Zum Hauptinhalt springen

Einer weiteren Militarisierung der Gesellschaft entgegenwirken

Im Wortlaut von Katrin Kunert,

 

Von Katrin Kunert, für DIE LINKE. Mitglied im Verteidigungsausschuss des Bundestages

 

Zu Beginn der neuen Wahlperiode stand für mich fest: Nach acht Jahren Kommunalpolitik im Bundestag und einem Schlüsseerlebnis im Wahlkreis, wollte ich mich inhaltlich neu orientierten.

DIE LINKE tritt für die OSZE als kollektive Sicherheitsalternative zum aggressiven NATO-Militärpakt ein. Was das aber genau heißt, wie sie ausgestaltet und umgesetzt werden soll, haben wir als LINKE in den letzten Jahren nicht wirklich deutlich gemacht. Hier einen entscheidenden Schritt weiterzukommen, konkrete Vorstellungen zu entwickeln, war eine Herausforderung, der ich mich unbedingt stellen wollte. Hinzu kommen persönliche Erfahrungen im Umgang mit Kriegsdienstverweigerern und mein Einsatz für deren Rechte bereits seit einigen Jahren sowie der Kampf für eine friedliche Nutzung der Colbitz-Letzlinger Heide, also das Thema Konversion. Alles in allem gute Gründe für mich, in dieser Wahlperiode in den Verteidigungsausschuss zu gehen.

Missstände in der Bundeswehr öffentlich machen

Gleich zu Beginn meiner Arbeit im Verteidigungsausschuss habe ich die Rekrutierung von Minderjährigen für die Bundeswehr bei der Bundesregierung hinterfragt und als unhaltbaren Zustand kritisiert. Es kann nicht sein, dass sich Deutschland einerseits gegen den Einsatz von Kindersoldaten in bewaffneten Konflikten engagiert und andererseits im eigenen Land unter Berufung auf Ausnahmemöglichkeiten eines Zusatzprotokolls zur UN-Kinderrechtskonvention unter 18-Jährige für die Bundeswehr rekrutiert. Das ist unglaubwürdig. Die UN-Kinderrechtskonvention schreibt als Volljährigkeitsgrenze strikt ein Alter von 18 Jahren vor, das natürlich auch beim freiwilligen oder obligatorischen Militärdienst gelten müsste. Tatsächlich beginnen aber jedes Jahr mehrere tausend Jugendliche mit 17 Jahren eine militärische Ausbildung bei der Bundeswehr und werden hierbei auch an Waffen geschult. Auf meine Initiative hat DIE LINKE zu diesem Thema eine Kleine Anfrage und im Anschluss einen Antrag eingebracht. Wir sind der Meinung, dass von der UN-Kinderrechtskonvention keine Abstriche gemacht werden dürfen.

Seit Aussetzung der Wehrpflicht im Juni 2011 haben 1 164 Soldatinnen und Soldaten sowie Offiziere einen Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer (KDV) gestellt. Die Behörden versuchen nach Kräften, die wachsende Anzahl von Anträgen abzulehnen oder zu verzögern, um die kriegsdienstunwilligen Soldaten zu zermürben. Ihnen soll der Ausstieg aus der Bundeswehr erschwert werden. Es wird nicht akzeptiert, dass Wehrdienstleistende oder Soldatinnen und Soldaten, die während ihres Dienstes – insbesondere aufgrund von Auslandseinsätzen - zu der inneren Überzeugung gelangt sind, dass der Soldatenberuf doch die falsche Entscheidung gewesen ist. Ein Nein zum Krieg in Form von Kriegsdienstverweigerung ist für die Bundeswehr nicht akzeptabel, aber für mich und DIE LINKE. Daher setze ich mich mit Nahdruck für die Rechte von Kriegsdienstverweigerern ein. Diese unhaltbaren Zustände müssen auch weiterhin medial wirksam angeprangert werden.

Beides, die Rekrutierung von Minderjährigen und die Zunahme von Kriegsdienstverweigerungen, hängen ursächlich mit dem Umbau der Bundeswehr zur globalen Interventionsarmee zusammen. Es ist eine der wichtigsten Aufgaben der LINKEN, den Menschen und seine Rechte in den Mittelpunkt von Politik zu rücken und einer weiteren Militarisierung der Gesellschaft entgegenzuwirken.

Für eine nachhaltige Friedenspolitik streiten

Ganz oben auf meiner Agenda stehen konkrete Vorhaben in den Bereichen kollektive Sicherheit und Rüstungskonversion. Hier gibt es große Defizite - auch bei der LINKEN, was deren konkrete Untersetzung angeht. Der Konflikt in der Ukraine zeigt, dass die OSZE dringend aus ihrem Schattendasein geholt werden muss. Für Frieden und Sicherheit ist sie in Europa unverzichtbar. Ich habe an der diesjährigen Jahresversammlung der Parlamentarischen Versammlung der OSZE in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku teilgenommen und in mehreren Kleinen Anfragen die Rolle der OSZE als Konfliktvermittlerin thematisiert. Dies betrifft neben der Ukraine vor allem den Balkan und den Südkaukasus. Die OSZE könnte aus meiner Sicht prinzipiell auch zu einem alternativen Sicherheitssystem zur NATO ausgebaut werden. In ihr sind die USA und Russland gleichberechtigte Mitglieder und ihrem weit gefassten Sicherheitsverständnis liegen zivile Instrumente zugrunde.

Eine nachhaltige Friedenspolitik ist ohne Abrüstung nicht möglich und Abrüstung nicht ohne Rüstungskonversion. Wir brauchen eine Umwandlung der Militärwirtschaft in eine Friedenswirtschaft. Ansätze hierfür gab es bereits in den achtziger und neunziger Jahren. Bisher fand Rüstungskonversion aber nicht als nationale und friedenspolitisch ausgerichtete Aufgabe statt, sondern nur als Strukturpolitik. Es gab eine Reihe von guten Beispielen, unter anderem in Bremer Rüstungsunternehmen. Allerdings sind sie letztendlich dann doch marktpolitischen Interessen zum Opfer gefallen. Hier bedarf es eines anderen Ansatzes, den DIE LINKE in dem von mir initiierten Antrag zur Rüstungskonversion entwickelt hat. Unter breiter Einbeziehung zivilgesellschaftlicher Akteure – der Friedensbewegung, der Bürgerschaft, der Beschäftigten könnte ein nationales Konversionsprogramm entwickeln werden. Die sozial verträgliche Umwandlung militärindustrieller Arbeitsplätze in zivilwirtschaftliche Arbeitsplätze soll über einen vom Bund eingerichteten Fonds mitfinanziert werden. Das Startkapital hierfür kann aus dem Anteil des Bundes am Reingewinn der Bundesbank genommen werden. Und Unternehmen sollen an den Konversionskosten angemessen beteiligt werden, beispielsweise in Form von Rückstellungen für Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen für die Beschäftigten. Insgesamt sollten Unternehmen und Politik in Deutschland schon in der Lage sein, die etwa 17 000 Arbeitsplätze im engeren Bereich der wehrtechnischen Industrie zu konvertieren.

Das, was ich zu Beginn der Wahlperiode angekündigt habe, setze ich um. Und ich werde an meinen Themen mit Nachdruck weiterarbeiten.