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Bundeskanzlerin Merkel auf der Regierungsbank tippt auf ihr Handy, während Dietmar Bartsch am Rednerpult spricht © picture alliance/Flashpic/Jens KrickFoto: picture alliance/Flashpic/Jens Krick

Ein gutes Leben muss wieder bezahlbar werden

Kolumne von Dietmar Bartsch,

Die Vermögen der reichsten Haushalte in Deutschland ist in den letzten Jahren um fast die Hälfte gewachsen. Auf durchschnittlich rund 11 Millionen Euro. Immobilien haben an Wert gewonnen, Aktienpakete sind durch die Decke gegangen. Bei der Mittelschicht und den Ärmeren kommt vom Vermögenszuwachs überhaupt nichts an. Keine Immobilien, keine Aktien, kaum Vermögen. Für diese Hälfte der Bevölkerung gibt es etwas anderes: Steigende Kosten!

Die Inflation ist so hoch wie seit drei Jahrzehnten nicht. Längst sind die Preissteigerungen den Löhnen enteilt. Ich will das an einem Beispiel deutlich machen. Alexander Neubacher hat dies im Spiegel vorgerechnet. Ein neuer VW Golf kostete 1974 umgerechnet 4100 Mark. Das war durchaus viel Geld. Aber Normalverdiener waren 1974 in der Lage, das zu stemmen. Laut offizieller Inflation würde ein neuer Golf heute 12.000 Euro kosten. Für Normalverdiener wäre das viel Geld, aber immer noch machbar. Aber ein neuer Golf kostet ganz eindeutig mehr – meist mehr als das Doppelte. Warum? Die „echte“ Inflation ist noch höher als die offizielle, weil bei ihr beispielsweise Immobilien und Mieten – die die Preise mächtig treiben – nicht mitgerechnet werden. Mehr als 20.000 Euro sind für Normalverdiener kaum drin und für die Millionen darunter überhaupt nicht machbar.

Ja, der neue Golf ist stärker, schneller, sicherer als der alte. Aber was macht das für einen Unterschied, wenn das Geld für immer weniger reicht. Dass die EZB und die anderen Parteien die Inflation gerne abtun, ist fragwürdig. Kaufkraftverluste und Sozialabbau sind Realität. Wir brauchen eine Inflationsbremse, die an vielen Stellen ansetzt und gegensteuert. Zum Beispiel beim öffentlichen Verkehr oder bei den Energiekosten, wo der Staat vielfach als Preistreiber agiert. Die versprochene Strompreissenkung muss endlich in großem Umfang kommen und der Nahverkehr deutlich billiger werden. Die Verteuerungen z.B. beim Heizen kann und muss die Politik zurücknehmen und durch eine Klimapolitik ersetzen, die effektiv und bezahlbar ist. Und selbstverständlich müssen die Beschäftigten vielfach aus dem Lohnkeller raus, gerade in Ostdeutschland. Wir brauchen einen Politikwechsel, der dafür sorgt, dass die Löhne wenigstens so stark wachsen, wie die Preise beim Golf.