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Gabriel bremst die Energiewende aus

Im Wortlaut von Eva Bulling-Schröter,

Ökostromförderung steht in dieser Woche im Bundestag auf der Tagesordnung

 

Von Eva Bulling-Schröter, energiepolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

 

Das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) wird reformiert. Allein in dieser Woche finden im Bundestag drei Experten-Anhörungen zum Gesetzentwurf der Bundesregierung statt. Die wichtigste - und mit viereinhalb Stunden umfangreichste - führt der Ausschuss für Wirtschaft und Energie am Montag durch. Die Linksfraktion berichtet davon live über Twitter. Am Mittwoch wird die Mammut-Anhörung fortgesetzt, und durch eine weiter im Umweltausschuss ergänzt. Der Landwirtschaftausschuss hat sich bereits vor einigen Tagen mit der Novelle beschäftigt, die noch im Juli vom Parlament verabschiedet werden soll.

Selten prüft das Parlament ein Gesetzesvorhaben so umfangreich. Das ist zwar noch längst keine  Garantie für Qualität seiner späteren Entscheidung, aber zumindest für gesellschaftliche Relevanz des Gegenstandes. Schon seit Monaten steht das EEG im Fokus der energiepolitischen Diskussionen. Die Förderung von Ökostrom wird vielfach als entscheidender Preistreiber dargestellt. Tatsächlich aber ist die steigende EEG-Umlage weder allein für steigende Strompreise verantwortlich noch ist sie ein geeignetes Maß für die Kosten der Energiewende. DIE LINKE fordert eine rationale Diskussion der Strompreisentwicklung und der anstehenden EEG-Reform. Wer nur auf die EEG-Umlage schaut und ihre künstliche Aufblähung durch überzogene Industrierabatte nicht erwähnt, wer kein Wort verliert über die Preismanipulationen der Stromanbieter und über die verborgenen Kosten des Kohle- und Atomstroms, will offensichtlich täuschen.

DIE LINKE will eine Energiewende mit Sozialsiegel, eine Energiewende, die sozial, ökologisch und demokratisch ist. Sozial, um eine gerechtere Verteilung der Kosten und eine effiziente Erzeugung zu erzielen. Ökologisch, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Demokratisch, um die Marktmacht der großen Energiekonzerne zu brechen und mehr Bürgerbeteiligung zu ermöglichen. Diese Forderungen hat sie untersetzt und in einem Antrag an den Bundestag zu Papier gebracht, der ebenfalls Gegenstand der heutigen Anhörung sein wird.

Es ist möglich, den Anstieg der Strompreise in den Griff zu bekommen, ohne die Erfolgsgeschichte des EEG zu gefährden. Vorrang für Ökostrom, verlässliche Einspeisevergütungen und starke Innovationsanreize haben sich als richtig erwiesen. Der Anteil Erneuerbarer Energien ist deutlich gewachsen. Eine neue Branche mit 380.000 Beschäftigten ist entstanden.
Für Stromkonzerne, die auf Atom- und Kohlemeiler setzen, ist das EEG eine Bedrohung. Sie verlieren die Hoheit über ihr Kerngeschäft und mussten anderen Anbietern Marktanteile abgeben. Die Betriebsstunden ihrer alten Kraftwerke sinken. Die Investitionshoheit wurde ihnen durch den Vorrang von EEG-Strom entzogen. Vor allem dank des EEG ist zu einer greifbaren Option geworden, was noch vor wenigen Jahren eine kühne Vision war: eine weitgehend emissionsfreie Stromversorgung zu akzeptablen Preisen und mit breit verankerter Beteiligung der Bevölkerung. Deshalb muss das EEG als Motor der Energiewende in seinen Grundelementen erhalten bleiben.

Minister Gabriels Vorschläge dagegen bremsen die Energiewende aus, ohne zu einer gerechteren Kostenverteilung beizutragen. Die EEG-Umlage als alleinigen Kostentreiber brandmarken, die Energiewende verzögern, um sie so weit wie möglich zu übernehmen – das ist die Leitlinie in den Vorstandsetagen von E.ON und RWE. Daran gemessen ist Gabriel leider voll auf Kurs. Seine Pläne sind ein Angriff auf die Bürgerenergie, sie gefährden kleine Ökostromerzeuger und die inzwischen fast 900 Energiegenossenschaften in Deutschland. Auch wirtschaftspolitisch sind Gabriels Pläne rückwärtsgewandt, weil sie eine Zukunftsbranche ausbremsen.

Die Anhörung am Montag ist in drei Blöcke unterteilt. Im ersten geht es um die Frage, inwieweit die Ausbaudeckel für Windkraft-,  Photovoltaik- und Biogasanlagen die Ziele von Klimaschutz und Energiewende gefährdet. Einige Institute halten mit dem abgebremsten Ausbautempo die mittel- und langfristigen Ziele für kaum erreichbar. Im zweiten Block steht der Zwang zur Direktvermarktung, und später auch zu Ausschreibungen im Fokus. Gerade hier befürchten Verbände und Wissenschaftler, beides gehe zu Lasten der Bürgerenergien und nütze vor allem  Großinvestoren sowie fossiler Kraftwerkswirtschaft. Teil drei prüft schließlich die Verteilungswirkung der Reform. Schon jetzt ist klar, dass die enorme Entlastung der energieintensiven Industrie zu Lasten der übrigen Verbraucherinnen und Verbraucher nicht verringert werden wird. Im Gegenteil, es steht zu befürchten, dass die Novelle die Privilegierung noch ausgeweitet.

 

linksfraktion.de, 2. Juni 2014