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Frauen leiden am stärksten unter psychischen Belastungen in der Arbeitswelt

Nachricht von Jutta Krellmann,

Auswertung der Antwort der Bundesregierung (PDF) auf die Kleine Anfrage „Psychische Belastungen in der Arbeitswelt“ (Drs. 19/3667) von Jutta Krellmann u.a. und der Fraktion DIE LINKE im Bundestag


Frauen weisen durchschnittlich circa 50 Prozent mehr Arbeitsunfähigkeitstage (AU-Tage) aufgrund psychischer und Verhaltensstörungen auf als Männer (59 Millionen zu 39 Millionen). Vergleicht man die weiblichen Beschäftigten untereinander, fällt auf, dass Frauen im Alter zwischen  55 und 65, aufgrund dieser Diagnose doppelt so häufig krankgeschrieben sind als Frauen im Alter zwischen 20 und 30. Demnach steigt mit dem Alter das Maß der Betroffenheit an. 

In bestimmten Berufsgruppen sind Beschäftigte häufiger krankgeschrieben als im Durchschnitt: Aufsichtskräfte im Hochbau über 16 Prozent häufiger, in der Gesundheits-, Kranken- und Altenpflege fast 10 Prozent häufiger. Branchen, in denen überdurchschnittlich viele Frauen arbeiten, sind besonders von psychischen Belastungen und arbeitsbedingtem Stress betroffen:

78 Prozent der Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialwesen sind Frauen (Quelle: Bundesagentur für Arbeit 2018). Hier geben 68 Prozent der Beschäftigten an "verschiedenartige Arbeiten gleichzeitig betreuen zu müssen" und es wird über hohe emotionale Anforderungen in der Tätigkeit mit Kunden oder Patienten berichtet. In der Branche der nichtmedizinischen Gesundheitsberufen und Medizintechnik wird eine Erreichbarkeit für dienstliche Belange von mehr als einem Drittel der Beschäftigten erwartet, fast ein Viertel wird auch tatsächlich in der Freizeit kontaktiert.

Im Bereich Erziehung und Unterricht ist der Anteil der weiblichen Beschäftigten 72 Prozent (Bundesagentur für Arbeit 2018). Hier geben 71 Prozent der Beschäftigten an, "verschiedenartige Arbeiten gleichzeitig betreuen zu müssen". Mehr als die Hälfte der Beschäftigten dieser Branche gibt an "mit neuen Aufgaben konfrontiert" zu werden. Eine Erreichbarkeit im Privatleben wird von knapp einem Drittel der Beschäftigten der lehrenden und ausbildenden Berufe erwartet, jeder Fünfte wird tatsächlich außerhalb der Arbeitszeit kontaktiert. 

Zwei Drittel aller AU-Tage aufgrund der Diagnosen psychische Störungen und Verhaltensstörungen entfallen auf Frauen. Bei Frauen bestimmter Altersgruppen (35-40 Jahre) gingen knapp ein Viertel der Fehltage auf psychische Störungen und Verhaltensstörungen zurück. 

Immer mehr Beschäftigte in Deutschland müssen sich krank melden und können nicht zur Arbeit gehen. Seit 2007 ist die Zahl der AU-Tage von 437,7 Mio. auf 674,5 Mio. im Jahr 2016 um mehr als die Hälfte angewachsen. Vermehrt gehen diese Krankmeldungen auf psychische Erkrankungen und Verhaltensstörungen zurück, ihr Anteil ist von 2007 bis 2016 um fast die Hälfte angewachsen. Heute geht fast jede sechste Krankmeldung darauf zurück. 

Seit 2007 sind die Rentenzugänge wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aufgrund psychischer Erkrankungen und Verhaltensstörungen um fast 40 Prozent, angestiegen. Der Anteil der Rentenzugänge aufgrund dieser Diagnose im Vergleich zu allen anderen Diagnosen hat sich von 1997 bis 2017 verdoppelt. Gehen Frauen frühzeitig in Rente, ist dies sogar in knapp der Hälfte der Fälle auf psychische und Verhaltensstörungen zurückzuführen.

Dazu erklärt Jutta Krellmann, MdB, Sprecherin für Mitbestimmung und Arbeit für DIE LINKE im Bundestag:

"Beschäftigte in Pflege und Erziehungsberufen – viele davon Frauen - leisten Arbeit, die enorm wichtig für unsere Gesellschaft ist. Es ist ein Armutszeugnis, dass unsere eigentlichen Leistungsträgerinnen krank werden und bis zum Burnout schuften müssen. Um sie zu entlasten, müssen zehntausende Stellen in Pflege, Kitas und Schulen neu geschaffen werden, was wir als LINKE schon lange fordern. Bessere Arbeitsbedingungen und gute Löhne sind eine Selbstverständlichkeit. Das wäre besser für uns alle. Doch diese Bundesregierung will einfach nicht. Merkel, Scholz und Co. haben jeden Realitätssinn längst verloren." 


Ergebnisse im Einzelnen (PDF)