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Der wichtige Unterschied zwischen Recht haben und Recht kriegen

Im Wortlaut von Wolfgang Gehrcke,

 

Die ersten neun Monate der 18. Wahlperiode gehen zu Ende, und der Bundestag geht in die parlamentarische Sommerpause. Unsere Arbeitskreise blicken zurück auf die großen und kleinen Herausforderungen der vergangenen Monate: Was hatten wir vor, was haben wir erreicht und was bleibt auf unserer Agenda? Für den Arbeitskreis Außenpolitik und Internationale Beziehungen zieht dessen Leiter Wolfgang Gehrcke Bilanz.

 

Es galt einmal, dass Deutschland nach den Erfahrungen der Welt mit unserem Land sich militärisch und wirtschaftlich in Zurückhaltung üben sollte. Zuviel Deutschland galt allgemein als schädlich. Übrigens nicht nur im Ausland, sondern auch hierzulande. Franz-Joseph Straß zum Beispiel, wollte, dass einem jeden „die Hand abfallen sollte“, der noch einmal ein Gewehr in die Hand nimmt. Als er dann Atom-. Und Verteidigungsminister wurde, war das aber schon vergessen. Die SPD wollte, dass Deutschland paktfrei bleibt, und erst der Kursschwenk in Richtung NATO machte aus dieser Partei wiederum das Gegenteil dessen, für das sie einst eingetreten war.

Eine neue deutsche Kultur, übrigens in beiden Deutschlands damals, begann, Raum zu greifen. Eine Kultur der Zurückhaltung, des militärischen „Ohne mich!“. Eine solche Kultur war zum Vorteil der Welt und zum Vorteil Deutschlands. Den Deutschen konnte man wieder trauen – das galt im Osten wie im Westen. Dann, nach der Vereinigung, sollte die Zurückhaltung nicht mehr gelten. Deutschland war wieder wer, oder glaubte zumindest, wer zu sein.

Schröder/Fischer etablierten den Krieg wieder als ein Mittel der Politik und man war weltweit dabei – von Belgrad bis Kabul. „Unter“ Bundespräsident Gauck, im Ping-Pong mit Außenminister Steinmeier und Verteidigungsministerin von der Leyen, reichte selbst der alte und neue Weltmachtanspruch, der sich nach 1945 herausgebildet hatte, nicht mehr aus. Steinmeier will außenpolitisch nicht mehr an der Seitenlinie stehen und von Gauck hört man zu jeder passenden oder nicht passenden Gelegenheit: Wir sind wieder wer. Selbst die Fußballweltmeisterschaft musste dafür herhalten. Schöne Tore sind ja okay, ein Triumphgesang über gebeugte „Gauchos“ und „aufrechte Deutsche“ erinnert mich dann aber doch zu stark an das „Deutschland, Deutschland über alles“. DIE LINKE will es anders. Wir erinnern uns des „und nicht über und nicht unter andern Völkern woll‘n wir sein.“ Die NATO ist kein Naturgesetz und militärische Bündnisse gehören aufgelöst. Statt weltweiter Auslandseinsätze der Bundeswehr will die LINKE weltweite Hilfseinsätze gegen drohende Naturkatastrophen, ein ziviles Hilfskorps einrichten. Wenn es nach uns ginge, würde ein solches Korps den Namen Willy Brandts erhalten. Wir wollen Verständigung mit Russland und nicht weitere Zuspitzungen im Osten des europäischen Kontinents. Eine grauenhafte Vorstellung, dass an der Westgrenzen Russlands, zum Beispiel in den baltischen Ländern, sich wieder deutsche und russische Soldaten feindlich gegenüber stehen.

Vieles, was DIE LINKE vorausgesagt beziehungsweise befürchtet hat, ist leider eingetreten. Aus dem Irak-Krieg wuchs die Zerstörung dieser Region mit hunderttausenden Toten, aus Waffenlieferungen und Militärabkommen mit der Türkei, mit Katar und Saudi Arabien der Krieg in Syrien. Und zu allem Überdruss jetzt auch noch ein neuer Krieg zwischen Israel und Palästina. Wenn nicht abgerüstet wird, wenn nicht Rüstungsexporte verboten werden, finden alle Waffen ihren Krieg. Die Opfer dieser Kriege sind dann auch Opfer einer Politik, die auf Großmachtansprüche, Seit‘ an Seit‘ mit den USA, und auf eine Militarisierung der Europäischen Union ausgerichtet ist. Um Profit wird eben auch mit Militär gekämpft.

Wie oft hat DIE LINKE sich sagen müssen, wir haben Recht gehabt? Aber der wichtige Unterschied besteht eben zwischen Recht haben und Recht kriegen. DIE LINKE erhält zunehmend Recht bei der Mehrheit der Bevölkerung unseres Landes. Wer aus Meinungsmehrheiten politische Mehrheiten formen will, muss die Fähigkeit zu Bündnissen, auch über Parteigrenzen hinweg, erwerben. Dazu muss und wird DIE LINKE noch viel lernen. Zum Beispiel bei den Aktionen gegen den NATO-Gipfel im September dieses Jahres, in der Ausarbeitung einer neuen Ost- und Entspannungspolitik, in den Aktivitäten anlässlich des 70. Jahrestages der Befreiung vom Hitlerfaschismus kommendes Jahr, im Kampf gegen das Freihandelsabkommen der EU mit den USA wie auch in der Vorbereitung von Initiativen gegen den G7/G8-Gipfel im Sommer 2015.

Wir haben mit dazu beigetragen, dass die von den Nazis ermordete Kommunistin Ilse Stöbe jetzt auf der Ehrentafel für Widerstandskämpfer im Auswärtigen Amt steht. Und wir werden es erreichen, dass Karl Liebknecht für sein Nein zu den Kriegskrediten im Deutschen Bundestag geehrt wird. Wir wissen, woher wir kommen, und wir wissen, wohin wir gehen wollen.

 

linksfraktion.de, 17. Juli 2014