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Gefahr von rechts: Kein Mangel an Sicherheitsbehörden, sondern an Bewusstsein

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Die Geschichte der politischen Bewertung rechtsextremer Gewalttaten in der Bundesrepublik ist gekennzeichnet durch Verharmlosung und Beschwichtigung. Einzeltäter, entpolitisierte Jugendliche – das sind zumeist die ersten Reaktionen. Die Sicherheitsbehörden sind Teil dieser Beschwichtigung, sie sind aber auch Gradmesser dafür, wie ernsthaft eine bestimmte Form der Bedrohung von Seiten der Politik und der Gesellschaft wahrgenommen wird. Das war eine wichtige Erkenntnis der Anhörung des Untersuchungsausschusses zum Thema Sicherheitsarchitektur in Deutschland zum Thema Rechtsextremismus, zu der die Professoren Christoph Gusy, Hans-Jürgen Lange und Heinrich Amadeus Wolff geladen waren.

Deutlich wurde, dass es nicht an Kompetenzen, Gremien oder Dateien der Sicherheitsbehörden gemangelt hat, um die extreme Rechte besser im Blick zu haben, als das offensichtlich der Fall war. Im Gegenteil, Christoph Gusy listet in seinem Gutachten Dutzende von Gremien und Dateien auf, die sich mit den Gefahren von rechts befassen sollten. Allein, das hat nicht dazu geführt, eine rassistische Mordserie als solche zu erkennen. Auch hier gilt, die Sensibilität beim Thema Rechtsextremismus und Rassismus ist entscheidend. Fehlt diese Wahrnehmung und Einordnung, dann verschwinden die NSU-Morde ebenso wie ein Großteil der über 160 Todesopfer rechter und rassistischer Gewalt seit 1990 im Nirwana der allgemeinen Kriminalität.

Politische Sensibilität für das Thema ist dabei eine Voraussetzung für die Sensibilität der Behörden. Wenn der damalige Innenminister Otto Schily einen Tag nach dem Bombenanschlag des NSU am 9. Juni 2004 in der Keupstraße in Köln sagt: "Die Erkenntnisse, die unsere Sicherheitsbehörden bisher gewonnen haben, deuten nicht auf einen terroristischen Hintergrund, sondern auf ein kriminelles Milieu." (vgl. taz 24.11.11), dann prägt das auch die weitere Arbeit der Behörden.

Der Einsatz von V-Leuten war ein weiteres wichtiges Thema der Anhörung. Sie sind bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus bis heute eines der größten Hindernisse. Durch sie wurde nicht nur das NPD-Verfahren torpediert, sie haben auch eine frühzeitige Festnahme des Trios behindert – und zwar durch den von den Diensten über alles andere gestellten Quellenschutz. Erkenntnisse und Infos zum Trio wurden auch deshalb nicht weitergereicht, weil man seine Quellen gegenüber den Nachbarländern nicht offenbaren wollte. Christoph Gusy beschrieb diese Regellosigkeit des V-Mann Einsatzes in seinem Gutachten treffend: "Die meisten wichtigen V-Mann Fragen sind gesetzlich ausgespart, rechtlich umstritten bzw. wenig geklärt und daher aus rechtlicher Sicht als offen zu bezeichnen." (S. 32)

Der NSU war offensichtlich von V-Leuten umgeben. Sie haben aber nichts zur Ergreifung der Täter oder zu Hinweisen auf die Taten beigetragen. Was ist der Nutzen eines Mittels, das nicht hilft, aber unendlich viel Schaden anrichtet? Aus Sicht der LINKEN sollte man schnellstes auf sämtliche V-Leute in der Naziszene verzichten. 

Als Fazit der Anhörung bleibt, es braucht keine gesetzgeberischen Schnellschüsse und neuen Abwehrzentren, sondern die politisch Verantwortlichen müssen endlich zu einer realistischen Einschätzung der Gefahren von rechts kommen.