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Flüchtlinge: Großer Reformbedarf in der Arbeitsförderung

Nachricht von Sabine Zimmermann,

Wenige Vermittler mit Migrationshintergrund oder interkulturell geschult

Wie eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE bei der Bundesregierung ergab, muss sich bei der Arbeitsförderung noch viel bewegen, um Flüchtlinge auf dem Weg in Arbeit besser zu unterstützen. So liegen der Bundesregierung bisher keine Erkenntnisse vor, inwiefern die Arbeitsagenturen bereits in Erstaufnahmeeinrichtungen aktiv sind, um die Kompetenzen der Asylsuchenden festzustellen und erste Beratungs- und Unterstützungsangebote zu unterbreiten. Die Bundesregierung formuliert lediglich das Ziel für die Bundesagentur für Arbeit zum „frühestmöglichen Zeitpunkt in allen Erstaufnahmeeinrichtungen“ präsent zu sein.

Keine Angaben kann die Regierung darüber machen, in welchem Ausmaß Flüchtlinge in den zurückliegenden Monaten und Jahren die Angebote der Arbeitsförderung nutzen konnten. Mit Selbstinitiative von Flüchtlingen kann die Arbeitsverwaltung bisher anscheinend nicht flexibel umgehen. Die Bundesregierung räumt ein: „Eine besondere Herausforderung besteht, wenn Asylsuchende und Flüchtlinge ohne Termin und ohne Sprachkenntnisse in den Agenturen für Arbeit und den Jobcentern vorsprechen.“

Nur eine Minderheit der Beschäftigten in den Arbeitsagenturen und Jobcentern ist bisher zu Fragen der interkulturellen Kompetenz geschult worden, die für die Arbeit mit Flüchtlingen zentral ist. 4.917 nahmen zwischen 2012 bis 2014 an „Schulungen zur interkulturellen Öffnung“ teil, weitere 1.492 an Schulungen, die dieses Element beinhalteten. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit waren im Bereich der Beratung und Vermittlung im Jahr 2014 knapp 52.000 Beschäftigte tätig, davon 23.627 in der Arbeitslosenversicherung (SGB III; Agenturen für Arbeit) und 28.042 in der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II; gemeinsame Einrichtungen bzw. Arbeitsgemeinschaften). Nicht enthalten sind die Mitarbeiter der kommunalen Träger, d.h. der Kommunen, die die Arbeitsmarktpolitik im Bereich des SGB II eigenständig ohne die Bundesagentur für Arbeit betreiben.

Erfahrungen, was Migration bedeuten und welche Probleme damit verbunden sein können, haben nur wenige der Beschäftigten in der Arbeitsförderung. Nach repräsentativen Umfragen aus den Jahren 2013 und 2014 besitzen etwa 16 Prozent der Beschäftigten in der Arbeitsförderung einen Migrationshintergrund (ohne kommunale Träger). In der Gesamtbevölkerung liegt der Anteil bei 20 Prozent, unter den Arbeitslosen mit 37,1 Prozent nochmal deutlich höher, im Bereich des SGB II (Hartz IV), in dem die anerkannten Flüchtlinge betreut werden, sogar bei 42,5 Prozent.

„Die Integration kann nur gelingen, wenn sich die Bundesagentur für Arbeit neu aufstellt", erklärt Sabine Zimmermann. "Wir stehen in den nächsten Jahren vor der Aufgabe, bisher ungelöste Probleme wie verfestigte Langzeiterwerbslosigkeit anzugehen und zugleich Flüchtlinge auf dem Weg in Arbeit zu unterstützen. Dafür bedarf es mehr Personal mit guter Qualifikation und mehr Geld für Qualifizierungs- und Unterstützungsmaßnahmen. Das würde allen Erwerbslosen zu Gute kommen. Die Regierung muss hier klotzen, nicht kleckern.“ 

Die stellvertretende Vorsitzende und arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE weiter: „Daneben braucht es einen Kulturwandel in der Arbeitsförderung, die Unterstützung von Flüchtlingen hat bisher ein Schattendasein gefristet. Die Arbeitsförderung muss bereits in den Erstaufnahmeeinrichtungen die Kompetenzen der Flüchtlinge erfassen. Alle Flüchtlinge benötigen einen schnellen Zugang zu Deutschkursen, die Beschäftigten mehr Angebote und Zeit für den Aufbau interkultureller Kompetenz, die für eine gute Vermittlung nötig ist.“

linksfraktion.de, 19. Oktober 2015