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Editorial

Periodika,

Auf ein Wort mit der Herausgeberin: Petra Pau

Liebe Leserin, lieber Leser,

eine Woche lang wurde der Bundeshaushalt für das Jahr 2015 im Plenum des Bundestags beraten. Dabei geht es um viele Zahlen, möchte man meinen. Aber bemüht wurde wieder und wieder nur eine einzige: die „schwarze Null“! Finanzminister Wolfgang Schäuble gab sie vor, alle Redner der CDU/CSU plapperten sie inbrünstig nach.

Mit diesem Begriff ist gemeint, dass der Staat im nächsten Jahr nicht mehr ausgeben will, als er einnimmt, also ohne neue Schulden. Das hat es in der Bundesrepublik Deutschland fürwahr seit Jahrzehnten nicht gegeben. Aber die „schwarze Null“ verdunkelt mehr, als sie erhellt. Das beginnt schon bei den großen Zahlen. Die Reichen werden immer reicher. Trotzdem steigt ihr Anteil an den Staatseinnahmen nicht adäquat. Die große Koalition befreit sie aus der Solidarität, der eine Gesellschaft bedarf.

Nun bin ich keine Haushaltsexpertin. Meine Pro-Themen sind Bürgerrechte und Demokratie, meine Kontra-Themen heißen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus. Als Mitglied des Untersuchungsausschusses zum NSU-Nazi-Mord-Desaster schaute ich zudem in Abgründe, auch des Staatsversagens. Eine Konsequenz daraus lautete – fraktionsübergreifend: Gesellschaftliche Initiativen gegen Rechtsextremismus, für Demokratie und Toleranz müssen umgehend verlässlicher gefördert werden, auch finanziell. Nein, nicht mit vielen Milliarden Euro. Gefragt ist ein Plus von 20 Millionen Euro jährlich, bundesweit. Die aber sind nicht geplant, weil vermeintlich nicht verfügbar. Zynisch gesagt: So schützt die „schwarze Null“ sogar den „braunen Sumpf“.

Aktuell vergeht kaum eine Nachrichtensendung, ohne dass über bewaffnete Konflikte und Kriege berichtet wird. Ob in der Ukraine, in Syrien oder dem Irak, stets ähneln sich die Bilder: Menschen töten und werden getötet – auch mit Waffen, von denen einige hierzulande produziert wurden. Doch wussten Sie, dass der blutigste Krieg in Somalia tobt? In den vergangenen zwei Jahrzehnten starben in diesem Konflikt mehr als eine halbe Million Menschen. Krieg und Frieden – dieses Thema stellt clara in den Mittelpunkt dieser Ausgabe. Gregor Gysi skizziert in einem Essay die Grundzüge einer neuen globalen Friedensordnung. Der Fotograf Matthias Steinbach, vor wenigen Tagen erst aus dem Sudan zurückgekehrt, präsentiert Fotos aus Flüchtlingslagern in Afrika. Ulla Jelpke spricht sich für eine solidarische Flüchtlingspolitik aus, und Christine Buchholz kritisiert die beabsichtigte Anschaffung von Kampfdrohnen durch die Bundeswehr.

Aber auch andere Themen spielen eine Rolle in diesem Heft. clara berichtet über ein spektakuläres Modellprojekt in der schwedischen Stadt Göteborg: Demnächst dürfen die Beschäftigten eines kommunalen Seniorenheims ihre tägliche Arbeitszeit von acht auf sechs Stunden reduzieren – bei gleichem Lohn. Zudem klärt clara auf über die vielen Ausnahmen beim gesetzlichen Mindestlohn, beleuchtet die jüngsten Entwicklungen rund um die Handelsabkommen TTIP und CETA und schaut hinter die Kulissen des Untersuchungsausschusses zum NSA-Skandal.

Auch zwei wichtige Jahrestage thematisiert diese Ausgabe. Vor rund 100 Jahren begann der Erste Weltkrieg; die Fraktion DIE LINKE hat dessen mit einer Lesung und einer Diskussion gedacht. Und fast genau vor 25 Jahren fiel die Berliner Mauer; vier Abgeordnete schildern ihre Erinnerungen an die damalige Zeit.

Ich wünsche Ihnen eine kurzweilige und erkenntnisreiche Lektüre von clara, dem Magazin der Fraktion DIE LINKE.

 

Petra Pau ist Mitglied der Fraktion DIE LINKE und Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags