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Michael Leutert

Ganz rational aus Fehlern lernen

Im Wortlaut von Michael Leutert, neues deutschland,

Warum die LINKE den vorgeschlagenen Verteidigungsetat ablehnen wird

Am Donnerstag wird im Haushaltsausschuss des Bundestages der Wehretat festgezurrt. Geplant sind Ausgaben in Höhe von 26,61 Milliarden Euro. Allein für Beschaffung stehen 11,1 Milliarden Euro bereit. Tendenz steigend. Michael Leutert und seine Linksfraktion setzen dagegen auf zivile Außenpolitik. René Heilig fragte nach.

 

neues deutschland: Am Donnerstag findet eine Bereinigungssitzung im Haushaltsausschuss statt. Was wird da bereinigt?

Michael Leutert: Da versuchen einige Leute, sehr viel zu bereinigen. All das, was bisher in den Haushaltsverhandlungen nicht berücksichtigt wurde, kann am Donnerstag noch in den Haushalt reingeschrieben werden.

Wenn die Bundeswehr also mehr Panzer, mehr Cybergerät braucht, könnte die Forderung jetzt noch in den Haushalt 2017 gelangen?

Ja, das ist die letzte Chance. Davon bemerkt die Öffentlichkeit dann wenig. Immerhin ist eine Sache schon in den Medien aufgetaucht. Es geht um die Nachbestellung von fünf Marineschiffen. Das haben ja die Haushaltsexperten der SPD und der CDU Kahrs und Rehberg eingefädelt.

Was meinen Sie mit »eingefädelt«?

Auffällig ist, dass die Werften und der Stützpunkt für die Schiffe in den Wahlkreisen Kahrs und Rehberg liegen. In knapp einem Jahr wird der neue Bundestags gewählt. Es ist schon schwer, da keinen Zusammenhang herzustellen.

Welche Schiffe wollen Sie denn bestellen?

Natürlich gar keine. Wir wenden uns gegen den neuen Aufrüstungswahn, der grassiert. Das Gerät ist für die eigentlichen Aufgaben der Bundeswehr nicht nötig. Und wenn die nicht mehr Ausstattung bekommt, kann sie eben nicht so viele Auslandseinsätze übernehmen.

Nun geht es ja nicht nur um fünf Schiffe. Die Rede ist von zwei Prozent des Bruttosozialproduktes, die demnächst für Verteidigung aufgewandt werden müssen. Das ist NATO-Standard. Welche Position hat die LINKE dazu?

DIE LINKE lehnt das ab. Wir müssten den Rüstungsetat ungefähr verdoppeln, also statt 36,6 Milliarden Euro, die für 2017 in den Büchern stehen, müssten wir 60 bis 70 Milliarden Euro aufwenden. Und als Haushälter frage ich eher danach, wofür die Mittel aufgewendet werden. Und da sehe ich schon eine Diskrepanz. Deutschland erfüllt nicht mal die UN-Vorgabe, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit auszugeben.

Die USA verlegen gerade zwei Kampfbrigaden an die östliche NATO-Grenze zu Russland. Wie sollte sich das politisch gewichtige Deutschland im Bündnis verhalten?

Zunächst sollte man ganz rational aus den Fehler der Vergangenheit lernen. Alle militärischen Einsätze, die in den letzten 15 Jahren stattgefunden haben, basieren auf falschen Annahmen oder falschen Behauptungen. Beispiel Irak. Beispiel Afghanistan. Libyen. Krisen nachhaltig mit militärischen Mitteln zu lösen, ist nicht möglich. Deshalb setzen wir auf die zivile Außenpolitik und sagen: Wenn man Krisen lösen will, braucht man ein politisches Konzept dazu.

Zumindest Außenminister Steinmeier, der vor Säbelrasseln gewarnt hat, weiß sehr genau, was auf dem Spiel steht. Und er hat das nicht einfach so taktisch gesagt. Dahinter steckt eine einfache und vernünftige Annahme: Wenn man sich Russland anschaut, mit der Größe, mit der militärischen Kraft als Atommacht – man sollte die Sache nicht auf die Spitze treiben. Sicherheit ist nur gemeinsam herzustellen in Europa. Da ist der beständige Zuwachs auch der deutschen Rüstungsausgaben ganz und gar nicht förderlich.

Deutschland hat immense Steuereinnahmen – und ein Milliardendefizite in der Bildung. Wir bekommen keine ordentliche Rentenreform hin. Wieso läuft das mit dem Militärhaushalt so wie geschmiert?

Die Bundesregierung zeigt ja gerade mit dem Aufwuchs der Rüstungsausgaben von 2,3 Milliarden Euro allein im Verteidigungsbereich, dass es möglich ist, Geld zu mobilisieren. Und wenn man an die Rettung der Banken mit Steuermilliarden denkt ... Es fehlt der schwarz-roten Regierung in der Bildungs- oder Rentenpolitik an politischem Willen, in der Verteidigungspolitik dagegen nicht.

Was empfehlen sie ihrer Fraktion in punkto Verteidigungshaushalt?

Wir werden diesen Haushalt ablehnen, das ist klar.

neues deutschland,