundesrepublik Deutschland unterzeichnete Vertrag über die Lieferung von Atomkraftwerken des Konzerns Siemens/KWU an Brasilien. Offene Fragen bleiben laut Russau die Orientierungsleitlinien für Hermesexportkredite und  Exportgüterleitlinien und welche internationalen Organisationen in die Überwachung der Menschenrechtsnormen involviert sein könnten.

Julia Thimm, Kampagne für Saubere Kleidung (Clean Clothes Campaign CCC), berichtete über die Bekleidungsindustrie in Bangladesch und Indien, wo systematisch Zulieferer für deutsche und europäische Unternehmen Menschen- und Arbeitsrechte verletzten. Auf dieses Fallbeispiel werde seit Jahrzehnten aufmerksam gemacht. Viele Unternehmen hätten bisher Verhaltenskodizes abgeschlossen, die aber vor Ort bislang nicht viel geändert hätten. Indien liefere 6,6 Prozent und Bangladesch 8 Prozent der europäischen Textilimporte. Es gebe rund 30.000 Textilfabriken in Indien. In Bangladesch seien ca. drei Millionen Menschen in diesem Sektor beschäftigt, diese erwirtschafte 80 Prozent der Exporteinnahmen des Landes. Bangladesch und Indien hätten die ILO-Kernarbeitsnorm zur  Gewerkschaftsfreiheit ratifiziert, diese würden aber kaum eingehalten. In Bangladesch gäbe es in den Fabriken kaum Sicherheitsvorkehrungen, vor 6 Jahren starben 64 Menschen in einem Feuer in einer Nähfabrik;  in der auch Firmen wie Zara, Karstadt und Quelle  und New Yorker produzieren ließen. Im Februar 2010 ging eine Zulieferfabrik von H&M in Flammen auf, 20 Menschen starben. Die Hungerlöhne seien in beiden Ländern das größte Problem der ArbeiterInnen. Es sei gängig, dass 80-100 Stunden die Woche gearbeitet werde, ohne Sozialleistungen, Urlaub oder Krankheitsschutz. Gegen Gewerkschaften würde massiv vorgegangen. Das alles geschehe, obwohl es mittlerweise eine ganze „Industrie“ gibt, die diese Fabriken auch überprüfe. Es sei auch ein Problem, dass die Eliten in den Ländern von diesen Unternehmen profitierten. Die CCC fordere daher rechtliche Regelungen für Unternehmen. Unternehmen müssten haftbar gemacht und verpflichtet werden, im Inland zu berichten und Transparenzregelungen einzuhalten. Betroffenen müssten hierzulande Zugang zu Gerichten erhalten, damit sie ihre Rechte einklagen können.

In der Diskussion wies Niema Movassat, MdB, auf die massiven Verletzungen von Menschenrechten beim Uranabbau im Niger und die Ignoranz der Bundesregierung hin, welche in der kleinen Anfrage der Linksfraktion (Drucksache: 17/6310) zutagetrat. Die CCC spricht sich laut Julia Thimm sehr deutlich gegen ein Siegel für die Bekleidungsindustrie aus. Der Ansatz solle eher ein „multi-stakeholder“ Ansatz sein, der alle Beteiligten mit einbeziehe. Die ArbeitnehmerInnen und Gewerkschaften müssten in die Prozesse eingebunden werden, z.B. mit Beschwerdesystem, Lohnleiter und weiteren Forderungen. Die praktische Umsetzung von Zertifizierungen im Rohstoffsektor und die Möglichkeit der  Einrichtung von weiteren Strukturen zum Monitoring von Unternehmen auf der Ebene internationaler Institutionen wurde auch von Kim Weidenberg, Referentin für Menschenrechtspolitik der Fraktion, angesprochen.

 

Klagemöglichkeiten für die Betroffenen – Verpflichtungen für die Unternehmen

Miriam Saage-Maaß, European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR), erläuterte in ihrem Vortrag die Klagemöglichkeiten von Extraterritorialen Staatenpflichten in Deutschland und der EU und arbeitete bestehende Rechtslücken heraus. Die Haftung von Unternehmen auf internationaler Ebene, z.B durch den Internationalen Strafgerichtshof oder durch UN-Gremien, seien bisher nur durch soft-law-Mechanismen, d.h. durch rechtlich nicht verbindliche, freiwillige Regeln ohne Sanktionsmöglichkeiten,  wie z.B. die OECD-Leitlinien geregelt. Unternehmen seien auf internationaler Ebene nicht als Völkerrechtssubjekte anerkannt. Denkbar sei, einen Mitarbeiter eines Unternehmens vor dem Strafgerichtshof anzuklagen wegen Beihilfe zu Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Unternehmen könnten auf nationaler Ebene in dem Staat verklagt werden, in dem die Verbrechen begangen wurden (Gaststaat) oder im Staat des Unternehmens (Heimatstaat). Die politischen und sozialen Folgen der Investitionstätigkeit von Unternehmen müssten dort diskutiert werden, wo die Unternehmen und die Shareholder sowie die Konsumenten sitzen. Auch die Verantwortlichen sollten sich in ihrem Heimatstaat verantworten. Verfahren in den Heimatstaaten hätten dann Sinn, wenn die Betroffenen vor Ort auch damit arbeiten können. Es sprechen keine völkerrechtlichen Regeln dagegen, dass  Deutschland im Ausland Rechtsmittel zur Verfügung stelle.  Die Sachverhalte seien allerdings sehr komplex. Auch hätten viele Unternehmen eine sehr komplexe Unternehmensstruktur. Dies mache es oft schwer, eine juristische Verantwortung herzustellen. Für klare Haftungsmöglichkeiten in Deutschland gäbe es das Zivilrecht für Schadenersatzzahlungen oder das Strafrecht für eine strafrechtliche Verantwortung. Im Zivilrecht sei eines der Probleme die Zurechnung der Verantwortung von Mutter- zu Tochterunternehmen aufgrund des Trennungsprinzips. Eine der Forderungen u.a. der ECCJ (European Coalition of Corporate Justice) ist daher die Aufhebung des Trennungsprinzips bei Menschenrechtsverletzungen.

Die Referentin forderte eine andere Zuliefer- und Preispolitik, um z.B. die Anzahl der Zulieferer zu vermindern. Gerade bei Arbeitsrechtfragen und exzessiver Arbeitsausbeutung ergeben sich in Bezug auf Schadensersatz Probleme, z.B. entfallenen Lohn und entgangenem Gewinn zu bemessen. Im Zivilprozess könne man rein arbeitsrechtliche Fälle nicht in Deutschland behandeln. Auf EU-Ebene gebe es derzeit die Rom II-Verordnung zum Rechtsanwendungsrecht: Es gelte immer das Recht des Ortes, wo der Schaden eingetreten ist. Zudem gebe es keine Möglichkeit für Sammelklagen in Deutschland, damit könnten keine großen Opfergruppen klagen. Es existiere in Deutschland auch keine Unternehmensstrafbarkeit. Klagen seien demnach derzeit sehr schwierig, aber nicht unmöglich, ebenso wenig Strafanzeigen gegen Unternehmen. Es gebe jedoch noch keine effektiven Rechtsmittel, diese stehen noch aus, führt Frau Saage-Maaß aus.

Heidi Feldt, Beraterin für entwicklungs- und umweltpolitische Prozesse, ergänzte die rechtlichen Möglichkeiten und erläuterte den Stand der Diskussion um den Dodd-Frank-Act und seine Verankerung auf der EU-Ebene im Rohstoffsektor. Der „Dodd-Frank-Reformer-and-Consumer-Protection-Act“ wurde als neues Gesetz 2010 in den USA erlassen. Er enthielte – als Reaktion auf die internationale Finanzkrise – in erster Linie börsenrelevante Vorgaben. Die Artikel 15.02 und 15.04 seien relevant für den Rohstoffsektor. Der Artikel 15.02 befasse sich mit dem Handel von Konfliktmineralien aus der Demokratischen Republik Kongo und den angrenzenden Ländern, welche meldepflichtig werden. Ziel des Gesetzes sei es, den Handel der Mineralien, die zur Finanzierung von bewaffneten Konflikten beitragen, transparent zu machen. In den USA müssten US-börsennotierte Unternehmen einmal im Jahr nachweisen, welche Rohstoffe sie verwenden und dass sie ihrer Sorgfaltspflicht in der Zulieferkette nachkommen. Es sollten eindeutige Sanktionen formuliert werden. Im Endeffekt würde es ein Label geben für Rohstoffe aus konfliktfreien Teilen der DR Kongo. Zu den Nachteilen dieser Bestimmung zählte Heidi Feldt den Umstand, dass es aufwändig sei, diesen Nachweis zu führen, und die Gefahr eines de-facto-Embargos. Der Artikel 15.04 soll Finanztransparenz im Erdöl- und Bergbausektor weltweit herstellen. Unternehmen müssten demnach ihre Zahlungen, die sie im Zusammenhang mit Förderkonzessionen u. ä. in Drittstaaten an die öffentliche Hand leisten, offen legen. Bisher erfolge dies auf der freiwilligen Ebene. Frau Feldt beurteilte beide Ansätze positiv, auch wenn sie noch keine Lösung für den Rohstoffsektor seien, sondern sich auf der Informationsebene bewegten. Auf der EU-Ebene sei die Frage der Finanztransparenz recht weit fortgeschritten, noch in diesem Jahr würde es eine Mitteilung der EU-Kommission dazu geben. Weniger weit fortgeschritten seien die Lobbyarbeiten zu 15.02.

In der Debatte sprach Uwe Hiksch, Mitarbeiter von Annette Groth, die Möglichkeit an,  Mindestanforderungen an die Vertragsgestaltung zu stellen, um juristisch einklagbare Punkte für die Sorgfaltspflicht von Mutterunternehmen in die Verträge aufnehmen zu können. Frau Saage-Maaß führt aus, dass die Verträge zugunsten Dritter gelten müssten, damit die ArbeiterInnen klagen könnten. Der Ausbau des Vertragsrechts wäre eine interessante Möglichkeit. Sammelklagen seien im angloamerikanischen Rechtsbereich durchaus sehr verbreitet, im europäisch-kontinentalen  eher nicht, hier zeige sich ein deutlicher Rechtskulturunterschied. Frau Johanna Kusch von ECCJ wies auf das in Umweltfragen vorhandene Wahlrecht der Kläger hin, welches ermöglicht, den Gerichtsort den Bedürfnissen der Kläger anzupassen.

 

Ansätze nützen – mehr Gerechtigkeit ermöglichen

Der Dodd-Fank-Act wurde insgesamt kritisch hinterfragt, wobei die Auswirkungen auf die rohstoffliefernden Staaten noch weiter untersucht und beobachtet werden müssen. Entscheidend sind die Bedürfnisse und Wünsche der Betroffenen vor Ort, ob z.B. Schadenersatzzahlungen oder Gerichtsurteile als eindeutige Schuldzuweisung erzielt werden sollen. Es gibt auch im jetzigen Rechtssystem Möglichkeiten, die noch weiter ausgeschöpft werden können, wie z.B. Strafanzeigen gegen Unternehmen. Es besteht aber auch auf EU- und auf deutscher Ebene dringender Handelsbedarf, um die Frage der Unternehmensstrafbarkeit und der ROM-II-Verordnung zu lösen, das Wahlrecht des Gerichtsortes einzuführen, um so eine gerechte Rechtsprechung für Betroffene auch in Deutschland zu ermöglichen. Die Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE sagten zu, ihre Möglichkeiten zur Durchsetzung stärkerer Unternehmensverantwortung in der parlamentarischen Arbeit auszuschöpfen.

Von Uwe Hiksch, Alexander King, Kim Weidenberg