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Die Zeche für das Volk

Im Wortlaut von Michael Schlecht,

Gastkommentar. Milliarden für die Zocker …

Von Michael Schlecht

Seit 2008 stiegen die Staatsschulden der BRD um 180 Milliarden Euro. Rund 100 Milliarden Euro davon gehen auf das Konto der Bankenrettung. Und es besteht die Gefahr, daß weitere Milliarden im Sumpf der Banken versenkt werden. »Wir müssen alles unternehmen, damit die Finanzkrise sich nicht wiederholt.« So das Versprechen der Kanzlerin Ende 2008. Geschehen ist jedoch nichts. Deshalb wird auch schon längst wieder munter gezockt. Man beißt halt nicht die Hand, die einen füttert. Banken und Versicherungen finanzieren in hohem Maße gerade Unionsparteien und FDP durch Spendengelder. Forderungen der Linken nach Überführung des privaten Banksektors in öffentliche Kontrolle und nach Schließung des Casinos werden im Bundestag verspottet.

Weil die Regierung sich nicht an die Banken, die Zocker und Krisenprofiteure herantraut, werden jetzt breite Teile der Bevölkerung, vor allem sozial Schwache, abkassiert. Ein Sozialabbau in historisch bislang unbekannter Größenordnung wird auf den Weg gebracht. Jedoch sind die bis 2014 vorgesehenen Kürzungen von 80 Milliarden Euro nur der Anfang. Da die Regierung die Schuldenbremse mit Ausgabesenkungen einhalten will, drohen bis 2016 zusätzliche Einschnitte in der Größenordnung von 80 Milliarden.

Was bislang nur in Griechenland, Portugal und Spanien gegen das Volk durchgesetzt wurde, soll jetzt auch uns aufgepreßt werden. Weniger staatliche Leistungen für Kinder, Familien und Erwerbslose, weil die Milliarden schon für die Banken verbrannt wurden. 15000 Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst sollen gestrichen und die Bezüge der Beamten gekürzt werden. Auch sie sollen bluten, weil die Regierung die Finanzhaie nicht angreift. Die Alternative zu Ausgabenkürzungen sind mehr Einnahmen. Jedoch: Spürbare Steuererhöhungen für Reiche und Vermögende sind für die Regierung tabu. Da ist die spanische Regierung schon weiter. Sie will die Vermögenssteuer wieder einführen.

Die Linke fordert das seit langem. Mit der Millionärssteuer soll Vermögen von mehr als einer Mil lion Euro mit fünf Prozent besteuert werden. Dies brächte allein 80 Milliarden Euro. Mit der Finanztransaktionsteuer, der Heraufsetzung des Spitzensteuersatzes und weiterer Schritte könnten insgesamt 160 Milliarden Euro zusätzliche Einnahmen erzielt werden.

Statt den sozial Schwachen in die Tasche zu greifen, wären dann sogar mehr und bessere Bildung, ein Ausbau der Infrastruktur und der ökologische Umbau möglich. Und: Mit mehr Staatsausgaben würde die Wirtschaft angekurbelt. Selbst Barack Obama hat die deutsche Regierung kritisiert, weil sie jetzt Ausgaben kürzt und das Konjunkturprogramm 2011 nicht fortsetzen will. Der US-Präsident mahnt: Mit Sparpolitik droht die Verschärfung der wirtschaftlichen Krise. So wie 1930.

Jetzt ist Widerstand auf der Straße notwendig. Der Auftakt sind die Demonstrationen an diesem Samstag in Stuttgart und Berlin.

junge Welt, 12. Juni 2010