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Frauen leben länger, aber wovon eigentlich?

Periodika von Matthias W. Birkwald, Yvonne Ploetz,

Im Alter müssen Frauen oft jeden Cent umdrehen. Die Gründe für ihre schmalen Renten: geringe Einkommen, unterbrochene Erwerbsbiografien, weniger Versicherungsjahre. Wenn nichts zum Leben bleibt, stimmt das System nicht, sagt DIE LINKE und schlägt Änderungen vor.

Der Minijobber hat ein Gesicht: Es ist weiblich. Nur noch 45 Prozent aller Frauen arbeiten in einem normalen Arbeitsverhältnis. Die anderen, weit über die Hälfte, finden sich in Leiharbeit, Mini- und Midijobs wieder, arbeiten in Teilzeit oder befristet. Ergebnisse einer Arbeitsmarktstudie der Hans-Böckler-Stiftung: »Was den weiblichen Teil der Arbeitnehmerschaft angeht, kann atypische Beschäftigung als ›neues Normalarbeitsverhältnis‹ betrachtet werden.« Zu dieser sogenannten Normalität zählt die Teilzeitbeschäftigung. Dabei entscheidet sich »nur ein Teil freiwillig dafür«, so die Studie. Wer jedoch langjährig »atypisch« arbeitet, in Teilzeit oder auch geringfügig beschäftigt, bekommt die desaströse Spätfolge mit dem Rentenbescheid serviert. Am Ende eines Arbeitslebens gibt es für Frauen dann eine Rente, die kaum zum Leben reicht.

 

Sind das Einzelfälle, ist das Stimmungsmache? Yvonne Ploetz, frauenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, wollte das detailliert wissen und reichte Ende 2012 eine Große Anfrage an die Bundesregierung zur Alterssicherung und Altersarmut von Frauen in Deutschland ein. In welchem Alter treten Frauen in den Ruhestand ein? Wie hoch sind ihre Bezüge? Mit welchen Rentenabzügen müssen sie klarkommen? Wer kann sich eine zusätzliche private Altersvorsorge leisten? Wer lässt die Zahlungen dafür aus Kostengründen inzwischen ruhen? Welches Rentengefälle offenbart sich zwischen Ost und West?

 

Die Antworten, die Zahlen und Fakten sind alles andere als beruhigend. Weder für die betroffenen Frauen selbst noch für die Gesellschaft insgesamt. Mittlerweile haben zwei von drei Frauen eine Altersrente unterhalb der Grundsicherung, die momentan knapp 700 Euro beträgt. Frauen, die im Jahr 2011 erstmals Rente erhielten, beziehen im Schnitt 520 Euro. Das belegen die offiziellen Zahlen vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Außerdem geht aus den Antworten der schwarz-gelben Bundesregierung hervor, dass die monatliche Rente für Frauen nur halb so hoch ist wie die der Männer mit durchschnittlich fast 1.000 Euro. Und es gibt ein extremes Ost-West-Gefälle: Westdeutsche Frauen erhalten weniger als 500 Euro Rente, Frauen in den neuen Bundesländern durchschnittlich 680 Euro. Beides sind Armuts- oder armutsgefährdende Renten.

 

Geringe Renten, Altersarmut für Frauen eine reale Gefahr? Laut Bundesministerium für Arbeit und Soziales besteht die nicht. Denn, Zitat aus dem Hause von der Leyen: »Tatsächlich liegt der Anteil der Frauen, die im Alter Leistungen der Grundsicherung beziehen, lediglich bei 2,9 Prozent.« Das sind die offiziell Gemeldeten. Christoph Butterwegge schreibt in seinem aktuellen Buch »Armut im Alter«: »Es ist ein offenes Geheimnis, dass es bei der Grundsicherung im Alter eine sehr hohe Dunkelziffer gibt.« Diese liege bei über 60 Prozent. Deutlich über eine Million Menschen im Rentenalter leben laut Butterwegge auf oder unter dem Grundsicherungsniveau von 688 Euro, noch erheblich mehr unter der EU-Armutsrisikogrenze von 952 Euro. 

 

Heiße Luft gegen Altersarmut von Frauen

Was unternimmt die Bundesregierung, um Frauen für das Alter abzusichern und um damit den Absturz in die Armut zu verhindern? Nichts, was wirklich hilft, sagt Yvonne Ploetz und belegt das mit Antworten aus ihrer Großen Anfrage. Denn die über 80 Prozent Frauen, deren Altersrente unter 850 Euro liegt, erfüllen in der Regel die hohen Zugangsvoraussetzungen für eine derzeit diskutierte Lebensleistungsrente der Koalition oder die sogenannte Solidarrente der SPD nicht. Im Schnitt haben die Frauen nur 30 Versicherungsjahre vorzuweisen. Damit sind sie raus, erfüllen regelmäßig die Zugangshürden der Lebensleistungsrente von 40 Beitragsjahren und der Solidarrente mit 30 Versicherungsjahren nicht.

 

Auch private Altersvorsorge ist für Frauen keine Lösung. Frauen haben zwar mehr Riester-Verträge abgeschlossen als Männer, trotzdem fehlt den meisten das Geld dafür. Und selbst bei abgeschlossenen Verträgen ruht inzwischen ein Fünftel, weil die Beiträge für die Frauen nicht mehr leistbar sind.

 

Altersarmut kann deshalb nur dort bekämpft werden, wo sie auch entsteht: auf dem Arbeitsmarkt. Was Frauen wirklich für eine gute Rente brauchen, liegt auf der Hand und hat DIE LINKE in ihrem Rentenkonzept gebündelt. Das gesetzliche Rentenniveau muss wieder angehoben werden, Frauen brauchen die Chance, eigene Rentenansprüche zu erarbeiten. Das setzt Mindestlöhne und faire Bezahlung voraus. Auch benötigen Frauen Kitaplätze für ihre Kinder sowie eine bessere Anerkennung von Kindererziehungs- und Pflegezeiten, und der Wiedereinstieg ins Berufsleben darf keine Hürde sein.

 

Frauen wissen es längst: Sie müssen raus aus der Abhängigkeit vom Partner, raus aus der Erziehungsfalle, raus aus der Teilzeitfalle. Nur so lässt sich die Gefahr, im Alter arm zu sein, abwenden. Verantwortliche Politik sollte das eigentlich auch wissen und alltagstaugliche Lösungen anbieten.