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Endlager gibt es nicht

Im Wortlaut von Dorothée Menzner,

Von Dorothée Menzner, energiepolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

Mit der Novellierung des Atomgesetzes, der zweifelhaften Rückkehr zu gesetzlich garantierten AKW-Laufzeiten bis 2022, die als Ausstieg verkauft werden, muss die Bundesregierung nun endlich auch ein neues Konzept für den Umgang mit Atommüll anstoßen. Bisher gibt es in dieser Richtung nur vage Andeutungen. Das Konzept wird vielfältige Widersprüche austarieren müssen. Da hält man sich lieber noch eine Weile bedeckt. Die Entsorgung - besser die Verwahrung des Atommülls - ist eine Aufgabe, die die wenigen Profiteure der Atomenergie der gesamten Gesellschaft aufgebürdet haben. Eine wirkliche Lösung ist im Moment nicht in Sicht, wird vielleicht sogar niemals gefunden werden. Doch einige Grundsätze für den Umgang mit dem unseligen Erbe zeichnen sich bereits ab.

Schon der Begriff Endlagerung führt in die Irre. Er suggeriert, man könne das Problem des Atommülls aus der Welt schaffen, indem man ihn beispielsweise in einem Bergwerk vergräbt. Doch das Motto "aus den Augen, aus dem Sinn" ist bei Altlasten, die über zehntausende Jahre sicher von der Biosphäre abgeschlossen werden müssen, völlig untauglich. Notwendig ist eine generelle Neuorientierung in der Atommüllfrage, denn das Konzept der unterirdischen Lagerung in Salzgestein ist gescheitert. Das zeigen nicht zuletzt die Asse und Morsleben. Es muss jetzt vielmehr darum gehen, den Atommüll auf Dauer in eine Sicherheitsverwahrung zu überführen. Dabei sind unterschiedliche Kriterien zu berücksichtigen.

Wegen möglicher ökologischer Probleme, die daraus entstehen, dass Castoren und Fässer nach nur 50 Jahren korrodieren oder weil z.B. Wasser eingetreten ist, muss man jederzeit in der Lage sein, den Müll neu zu konditionieren – sprich, ihn neu zu verpacken, um ein ökologisches Desaster abwenden zu können. Weil die Hoffnung nicht unberechtigt ist, dass  die Menschen in Zukunft durch bessere Verfahren und größeres technisches Wissen in der Lage sein werden, anders als wir heute mit den Altlasten umzugehen, muss die Rückholbarkeit des Mülls gewährleistet werden. Nicht auszuschließen ist allerdings auch, dass der Müll noch über Jahrzehntausende genau das Problem bleibt, dass er heute ist. Dann muss er so verwahrt werden, dass Krisen, Kriege und andere Katastrophen die Sicherheit der Verwahrung nicht beeinträchtigen. Eine adäquate Lösung für alle diese Fälle ist kaum denkbar. Die Erkenntnis, dass man sich diese Fragen vor Beginn der Atomkraftnutzung hätte stellen müssen, verweist allerdings auf die Notwendigkeit, sofort aus der Atomkraftnutzung auszusteigen, um die Atommüllberge nicht noch weiter wachsen zu lassen.

Wie also weiter? Zunächst darf kein einziger Cent mehr in die Weitererkundung des Salzstocks Gorleben gesteckt werden. Dieses Endlagerprojekt ist generös gescheitert. Aus politischen Erwägungen wurde es mittels Manipulation durchgesetzt und ist nach dem Stand von Wissenschaft und Technik unverantwortbar. DIE LINKE hat mit ihren Recherchen zu den Gasvorkommen unter Gorleben (Broschüre »Gas unter Gorleben, PDF) zu dieser Erkenntnis beigetragen. Alle bisherigen Einwände gegen Gorleben als Endlager - die Laugeneinschlüsse im Salzgestein, das fehlende Deckgebirge, die Auslaugung des Salzstocks durch Grundwasser, die Wegsamkeiten für Wasser im Gestein durch Anhydrit u.s.w. - haben nicht das Gewicht, die das Gas unter Gorleben besitzt. Es ist das finale Ausschlusskriterium.

Die Bundesregierung ist jetzt am Zug, einen gesellschaftlichen Diskurs darüber zu organisieren, wo und wie die Lagerung des Atommülls zukünftig vonstatten gehen soll. Die Atombetreiberkonzerne müssen zur Kasse gebeten werden, um ein neues Auswahlverfahren finanziell auszugestalten, die Kosten dürfen nicht von den Verbraucherinnen und Verbrauchern getragen werden. Bei all diesen notwendigen Bemühungen müssen diesmal die Bürgerinnen und Bürger von Anfang an und mit aller Transparenz und rechtlich verbindlich beteiligt werden.

linksfraktion.de, 7. Juni 2011