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Der Sensationsstreik

Periodika,

Der Streik des Jahres: In Halle haben Beschäftigte den bisher längsten Streik der Callcenterbranche organisiert. Seit Mitte Juli streiken dort Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der S Direkt-Marketing GmbH & Co. KG.

Grund für den Streik: Der Lohn liegt bei 7,38 Euro brutto. Seit Jahren gab es keine Lohnerhöhung. Viele der Beschäftigten haben Teilzeitverträge und müssen zusätzlich Hartz IV beantragen. Viele haben nur befristete Arbeitsverträge, oft mehrmals hintereinander. Die Arbeitsplätze sind circa drei Quadratmeter groß, bis zu 150 Menschen sitzen bei geschlossenen Fenstern in einem Großraumbüro; je nach Wetterlage herrschen bis zu 30 Grad Celsius.

Nach einem ersten Warnstreik traten die Beschäftigten ab Mitte Juli in einen unbefristeten Streik. Für Betriebsrat Thomas Bittner ein Riesenerfolg. „Die Leute haben ihre Angst überwunden, kämpfen zusammen für ihre Interessen.“ Ihr wichtigstes Ziel: Verbesserung der Arbeitsbedingungen und ein Lohn von mindestens 8,50 Euro pro Stunde.

Die Belegschaft organisiert Mahnwachen, gemeinsam besuchen sie andere Callcenter, übergeben dem Bundespräsidenten ihre Forderungen. Aus der Bevölkerung und von Sparkassenangestellten bekommen sie Unterstützung, andere Callcenter traten sogar in Solidaritätsstreik.

Nach Wochen des Streiks dann ein Angebot des Unternehmens: Mitarbeiter, die seit zehn Jahren dazugehören, sollen ab dem Jahr 2013 eine Erhöhung auf 8,50 Euro bekommen. Alle anderen spätestens ab Mitte 2014. „Sie wollten die Belegschaft spalten“, sagt Bittner. Die Streikenden lehnten ab und forderten 8,50 Euro für alle Beschäftigten. Die Verhandlungen wurden daraufhin Ende August abgebrochen.

Nach weiteren Streikwochen folgte ein neuer Schachzug des Unternehmens: Einseitig erklärte es, das von den Streikenden abgelehnte Angebot umzusetzen. Doch ohne Tarifvertrag bestünde darauf kein Rechtsanspruch. „Wir werden streiken, bis es einen fairen und menschlichen Tarifvertrag für alle gibt“, sagt Betriebsrat Bittner und erinnert an den Werbeslogan der Sparkasse: „Menschlich, fair, nah“. Dafür werde man streiken, solange wie nötig.