Zum Hauptinhalt springen

Endlagersuche vom Kopf auf die Füße stellen

Im Wortlaut von Hubertus Zdebel,

 


Von Hubertus Zdebel, Sprecher für Atomausstieg und für DIE LINKE Mitglied in der Bundestagskommission zu Endlagersuche

 

Gleich zur ersten Sitzung der Endlagersuchkommission am 22. Mai wirft ein Skandal um die Rückstellungen der Energiekonzerne zur Finanzierung der Atomaltlasten seinen Schatten voraus: Nach dem Motto »Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren« wollen die Konzerne RWE, E.On, und EnBW ihre Rücklagen von 36 Milliarden in eine öffentlich-rechtliche Stiftung übertragen. Dafür wollen sie von der künftigen Haftung für die Kosten des Atomausstieges befreit werden.

Nach wochenlangen Dementis musste die Bundesregierung in der parlamentarischen Fragestunde am vergangenen Mittwoch einräumen, dass sie bereits seit Februar 2014 über dieses unmoralische Angebot der Atomwirtschaft informiert sei, namentlich Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD). Angesichts dieser skandalösen Desinformationspolitik und den Erfahrungen mit den Bankenrettungsschirmen ist davon auszugehen, dass die Bundesregierung eine AKW-Bad Bank für den Rückbau der Atommeiler auf Kosten der Steuerzahler bereits heimlich prüft. Solche Vorgänge seitens der Bundesregierung unterminieren die Glaubwürdigkeit der Endlagersuche weiter.

„Als einziges Argument der Versorger, den Staat an den Kosten des Atomausstiegs zu beteiligen, bleibt letztlich die noch ungeklärte Endlagerung des atomaren Mülls. Mit wie viel Milliarden Euro diese zu Buche schlägt, hängt zentral von politischen Vorgaben ab. Nicht unwahrscheinlich, dass das Ende der Atom-Ära in Deutschland über die Zeit 100 Milliarden Euro kostet“, schreibt dazu die Wirtschaftswoche. Die Endlagersuchkommission steht also unter keinem guten Stern. Denn von einem wirklichen Neuanfang bei der Endlagersuche, wie ihn CDU, SPD und Bündnis 90/ Die Grünen gerne zelebrieren, kann keine Rede sein. Das war schon im Juni 2013 absehbar, als das kontrovers diskutierte Standortauswahlgesetz mit den Stimmen der Bundestagsfraktionen CDU/CSU, SPD, Bündnis 90/ DIE GRÜNEN und FDP gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE verabschiedet wurde. Das Standortauswahlgesetz wurde erarbeitet, ohne die Ergebnisse aus den Untersuchungsausschüssen zur Asse und zu Gorleben und die sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen wie den Verzicht auf Gorleben als Standort in einem künftigen Verfahren zur Kenntnis zu nehmen. Eine juristische und wissenschaftliche Aufarbeitung der bislang fehlgeschlagenen Endlagerstrategie der vergangenen Jahrzehnte fand nicht statt.

DIE LINKE begrüßt zwar grundsätzlich die Idee einer unabhängigen Kommission zu Endlagerfragen. Allerdings hatten wir nicht die Vorstellung, dass diese Kommission - wie jetzt vorgesehen - Empfehlungen zur Evaluierung eines bereits sehr detaillierten Gesetzes macht. Wie die meisten Anti-AKW-Initiativen haben auch wir gefordert, dass eine solche Kommission im Vorfeld eines Gesetzes zunächst Empfehlungen zu wichtigen Grundfragen des Verfahrens erarbeitet.

Darüber hinaus verlangen wir, die Fehler der Vergangenheit bei der bisherigen Suche nach einem Verwahrungsort für radioaktive Abfälle zu analysieren sowie die Form der dauerhaften Verwahrung für alle Arten von radioaktivem Müll ergebnisoffen zu diskutieren. Dazu gehört auch der Verzicht auf Gorleben als mögliches Endlager.

Ferner haben wir von der Bundesregierung einen umfassenden Überblick über den gesamten Bestand an Atommüll gefordert. Keine Bundesregierung ist dieser Verpflichtung bisher nachgekommen. Die einzige Bestandaufnahme wurde von der Politikwissenschaftlerin Ursula Schönberger und verschiedenen Anti-Atom-Initiativen vorgelegt.“ Zwar kündigte nun die Bundesregierung einen solchen Bericht u.a. auf meine Nachfrage hin in der ersten Sitzung der Endlagersuchkommission an, doch werden wir künftig sehr viel mehr Druck benötigen.
Schließlich haben wir auch das Bekenntnis der deutschen Politik zum Atomausstieg nicht der Bundeskanzlerin Merkel zu verdanken, sondern den hunderttausenden Menschen, die 2011 nach dem Super-GAU in Fukushima auf die Straßen gegangen sind.

 

linskfraktion.de, 23. Mai 214