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Ein Jahr EEG 2014 – Befürchtungen bestätigt

Im Wortlaut von Eva Bulling-Schröter,

 

Von Eva Bulling-Schröter, Sprecherin für Energie- und Klimapolitik der Fraktion DIE LINKE

 

Im Frühjahr letzten Jahres läuteten in der Ökostromszene alle Alarmglocken. Nicht weil das bis dato sehr erfolgreiche Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) novelliert werden sollte, denn das passiert fast alle zwei Jahre, um es der aktuellen Entwicklung anzupassen. Die Änderungen des EEG 2014 aber sollten den Charakter der Energiewende gefährden: Bürgerenergien drohten ins Abseits zu geraten. Photovoltaik und Biomasse könnten enorm unter Druck geraten, so die Befürchtung. Zudem könnte künftig der Einspeisevorrang für Ökostrom unterlaufen werden, während von der fossilen Erzeugung Druck genommen würde, sich dem neuen Stromsystem anzupassen.

Seit einem Jahr nun ist die Novelle in Kraft. Haben sich die Befürchtungen bewahrheitet?

Leider ja. So befinden sich Bürgerenergien im Abwärtstrend. Wurden 2013 noch 129 neue Energiegenossenschaften gegründet, waren es im vergangenen Jahr nur 54. Mit der Unsicherheit über die Chancen, bei künftig erforderlichen aufwändigen Ausschreibungen einen Zuschlag zu erhalten, lohnt sich dieses Engagement offensichtlich kaum mehr. In der ersten Pilot-Ausschreibungsrunde zu Solarparks in 2015 kam keine einzige Bürgerenergieform zum Zuge. Die vorgesehene generelle Ausschreibungspflicht ab 2017 verunsichert aber auch andere Grünstromproduzenten. Denn die großen Fonds und Betreiber, unter ihnen auch „grüne“ Töchter der vier Energieriesen RWE, E.on, EnBW und Vattenfall, können kleinere Anbieter leichter unterbieten und so aus dem Markt drängen. Für sie ist es finanziell auch kein Drama, wenn eine Ausschreibung mal verloren geht – im Gegensatz zu kleinen Bürgergenossenschaften.

Schlechte Nachrichten auch aus der Photovoltaik: Die Änderungen bei den Vergütungsbedingungen haben zu einem Debakel beim Ausbau geführt. Mit knapp 1,6 Gigawatt (GW) wurde in den letzten 12 Monaten nicht einmal die unsinnig niedrige Ausbauobergrenze von 2,5 Gigawatt im Jahr erreicht, die mit dem EEG 2014 eingezogen wurde. Die Jahre zuvor waren es das Vielfache des jetzigen Zubaus. Allein der Zubau von Windenergie an Land lag mit 3,3 GW über den von der Bundesregierung verordneten 2,5-MW-Deckel. Das aber eher trotz, als wegen des neuen EEGs. Denn ein Gutteil der nun ans Netz gegangenen Projekte wurde noch weit vor den Gesetzesänderungen angeschoben. Bei Biomasse-Kraftwerken ist der Zubau hingegen quasi zusammengebrochen. Bis Ende Mai 2015 betrug er lächerliche 43 Megawatt. Das ist bedenklich, denn gerade diese Anlagen gehören zu den wetterunabhängigen Ökostromanlagen. Für die Steuerung der Energiewende werden sie dringend gebraucht.

In den letzten Wochen wurde eine Gefahr stärker debattiert, vor der DIE LINKE im vergangenen Jahr mehrfach gewarnt hatte: Mit dem EEG 2014 erhalten Ökostromproduzenten für größere Anlagen keine Vergütung mehr, wenn die Börsenpreise mehr als sechs Stunden ununterbrochen negativ sind. Das kann passieren wenn unplanmäßig viel Wind auf wenig Nachfrage trifft. In dem Fall müssen sie dann unter Umständen ihre Anlagen sogar abregeln, um kein Geld zu verlieren. Auf den Stromüberschuss sollen also nicht Kohlemeiler reagieren, die CO2 in die Luft blasen, sondern emissionsfreie Zukunftsenergien – das ist Energiewende absurd! Studien belegen nun, dass diese Regelung EEG-Neuanlagen erheblich in ihrer Wirtschaftlichkeit treffen wird.

Die Bundesregierung hat übrigens nicht alles im EEG verändert. Die Privilegien der Industrie bei der Umlage der Kosten der Ökostromförderung blieben 2014 erhalten und wurden seitdem sogar noch ausgebaut – zu Lasten von Verbraucherinnen und Verbrauchern.
 

linksfraktion.de, 29. Juli 2015