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In der Bankenhauptstadt bleibt Kapitalismuskritik verboten

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Von Georg Frankl

"Es gilt noch immer der alte Spruch von Rosa Luxemburg", ruft der Sprecher vom Wagen der LINKEN, "nur wer sich bewegt, spürt seine Fesseln!" Zehntausende sind am Samstag dem Aufruf des BLOCKUPY-Bündnisses gefolgt und wollten durch das Frankfurter Bankenviertel zum Gebäude der Europäischen Zentralbank ziehen, um gegen die Zerstörung der Sozialsysteme durch die Politik der Troika und der Bundesregierung zu demonstrieren. Doch schon nach etwa 1000 Metern bekam die Bewegung die Fesseln zu spüren: Das hessische Innenministerium und die Polizeiführung hatten offensichtlich längst entschieden, dass eine große kapitalismuskritische Demonstration im Herzen des europäischen Finanzsystems nicht sein darf. Es kam zu willkürlichem Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken gegen friedliche Demonstranten und Polizeiübergriffe sogar gegen Abgeordnete der LINKEN.

Der bunte Demonstrationszug war am Samstag Mittag lebendig und optimistisch gestartet, im Block der LINKEN skandierten die überwiegend jugendlichen Teilnehmer "Sagt's den Bänkern ins Gesicht: Eure Krise zahl'n wir nicht!" und "Brecht die Macht der Banken und Konzerne!". Auch nachdem die Polizei den Demozug gestoppt hatte, blieb die Stimmung gut. "Wir werden auf die Strategie nicht eingehen, uns in 'Radikalinskis' und 'Vernünftige' zu spalten!" rief die Sprecherin vom LINKE-Wagen unter großem Beifall.

Während der Zug stand, kritisierten mehrere Redner die zerstörerische Sparpolitik der Troika und der Bundesregierung, darunter Jochen Nagel, der Vorsitzende der hessischen Lehrer- und Erziehergewerkschaft GEW und Stefanie Haenisch von der LAG Frieden und internationale Politik. Catarina Principe vom Bloco de Esquerda (Linksblock), der portugiesischen Schwesterpartei der LINKEN, brachte es auf den Punkt: "Wir müssen klarmachen, dass es eben kein Kampf der Portugiesen gegen die Griechen, der Italiener gegen die Portugiesen, der Spanier gegen die Italiener oder der Deutschen gegen die Spanier ist. Es ist ein Kampf des 1% gegen die 99%." Zwischendurch heizten Master Al aus Hamburg und Momo aus München mit politischem Rap ein.

Am Nachmittag mussten viele Teilnehmer, die von weiter her angereist waren, zurück zu ihren Bussen. Dennoch verharrten Tausende Demonstranten über 10 Stunden lang in Solidarität mit den eingekesselten Demonstranten, um sie nicht allein der Polizei zu überlassen. Auch die Frankfurter Bevölkerung zeigte sich solidarisch: Ein Bäcker spendete eine große Kiste frischer Baguettes, Anwohner reichten Getränke aus den Fenstern und brachten Wasser und Material zur Versorgung der Verletzten.

Nachdem die Polizei jeden einzelnen der etwa 1000 Personen im Kessel erkennungsdienstlich behandelt hatte, zog die Demonstration noch gemeinsam zum Frankfurter Hauptbahnhof und wurde dort beendet.

So ging am Samstag ein Signal tiefer Solidarität von Frankfurt aus: Solidarität der verschiedenen linken Gruppen und Spektren untereinander, aber auch internationale Solidarität mit den Menschen, die sich in Spanien, Griechenland, Portugal und überall in Europa gegen die zerstörerische Politik der Troika wehren. Einmal mehr wurde deutlich, dass "die Kämpfe gegen Sozialabbau und um demokratische Rechte zwei Seiten derselben Medaille" sind, wie Jochen Nagel zuvor auf dem Wagen der LINKEN erklärt hatte.

Im nächsten Jahr soll der Neubau der EZB in Frankfurt eröffnet werden. Viele Teilnehmer haben den Plan, zu diesem Anlass erneut nach Frankfurt zu mobilisieren und den Kampf gegen Kürzungen und Einschränkung des Demonstrationsrechts fortzusetzen.
 

linksfraktion.de, 2. Juni 2013