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Evaluierung des Betäubungsmittelgesetzes ist dringend erforderlich

Im Wortlaut von Frank Tempel,

 

Von Frank Tempel, drogenpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag


Weltweit befindet sich die Drogenpolitik in einer entscheidenden Umbruchphase. Uruguay hat als erster Staat der Welt eine Regulierung des Cannabisverkaufs vorgenommen und die Cannabiskonsumierenden damit entkriminalisiert und aus der Abhängigkeit von kriminellen Strukturen herausgelöst. In einigen Bundesstaaten der USA findet ebenso eine Legalisierung von Cannabis auf Grundlage eines Jugend- und Verbraucherschutzes statt. Neben Colorado und Washington haben weitere Staaten die vollkommene Regulierung von Cannabis angekündigt, während die medizinische Verwendung von Cannabis in zahlreichen Bundestaaten bereits seit Jahren Realität ist. Ich habe für alle Interessierten den Gesetzentwurf aus Colorado zur Cannabisregulierung ins Deutsche übersetzen lassen.

Auch bei den Vereinten Nationen wird der Ruf nach einem Ende des Krieges gegen die Drogen immer lauter. Die Global Commission on Drug Policy hat bereits im Juni 2011 den Drogenkrieg als gescheitert bezeichnet. Mitglieder der Kommission sind unter anderem der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan, der ehemalige NATO-Generalsekretär Javier Solana sowie weitere ehemalige Staats- und Regierungschefs aus Brasilien, Kolumbien, Mexiko und Griechenland. Das Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) kam erst kürzlich zu diesem eindeutigem Urteil: "Die Entkriminalisierung des Drogenkonsums kann ein effektiver Weg sein, um Gefängnisse zu entlasten und die zugewiesenen Mittel für Behandlung und Rehabilitation zu nutzen."

In den letzten Jahren wird auch in Deutschland die Kritik an den bestehenden gesetzlichen Regelungen zur Umsetzung der Prohibition bestimmter Drogen immer lauter. WissenschaftlerInnen, ÄrztInnen, JuristInnen, SozialarbeiterInnen, KriminologInnen, PolitikerInnen und JournalistInnen stellen mehr und mehr nicht nur das Verbot von Cannabis in Frage, sondern die gesamte Prohibition bestimmter Drogen. Insbesondere die Resolution von mittlerweile 122 StrafrechtsprofessorInnen zur »Notwendigkeit der Überprüfung der Wirksamkeit des Betäubungsmittelgesetzes« hat hierzulande für Aufsehen gesorgt. Die Resolution wird von fast der Hälfte aller deutschen StrafrechtsprofessorInnen unterstützt.

Die Grünen und DIE LINKE haben gemeinsam einen Antrag zur Evaluierung des bestehenden Betäubungsmittelgesetzes erarbeitet. Dieser wird in erster Lesung am 5. Juni in den Deutschen Bundestag eingebracht. Ziel des Antrages ist es, eine Evaluation der Drogenpolitik, die sich auf wissenschaftlich fundierte Fakten stützen soll. Die teilnehmenden Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis sollen geeignet sein, die Breite der fachlichen Debatte darzustellen. Die Politik darf hierbei nur eine untergeordnete Rolle spielen, um den Prozess der Meinungsbildung nicht in eine bestimmte Richtung zu lenken.

Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags hat gerade in einer Ausarbeitung für mich festgestellt, dass die Mitgliedstaaten der Europäischen Union ausreichend Gestaltungsspielräume besitzen, um ein Ende des strafbewehrten Umgangs mit bestimmten Drogen zu ermöglichen. Die Opposition im Bundestag fordert mit ihrem Antrag die Bundesregierung auf, ihren Gestaltungsspielraum zu nutzen und die überfällige vollständige Drogenregulierung und Entkriminalisierung auf Grundlage eines Jugend- und Verbraucherschutzes zu ermöglichen, zumal die Bundesregierung erst in der letzten Woche auf meine Anfrage zugeben musste, dass die These von der Einstiegsdroge bei Alkohol und Tabak  sowie bei Cannabis auch für sie nicht haltbar ist.

linksfraktion.de, 3. Juni 2014