Zum Hauptinhalt springen
Foto: Rico Prauss

Flüchtlingsnot nicht als schnelle Geldquelle missbrauchen

Im Wortlaut von Susanna Karawanskij,

Foto: flickr.de/rassloff

 

 

Von Susanna Karawanskij, Sprecherin für Kommunalfinanzen der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

Nachdem allzu lange Zeit die Zahl der Hilfe suchenden Flüchtlinge in Deutschland unterschätzt wurde, brennt es vielen Kommunen aufgrund dieser politischen Naivität nun unter den Nägeln, gute Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge zu schaffen. Auch wenn zahlreiche Privatleute wie auch Unternehmen unterstützen, um schnell guten Wohnraum zu schaffen, ruft dieses Planungsdefizit leider unerbittliche Geschäftemacher auf den Plan. Für uns als LINKE ist klar, dass aus der Not von Flüchtlingen kein Profit geschlagen werden darf. Bedauerlicherweise haben sich da auch einige Kommunen eingereiht - in der Hoffnung, dass am Ende des Tages vielleicht doch ein wenig mehr Geld ins eigene Säckel wandert.

Einerseits werden Kommunen immer öfter Schrottimmobilien und menschenunwürdige Bruchbuden für die Unterbringung zu völlig überzogenen Preisen angeboten. Dies kommt auch daher, dass viele Vermieter einen Rückzieher machen, wenn sie erfahren, dass in ihrer Immobilie Flüchtlinge wohnen sollen. Doch anderseits spielen sogar einige Kommunen bei diesem Geschäft auf Kosten der Flüchtlinge und des Staates ungeniert mit. Kommunen geben bisweilen bewusst Geld für regelrechte Bruchbuden aus und machen die zugrunde liegenden Verträge nicht öffentlich. Wenn sie nun mehr Geld von Bund und Ländern für die Unterbringung erhielten als sie ausgaben, hegen sie die Hoffnung, dass der Mehrertrag in die eigene kommunale Kasse wandert. Hin und wieder keimte ferner der Verdacht auf, manche Kommunen bezahlten Unterkünfte ganz vetternwirtschaftlich ihnen nahe stehenden Unternehmern. Ohne solche Kommunen über Gebühr in Schutz nehmen zu wollen, steht dahinter das Problem, dass die Handlungsfähigkeit vieler Kommunen aufgrund einer katastrophalen Finanzausstattung massiv eingeschränkt ist. Wäre es um die Lage der Kommunalfinanzen besser bestellt, käme man wohl gar nicht erst auf solche Ideen.

Auf kommunaler Ebene bleiben aus meiner Sicht alle Akteure dazu aufgerufen, sich politisch dafür einzusetzen, dass vernünftige menschenwürdige Unterkünfte rasch zur Verfügung gestellt werden. Zu bevorzugen ist eine dezentrale Unterbringung in „normalen“ Wohnungen, damit Flüchtlinge so leben können wie andere Menschen auch. Was das schäbige Verhalten mancher kommunaler Verantwortlicher betrifft, ist die Landesebene gefordert, denn dort ist die Kommunalaufsicht angesiedelt. Wenn direkte Rechtsverstöße durch die Kommunen zum Beispiel durch Zweckentfremdung von Mitteln oder Vetternwirtschaft bei Vergaben begangen werden, muss die Kommunalaufsicht strikt eingreifen.

Schließlich muss man des Weiteren die Bundesebene mit ins Spiel bringen. Der Bund sollte nicht nur die volle Kostenverantwortung für die Unterbringung übernehmen, wie beispielsweise in unserem Konzept „Länderfinanzausgleich LINKS gedacht“ gefordert. Selbst die jüngst angekündigte Verdoppelung der Soforthilfe für Flüchtlinge auf eine Milliarde Euro wird kaum reichen. Der Bund muss darüber hinaus gesetzlich bundeseinheitliche Mindeststandards für die Unterbringung vorgeben, sprich dezentrale Unterbringungen in Wohnungen als Regelfall, eventuell mit möglichen Ausnahmen. Die rechtliche Sonderstellung von Asylsuchenden und Flüchtlingen muss endlich aufgehoben werden, und für sie sollen die gleichen Regeln wie in den eigentlichen Grundsicherungssystemen (SGB II/SGBXII) gelten. Selbst wenn man auf dieser Stufe nicht stehen bleiben darf, weil aus unserer Sicht noch mehr für ein menschenwürdiges Leben dazugehört. Wenn das Asylbewerberleistungsgesetz abgeschafft wäre, gelten zumindest die Mindeststandards, die die Gerichte für Unterkünfte festgelegt haben (Wohnung, einfachster Standard im unteren Preissegment).

Das ganze Thema hätte zudem gar nicht erst so stark hochkochen müssen, wenn schon frühzeitig die schlechte Finanzlage vieler Kommunen wirksam verbessert worden wäre. Dazu liegen seit längerer Zeit LINKE Vorschläge wie die Weiterentwicklung der Gewerbesteuer zur Gemeindewirtschaftsteuer oder eine deutlich stärkere Verantwortungsübernahme des Bundes bei der Entlastung von Kommunen bei sozialen Aushaben vor. Dies alles ist nötiger denn je, um die Geldquelle Flüchtlingsnot versiegen zu lassen.