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Energieversorgung – ökologisch, sozial und demokratisch!

Im Wortlaut von Johanna Regina Voß,

Beitrag zur Serie "Was ist systemrelevant?"

Von Johanna Regina Voß, MdB aus Niedersachsen



 



Energie brauchen alle: Haushalte, Unternehmen, öffentliche Einrichtungen. Ohne Energie keine Heizung, kein Strom, keine Mobilität. Energie gehört zur öffentlichen Daseinsvorsorge. Aber in welchem System wird welche Energie umgewandelt, Strom erzeugt und verteilt?

Das gegenwärtige System hat den maximalen privaten Gewinn zum Ziel. Kein Wunder also, dass die vier großen Energiekonzerne so viele öffentliche Gelder wie möglich an sich ziehen und so viele Kosten wie möglich auf die Allgemeinheit abwälzen. Kein Wunder, dass sie daher dezentrale Energieerzeugung eher als Bedrohung der eigenen Position auffassen und auf zentrale Großprojekte setzen. So profitieren die konventionellen Energieträger Atomenergie, Steinkohle und Braunkohle seit Jahrzehnten in erheblichem Umfang von staatlichen Förderungen in Form von Finanzhilfen, Steuervergünstigungen und weiteren begünstigenden Rahmenbedingungen. Nach einer Studie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. (FÖS) sind der Steinkohle seit 1970 insgesamt 311 Milliarden Euro (real) zugekommen, der Atomenergie rund 213 Milliarden Euro und der Braunkohle 87 Milliarden Euro. Gleichzeitig machten E.ON und RWE im ersten Halbjahr 2012 einen Gewinn in Höhe von 11,7 Milliarden Euro und der Strompreis ist seit 2007 um ein Viertel gestiegen. Immer mehr Menschen können ihre Stromrechnung nicht bezahlen, ihnen wird der Strom gesperrt.

Ist das das System, das erhalten werden soll? Auf keinen Fall, meine ich.

Ich wünsche mir ein System, dass die Umwelt erhält und alle Menschen gleichermaßen teilhaben lässt. Und ich wünsche mir ein Energiesystem, bei dem es nicht nur wenige Gewinner gibt – neben Tausenden Verlierern. Nicht Vieren soll alles gehören und der Rest hängt von diesen ab. Nein, wir brauchen dringend die Energiewende hin zu den dezentralen erneuerbaren Energien. Wir brauchen Stromnetze in öffentlicher Hand. Wir brauchen eine gesicherte Energieversorgung für alle mit einem preiswerten Grundkontingent. Nur so ist eine ökologische, soziale und demokratische Energieversorgung zu gewährleisten. Das Ziel ist bei Weitem noch nicht erreicht und der Weg dahin ist steinig. Vor allem wenn bald zwei Jahre nach Fukushima die Gegner der Energiewende wieder Morgenluft schnuppern: Wenn Rösler und Konsorten die Erneuerbaren Energien für die steigenden Strompreise verantwortlich machen und den Rückhalt der Bevölkerung für die Energiewende verspielen, wenn mit der teuren Offshore-Förderung eine dezentrale Stromversorgung erschwert wird oder wenn die soziale und demokratische Seite der Energiewende außen vor gelassen wird.

Zu den Kosten der Erneuerbaren: Im Unterschied zu Erneuerbaren Energien wird ein Großteil der Kosten fossiler Energieträger nicht transparent über den Strompreis abgerechnet, sondern geht zulasten des Staatshaushalts. Hinzu kommt, dass die fossilen und atomaren Energieträger hohe Folgekosten durch Umwelt- und Klimaschäden verursachen, die ihnen nur zu geringen Anteilen in Rechnung gestellt werden. Würde man diese zwei Kostenblöcke der konventionellen Energieträger nach EEG-Methode auf die erzeugte Kilowattstunde umlegen, läge diese Konventionelle-Energien-Umlage nach Berechnungen des FÖS im Jahr 2012 bei umgerechnet 10,2 Cent pro Kilowattstunde. Die EEG-Umlage lag 2012 bei 3,59 Cent pro Kilowattstunde. Die Erneuerbaren ersetzen Energieträger mit viel höheren Folgekosten für Steuerzahler und Gesellschaft. Müssten die Energieversorger diese Zusatzkosten der Stromerzeugung in ihrer Kostenkalkulation berücksichtigen, wären Erneuerbare Energien größtenteils heute schon wettbewerbsfähig. Doch erstens herrscht gegenwärtig Willkür bei der Preisbildung im Endkundenmarkt: Das Angebot der Erneuerbaren Energien senkt den Börsenpreis und bewirkt Entlastungen von ca. 2,5 Milliarden Euro jährlich. Die werden jedoch nicht an die Stromkunden weitergereicht. Der Endkundenpreis ist stattdessen abzüglich Steuern und Netzentgelte um 2,5 Cent gestiegen. Zweitens gibt es unberechtigte Industrie-Rabatte zu Lasten der Privathaushalte.

Offshore-Windkraft zementiert das alte Energiesystem

Zur dezentralen Stromversorgung: Strom sollte im Wesentlichen da produziert werden, wo er verbraucht wird. Verbunden mit der Verbesserung der Speichertechnologien kann das den Netzausbaubedarf verringern. Die von Großinvestoren und Bundesregierung massiv unterstützte Offshore-Windkraft zementiert dagegen das alte Energiesystem und ist deutlich teurer als die dezentrale Erzeugung erneuerbarer Energien. Schon allein deshalb ist Offshore keine Lösung.

Offshore ist aber auch deshalb nicht der Weisheit letzter Schluss, weil die Baukosten viermal so hoch sind wie die Baukosten für die Onshorewindenergie. Damit ist sie wieder nur für die großen Energiekonzerne interessant. Die Energieversorgung soll nicht nur "grün“ sein, sie muss auch sozial sein – und demokratisch. Deshalb gehören die Netze wieder in die öffentliche Hand und die Energieerzeugung muss in die Hände der Bürgerinnen und Bürger und Kommunen.

Für eine ökologische, soziale und demokratische Energieversorgung sind Erneuerbare Energien und Stromnetze in öffentlichem Eigentum systemrelevant!

linksfraktion.de, 28. Dezember 2012

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