Die Strategie der CDU in der Pflege ist perfide: Die Pflege ist völlig unzureichend finanziert. Es gibt zu wenige Fachkräfte und sie werden viel zu schlecht bezahlt. Stattdessen wird Personal aus ärmeren Ländern abgeworben, damit die Reichen in Deutschland geschont werden. Das zeigen Zahlen, die Pia Zimmermann ausgewertet hat.
Deutschland beschäftigt viel zu wenige Pflegekräfte. Für sie ist die Arbeit deshalb Stress pur. Um mehr Fachkräfte zu gewinnen, müssten sie besser bezahlt werden. Deutlich mehr Beschäftigte, die auch noch deutlich besser bezahlt werden – das kostet viel Geld. Geld, das zur Verfügung steht, wenn sich alle beteiligen – vor allem die Spitzenverdiener*innen. Werden sie mit all ihren Einkünften einbezogen, auch denen aus Mieten, Zinsen und Kapitaleinkommen, ist eine gute Pflege leicht finanzierbar. Dagegen wehrt sich die CDU mit Händen und Füßen. Der so dringend notwendigen solidarischen und soliden Finanzierung von Pflege und Gesundheit sollen sich die Superreichen weiter in der privaten Versicherung entziehen können.
Der Mangel an Pflegekräften wird stattdessen mit Abwerbung aus ärmeren Ländern bekämpft. So kamen 2018 und 2019 zusammen offiziell über 25 000 ausgebildete Krankenpfleger*innen nach Deutschland, Tendenz stark ansteigend. Drei Viertel kamen von den Philippinen und aus dem Balkan. Das ergaben Zahlen (PDF), die Pia Zimmermann, Sprecherin für Pflegepolitik der Fraktion DIE LINKE, beim Statistischen Bundesamt angefordert und ausgewertet hat.
In der Altenpflege funktioniert die Abwerbung ausgebildeter Altenpfleger*innen nicht, jedenfalls bisher. 2018 und 2019 kamen insgesamt 120. Tendenz aber auch hier: stark steigend. Die meisten kamen aus China sowie Bosnien und Herzegowina. Aber hier sorgt die Bundesregierung auf andere, ganz miese Weise für „Abhilfe“: Durch aktives Wegschauen, und durch aktives Verweigern von Maßnahmen, die die EU angemahnt hat. Denn viele Menschen mit Pflegebedarf oder ihre pflegenden Angehörigen stopfen die Lücken der Versorgung in der Altenpflege, indem sie eine sogenannte 24-Stunden-Pfleger*in engagieren, oft auch als Live-ins bezeichnet, zumeist zu grotesk niedrigen Entgelten. Die Arbeit dagegen ist oft hart, nicht selten rund um die Uhr. Arbeitsrechte existieren in diesen Arrangements höchstens auf dem Papier. Gegen diese vielfach rechtswidrigen Praktiken will die CDU aber nicht vorgehen.
Das Wegschauen der Bundesregierung beginnt bei den Zahlen. Die werden schlicht nicht erhoben. Schätzungen gehen von 300 000 bis 400 000 Live-ins aus, die sich in ca. 200 000 deutschen Haushalten alle 4 bis 6 Wochen abwechseln. Sie kommen vor allem aus Polen, Bulgarien, Rumänien, zunehmend auch aus der Ukraine. Meist sind es Frauen mittleren Alters oder bereits Rentner*innen, die zu Hause keine Arbeit mehr finden oder die ihre Rente aufbessern müssen, um leben zu können. Vermittelt werden sie meist von mittlerweile ca. 700 darauf spezialisierten Agenturen. Die Angaben stammen aus den Antworten auf zwei Kleine Anfragen von Pia Zimmermann zu Pflegekräften (PDF) und den vermittelnden Agenturen (PDF).
Das aktive Wegschauen der Bundesregierung begründet diese rein formal: Man müsse sich darum nicht kümmern, denn es handele sich „nicht um Pflegekräfte, sondern um Betreuungspersonen“. Hinzu kommt sogar das aktive Verweigern von Maßnahmen. Denn die Beauftragte der EU für Migration, Flüchtlinge und Integration hat Deutschland bereits aufgefordert, für „eindeutige rechtliche Rahmenbedingungen (etwa zu Bereitschaftszeiten, Arbeitsperioden etc.)“ zu sorgen. Darauf hat die Bundesregierung offenbar bislang nicht einmal reagiert.