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EU-Agrarpolitik im Zeichen der EHEC-Krise

Im Wortlaut von Kirsten Tackmann,

LINKE diskutiert in Schwerin über EU-Agrarpolitik

Von Kirsten Tackmann, landwirtschaftspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

Schnell wurde die europäische Dimension in der EHEC – Krise klar: Die Warnung vor spanischen Gurken hatte verheerende Folgen für Europas Bäuerinnen und Bauern. Der Handel mit Tomaten, Gurken und Salat aus Spanien, Holland und Deutschland brach zusammen. Gemüse blieb ungeerntet auf den Feldern zurück. Hektisch wurde vom Agrarministerrat ein Hilfsprogramm von über 200 Millionen Euro beschlossen, damit die entstandenen Schäden der Landwirtschaftsbetriebe ausgeglichen werden können. 

  In der EHEC-Krise wird deutlich, wie die Agrarpolitik in Europa läuft und welche Folgen das für Vebraucherinnen und Verbraucher hat. Der gesamte Bereich der Agrarwirtschaft ist in Europa harmonisiert. Schon mit der Gründung der EU nach dem Krieg wurde die Landwirtschaft neben den Sektoren Kohle und Stahl für die Mitgliedsstaaten der EU vereinheitlicht. Voraussetzung für die Aufnahme in den Club der EU ist auch die Anpassung an die innergemeinschaftlichen Standards in der Agrarpolitik.   Nach der Reform der EU-Politik durch den Lissabon-Vertrag haben sich die Rollen für die Kommission, den Ministerrat und das Europäische Parlament verändert. Die stärkere Mitsprache des EU-Parlaments bei gesetzgeberisch durchgreifenden Entscheidungen ist dabei von besonderem Interesse, vor allem vor dem Hintergrund der Diskussion um die Weiterentwicklung der europäischen Agrarpolitik (GAP) nach 2013.   In dieser Debatte stehen die direkt an die Landwirtschaftsbetriebe fließenden Fördermittel im Mittelpunkt. In der laufenden Finanzperiode sind das ca. zwei Drittel der 60 Milliarden Euro, die insgesamt in der Agrarpolitik europaweit ausgegeben werden. Die Direktzahlungen sind ein wichtiges Element der landwirtschaftlichen Einkommenssicherung: Selbst in der Bundesrepublik decken die Fördermittel bis zu 40 Prozent der meist eher geringen landwirtschaftlichen Einkommen.    Aufgrund der enormen Bedeutung der Direktzahlungen in der landwirtschaftlichen Einkommenssicherung müssen sie aus Sicht der Fraktion DIE LINKE beibehalten, aber noch zielgerichteter an soziale und ökologische Leistungen der Betriebe gebunden werden.    Die auf Export auf den globalisierten Weltmarkt orientierte Landwirtschaftspolitik in der EU führt zur Spezialisierung und Intensivierung der Erzeugung. Der Ressourcenverbrauch steigt, agrarisch geprägte Kulturlandschaften (z.B. Grünland – Wiesen und Weiden) gehen verloren und die ökologische Vielfalt (Biodiversität) nimmt ab. Durch die fortlaufende Rationalisierung werden gleichzeitig Arbeitsplätze abgebaut und landwirtschaftliche Existenzen gefährdet. Die vor allem marktwirtschaftliche Ausrichtung bedroht ganze Regionen in ländlichen Gebieten existentiell.   Die europäische Agrarpolitik muss aus Sicht der Fraktion DIE LINKE diesen Begleiterscheinungen der globalisierten Landwirtschaft entgegenwirken. Das bedeutet auch eine Neuausrichtung der Agrar-Förderpolitik in der neuen Finanzperiode 2014 - 2020. Dies fordert die Linksfraktion in einem Positionspapier zur Zukunft der GAP nach 2013.   Neben einer stärkeren Orientierung auf die regionalen Märkte will DIE LINKE nach 2013 Direktzahlungen zielgenauer an soziale und ökologische Leistungen binden. Damit soll auch das spekulative Interesse nicht-landwirtschaftlicher Finanzinvestitionen an landwirtschaftlichen Betrieben und ihren Äckern zurückgedrängt werden. Zum Beispiel sollen nationale Mindestlöhne gezahlt werden, denn auch von landwirtschaftlicher Arbeit muss man leben können. Bis zu 10 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzflächen sollen zu ökologischen Vorrangflächen zum Erhalt der Biodiversität genutzt werden. Die Vorrangflächen sollen in den Ländern entsprechend den regionalen Defiziten definiert werden.   In natürlich benachteiligten Gebiete (Bergregionen, leichte Böden) sollen höhere Hektar-Prämien gezahlt werden. Schrittweise will DIE LINKE die Höhe der Fördermittelzahlungen in den Mitgliedsstaaten angleichen.

linksfraktion.de, 22. Juni 2011