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Hebammen: Regierung tappt im Dunkeln

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© iStockphoto / Gewoldi


Der Kostensprung der Haftpflichtversicherung für Hebammen ist unter Dach und Fach. Ende März unterzeichnete der Deutsche Hebammenverband einen neuen Gruppenversicherungsvertrag. Die Prämie für Geburtshilfe steigt von derzeit 4 240 Euro auf 5 090 Euro. Der Vertrag hat eine Laufzeit bis Juni 2015. Danach ist Schluss. Wie es weitergeht mit den Hebammen, steht in den Sternen. Doch die Zeit rennt.

"In spätestens drei Monaten muss die Politik eine langfristige Lösung gefunden haben. Andernfalls würden wir Müttern und Hebammen zumuten, Betreuungsverhältnisse einzugehen, von denen nicht klar ist, ob zum Zeitpunkt der Geburt noch eine versicherungsrechtliche Grundlage besteht“ erklärt Birgit Wöllert, Obfrau für die Fraktion DIE LINKE im Ausschuss für Gesundheit. „Das ist völlig indiskutabel. Eine grundsätzliche und langfristige Lösung ist dringend erforderlich.“

Bundesgesundheitsminister Gröhe beteuert, er nehme die Probleme der Hebammen „außerordentlich ernst“ und würde „zeitnah“ helfen. Doch was dieses Lippenbekenntnis Wert ist, zeigt eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag. Die Regierung gesteht ein, weder die Zahl der Betroffenen zu kennen noch deren Einkommenssituation. Auch über die Zahl der Schadensfälle und deren Verlauf ist die Regierung nicht informiert. Dennoch sei eine Überprüfung der Prämienkalkulation nicht erforderlich. Cornelia Möhring, frauenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, kritisiert: „Die Gründe für den Anstieg der Versicherungsprämien bleiben im Dunkeln. Die Regierung vertraut auf die vagen Angaben der Versicherungswirtschaft.“
Zu möglichen Alternativen kommt aus dem Ministerium der Standardsatz: „Das wird in die Prüfung einbezogen“. Cornelia Möhring stellt klar: „Seit 2010 liegt der Vorschlag der LINKEN zu einem Haftungsfonds für alle Gesundheitsberufe auf dem Tisch. Gesundheitsminister Gröhe ist gefordert, diesen zu übernehmen oder endlich einen eigenen Lösungsvorschlag zu unterbreiten, denn die Hütte brennt". Birgit Wöllert ergänzt: „Die CDU, die sich gern als Schutzpatronin von Familien und Kindern darstellt, glänzte bislang durch Untätigkeit“.

Durch niedrige Verdienste und rapide steigende Haftpflichtprämien üben immer weniger Hebammen Geburtshilfe aus. Damit finden immer weniger werdende Mütter die Hebamme ihrer Wahl. Doch das Ministerium beteuert, ländliche Regionen seien nicht unterversorgt. Allerdings gebe es regionale Unterschiede in der Erreichbarkeit der nächstgelegenen Geburtshilfestation oder eines Geburtshauses. Dass in vielen Regionen keine Möglichkeit einer Hausgeburt mehr besteht und sogar die Wochenbettversorgung gefährdet ist, verschweigt Gröhes Staatsekretärin. „Statt Däumchen zu drehen, ist es Zeit, das Berufsbild der Hebammen auf das 21. Jahrhundert auszurichten“, fordert Birgit Wöllert. „Die Versorgung mit Hebammenleistungen gehört zur Grundversorgung der Bevölkerung. Sie muss wohnortnah erfolgen. Dazu sind neue Wege nötig wie integrierte Lösungen – etwa Versorgungszentren, Hebammenstützpunkte und Kooperationen.“
 

linksfraktion.de, 7. April 2014