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Innere Führung muss weiterentwickelt werden

Im Wortlaut von Paul Schäfer,

Experten aus Politik, Wissenschaft, Militär und Friedensbewegung diskutieren auf Einladung der Fraktion DIE LINKE Gefahren der Bundeswehrreform



 

Von Paul Schäfer, verteidigungspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE

Professioneller, schlagkräftiger und einsatzfähiger soll die Bundeswehr nach dem Willen der Regierung aus der anstehenden Reform hervorgehen. Das ist nicht nur aus friedenspolitischer Sicht fehlgeleitet, weil so das Instrument für eine interventionsorientierte und militärfixierte Außen- und Sicherheitspolitik geschärft wird. Es wirft auch drängende Fragen nach dem künftigen Verhältnis zwischen Armee und Gesellschaft und nach der Binnenstruktur der Truppe auf: Droht das Prinzip der Inneren Führung zu erodieren? Wie lässt sich künftig die Armee in die Gesellschaft und in demokratische Strukturen einbinden? Mit welchen Instrumenten kann ein möglichst hoher Anteil an Zivilität im Militär gewährleistet werden? Auch der Bundestag muss sich intensiv und kritisch mit den Auswirkungen beschäftigen, die die Reformpläne für die innere Verfasstheit der Parlamentsarmee Bundeswehr und ihre demokratische Kontrolle haben können.

Als einen ersten Schritt dazu hat die Fraktion DIE LINKE am 8. April mit dem Fachgespräch "Armee im Einsatz - Staatsbürger in Uniform" den Anstoß zu einem breit angelegten Diskussionsprozess gegeben. In einem konstruktiven Dialog haben der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, aktive und ehemalige Soldaten, Vertreter der Militärseelsorge und der Friedensbewegung sowie Bundeswehrexperten aus Wissenschaft und Politik zunächst den derzeitigen Zustand und die kommenden Probleme des Prinzips der Inneren Führung zu ergründen versucht.

Ausgehend von dem Befund, dass der Wegfall der Wehrpflicht und der von der Bundesregierung angestrebte Umbau der Bundeswehr von einer Verteidigungs- zu einer Einsatzarmee keine graduellen, sondern grundsätzliche Veränderungen im inneren Gefüge der Truppe hervorrufen, haben wir uns zu den drohenden Folgen vorgearbeitet. Die in der Vergangenheit schon deutlich gewordenen Defizite bei der Umsetzung des Prinzips der Inneren Führung verstärken sich. Entgegen des Leitgedankens von gesellschaftlicher Integration der Armee zeichnet sich eine Entkopplung ab, sogar von Abstumpfung und Verrohung war die Rede.

Diesen von allen Beteiligten mit hohem Interesse erörterten  Entwicklungen gilt es mit einer Weiterentwicklung und Anpassung der Inneren Führung zu begegnen. Rezepte dazu können allerdings nicht im Verteidigungsministerium hinter verschlossenen Türen ausgebrütet werden. Sie müssen vielmehr aus einem breiten und öffentlichen Diskurs zwischen Politik, Militär, Wissenschaft und Zivilgesellschaft erwachsen. Dazu bietet es sich an, nach dem ersten Schritt den zweiten zu tun: Das Fachgespräch "Armee im Einsatz - Staatsbürger in Uniform" wird auf einer Folgeveranstaltung fortgesetzt werden und sich mit der Erarbeitung konkreter Vorschläge befassen.

linksfraktion.de, 9. April 2011