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Friedenskonferenz als Chance für Syrien

Im Wortlaut von Stefan Liebich,

Foto: DBT/Inga Haar

 

 

Von Stefan Liebich, Obmann für DIE LINKE im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages

Über eine Viertelmillion Tote, mehr als 13 Millionen Syrerinnen und Syrer auf der Flucht - die in Genf anberaumte Friedenskonferenz kann in ihrer Bedeutung kaum überschätzt werden. Sie soll das Töten in dem seit fünf Jahren vom Krieg geplagten Land beenden und dazu beitragen, dass niemand mehr aus Syrien in die Flucht nach Europa und anderswo gezwungen wird. 

Kurzfristiges Ziel ist ein Waffenstillstand. Eine Feuerpause würde der dringend benötigten humanitären Hilfe den Zugang zu den teilweise seit Wochen belagerten Städten ermöglichen. Überall in Syrien mangelt es an Medikamenten, Wasser, Nahrung. Mittelfristig planen die Initiatoren der Konferenz, Wahlen in Syrien abzuhalten. Und langfristig soll auf dem Staatsgebiet ein multiethnischer, demokratischer und säkularer Staat entstehen - ein ausgesprochen ambitioniertes Ziel, das wir aber unterstützen.

Auf dem Weg dorthin ist es wichtig, dass alle relevanten Gruppen in den Prozess einbezogen werden, die den Verzicht auf weitere Gewalt erklären. Islamistische Gruppierungen, die den Waffenstillstand mittragen, müssen ebenso einbezogen werden, wie die Kurdinnen und Kurden oder die syrische Regierung. Nicht einbezogen werden können der sogenannte Islamische Staat, die al-Nusra Front und all jene, die nicht bereit sind den bewaffneten Kampf aufzugeben. Auch Saudi-Arabien und der Iran, die auf dem Gebiet Syriens einen ihrer Stellvertreterkriege führen, gehören an den Verhandlungstisch. Sowohl Riad, als auch Teheran tragen Verantwortung für schwere Menschenrechtsverletzungen. Hinrichtungen stehen in beiden Ländern auf der Tagesordnung. Doch ein dauerhafter Frieden in Syrien setzt das Einvernehmen beider Regime in dieser Frage zwingend voraus.

Die Bundesregierung hat mit der Entsendung der Bundeswehr nach Syrien ihre Neutralität aufgegeben und so ihre Rolle als Vermittler in diesem Prozess geschwächt. Dem zusätzlichen Einsatz von AWACS-Aufklärungsflugzeugen, die unter anderem eine deutsche Besatzung hätten, in Syrien im Rahmen eines NATO-Engagements muss die Bundesregierung energisch widersprechen. Die Begründung der USA, diese Aufklärungsflugzeuge würden dringend gebraucht werden, erscheint äußerst fadenscheinig, denn in der Konfliktregion sind bereits Flugzeuge dieses Typs für die dort agierende Koalition der Willigen im Einsatz.

Zudem wird der Islamische Staat ein Eingreifen der NATO für seine Zwecke nutzen. Schon jetzt propagieren die Islamisten einen „Kreuzzug des Westens gegen den Islam“ - ein Eingreifen der NATO wäre eine weitere Argumentationshilfe zur Rekrutierung neuer Kämpfer. Obendrein erschwert das Eingreifen der NATO eine Kooperation mit Russland zur Lösung des Konfliktes beziehungsweise macht sie nahezu unmöglich. Russland und seine Beziehungen zur syrischen Regierung sind jedoch für eine Friedenslösung unabdingbar.

Genf kann nur dann ein Erfolg werden, wenn alle Beteiligten bereit sind, eigene Interessen dem langfristigen Ziel eines nachhaltigen Friedens in Syrien unterzuordnen.