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Der Zugang zu sauberem Wasser muss in Europa endlich umfassend und dauerhaft geschützt werden

Im Wortlaut von Kerstin Kassner,

 

Von Kerstin Kassner, kommunalpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag


Das Votum der Menschen ist eindeutig. 1,88 Millionen Bürgerinnen und Bürger – davon allein 1,38 Millionen aus Deutschland – unterstützen mit ihren Unterschriften die europäische Bürgerinitiative von Right2Water. Sie sind für einen Privatisierungsstopp und machen deutlich: Sie möchten einen garantierten Zugang zu sauberem und günstigem Wasser. Das bedeutet, dass dieser Bereich von jeglicher Liberalisierung, insbesondere von den Regeln des europäischen Binnenmarkts, ausgenommen sein muss. Wenn die EU-Kommission erklärt, sie habe positiv auf die Bürgerinitiative Right2Water reagiert, müssen nun auch konkrete Maßnahmen erfolgen, um den Bereich Wasserver- und Abwasserentsorgung grundsätzlich und dauerhaft zu schützen. Es muss jetzt schnell durch das EU-Parlament sichergestellt werden, dass dieser Schutz gegenüber allen künftigen Richtlinien und Verordnungen der EU gilt. Schließlich kann es nicht allein von der Aufmerksamkeit und dem Mobilisierungsgeschick der Zivilgesellschaft sowie einzelner Organisationen und Parteien abhängen, ob liberalisierungsfördernde Maßnahmen, wie zuletzt der Entwurf der Konzessionsrichtlinie, verhindert werden können oder nicht. Auf die Mehrheit der Abgeordneten des Europäischen Parlaments kann man sich an dieser Stelle nur bedingt verlassen. Im federführenden Binnenmarktausschuss ist der Konzessionsrichtlinienentwurf gegen die Stimmen unserer Fraktion GUE/NGL angenommen worden.

Liberalisierung der Trinkwasserversorgung führt zu schlechter Qualität

In Deutschland sind die Themen Trinkwasser und Abwasser eng mit der kommunalen Daseinsvorsorge verknüpft. Die kommunalen Organisationsstrukturen sorgen für eine Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung in sehr guter Qualität. Entsprechende Umfragen ergeben bezüglich des Leitungswassers regelmäßig Zufriedenheitswerte von über 90 Prozent. Dass man das Leitungswasser auch bedenkenlos trinken kann, wird dabei als Selbstverständlichkeit angesehen. Die Stiftung Warentest hat in ihrer letzten Studie aus dem Jahr 2012 zudem betont, dass Leitungswasser bei gleichbleibend guter Qualität deutlich günstiger ist als Mineralwasser.

Dieser Standard ist natürlich in hohem Maße auf die kommunalen Strukturen zurückzuführen. Im Gegensatz zu internationalen Großkonzernen sind kommunale Wasserversorger nicht gezwungen, hohe Renditeerwartungen zu erfüllen. Übrigens, in den europäischen Ländern, in denen eine Liberalisierung der Trinkwasserversorgung stattgefunden hat, sind die Preise gestiegen und die Qualität hat sich verschlechtert. Ein weiterer gewichtiger Vorteil ist der Umstand, dass bei kommunalen Unternehmen zumindest mittelbar demokratische Kontrolle möglich ist.

Letzteres ist natürlich vielerorts noch verbesserungswürdig. DIE LINKE fordert daher im Zusammenhang mit Rekommunalisierungsvorhaben stets, dass diese zum Beispiel durch die Nutzung entsprechender öffentlich-rechtlicher Rechtsformen mit einem tatsächlichen Zugewinn an demokratischer Mitsprache der Bürgerinnen und Bürger verbunden werden.

Gefahr droht durch Freihandelsabkommen

Nachdem eine Gefährdung der kommunalen Trinkwasserversorgung durch die Konzessionsrichtlinie verhindert werden konnte, droht nunmehr erneut Gefahr, nämlich durch das derzeit zwischen der EU und den USA verhandelte Freihandelsabkommen TTIP. Die Freiheit der Kommunen bezüglich der Organisation ihrer Wasserwirtschaft dürfte dabei laut Gutachten von Prof. Dr. Markus Krajewski (Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg) insbesondere durch die zu erwartende Marktzugangsverpflichtung gefährdet sein.

DIE LINKE lehnt das TTIP als einzige der im Bundestag vertretenen Parteien grundsätzlich ab und wird sich dem Schutz der kommunalen Trinkwasserversorgung weiterhin mit erhöhter Wachsamkeit und auf allen Ebenen, von der Kommunalvertretung bis zum EU-Parlament, widmen.
 

linksfraktion.de, 20. März 2014