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»De Maizière muss sofort zurücktreten!«

Im Wortlaut von Jan van Aken,

Jan van Aken, außenpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, über die wichtigsten Schlussfolgerungen nach dem "Euro Hawk"-Untersuchungsausschuss, die Ausreden von Verteidigungsminister de Maizière und verpulvertes Steuergeld


Verteidigungsminister de Maizière hat während seiner Vernehmung im Untersuchungsausschuss seinen Amtsvorgängern die Schuld für das Scheitern des "Euro Hawk" zugewiesen. Als er im März 2011 das Ministerium übernahm, sei das Projekt längst "auf der schiefen Bahn" gewesen. Was halten Sie von dieser Verteidigungslinie de Maizières?

Jan van Aken: De Maizière präsentiert sich im Untersuchungsausschuss als Mann ohne Schuld und Verantwortung. Selbstkritik scheint ihm völlig fremd zu sein. Schuld haben bei de Maizière immer nur die anderen, wahlweise seine Vorgänger oder seine Untergebenen. Ich finde das eines Ministers unwürdig.

Bislang hatte de Maizière die Verantwortung auf Untergebene im Verteidigungsministerium abgewälzt. Staatssekretär Beemelmans sprang als Zeuge im Untersuchungsausschuss in die Bresche und erklärte, er allein sei schuld. Warum genügt das nicht als "Freispruch"?

Es wurden Abermillionen für eine überflüssige Rüstungstechnologie verpulvert und der zuständige Minister findet sein eigenes Handeln völlig richtig und sieht Fehler nur bei anderen. Beemelmanns ist einer der engsten Vertrauten von de Maizière, klar, dass er seinem alten Kumpel zur Seite springt – aber es ist eine Katastrophe, wenn es dabei um ein Bundesministerium und eine halbe Milliarde Steuergelder geht!

De Maizière spricht gern von "Geburtsfehlern" des Projekts. Wofür braucht Deutschland überhaupt eine Drohne wie den "Euro Hawk"?

Militärisches Hightech-Spielzeug wie diese Spionagedrohne braucht man nur, wenn man entweder weltweit Krieg führen oder die eigene Bevölkerung bespitzeln will. Die Bundesregierung will beides! Im Ausschuss wurde bestätigt, dass ein Einsatz des "Hawk" auch für das Innenministerium angedacht war. Der Geburtsfehler des "Euro Hawk" ist seine Geburt – außer der LINKEN hatte keine einzige Partei im Bundestag etwas gegen das Projekt als solches.  

De Maizière hält Drohnen für "ethisch neutral“...

Völliger Blödsinn. Das hat aber de Maizière später auch zurückgezogen.

DIE LINKE hat eine Analyse zum Einsatzbereich des "Euro Hawk" erstellen lassen. Demnach sollte die Drohne nicht nur von der Bundeswehr eingesetzt werden, sondern möglicherweise auch von Polizei oder BND. Hat der Untersuchungsausschuss da weitere Erkenntnisse gebracht?

Das Einsatzkonzept der Bundeswehr für den "Hawk" sah ausdrücklich auch den Einsatz für andere Ressorts der Bundesregierung vor. Der "Euro Hawk" wurde auch schon mal bei Frontex, der europäischen Agentur zur Flüchtlingsabwehr, vorgestellt: als ideales Mittel für Grenzüberwachungen.
 
Sie kritisieren auch die Verstrickungen zwischen Rüstungsindustrie und Verteidigungsministerium. Hat der Ausschuss Licht in diesen Graubereich bringen können?

Es ist schon sehr deutlich geworden, wie eng die Beziehungen zwischen EADS und Verteidigungsministerium sind. Das muss man sich mal vorstellen: Cassidian selbst begutachtet für die Bundeswehr ihre eigene Drohne zur Eignung als Spionagedrohne. Objektiv geht anders.... Einiges spricht dafür, dass man EADS zuerst die Fähigkeiten zum Bau eines modernen Aufklärungssystems schenken – und dann eine eigene Drohne nachschieben wollte. Das ist jetzt zunächst mal gestoppt, aber davon werden wir noch hören.  

Wie bewerten Sie die Rolle der anderen Oppositionsparteien im Ausschuss?

Wir hätten natürlich mehr rausbekommen, wenn auch die anderen Fraktionen ein echtes Aufklärungsinteresse gehabt hätten. Aber Rot-Grün haben das Projekt ja selber noch angeschoben, hängen also selber mitten drin. Der Untersuchungsausschuss hat die meiste Zeit wie das Kaninchen auf de Mazière gestarrt und eigentlich nur die Frage gestellt, ob er denn nun gelogen hat oder nicht. Andere zentrale Fragen haben nur wir gestellt: Wofür sollte der "Euro Hawk" eigentlich eingesetzt werden? Wer sollte Zugriff darauf haben? Warum haben eigentlich alle anderen Parteien einen solchen Datenstaubsauger jahrelang unterstützt?

Sie fordern den Rücktritt de Maizières, die Kanzlerin hält an ihm fest und will die Affäre aussitzen, schließlich ist Wahlkampf. Welches Licht wirft das auf diese Regierung?  

Ein ganz düsteres Licht, ich habe das Gefühl Merkel selbst ist die letzte, die ihrem Verteidigungsminister überhaupt noch glaubt. Die Kabinettsmitglieder, die ihr in den letzten Jahren abhanden gekommen sind, kann ich kaum noch zählen. Für mich gilt: Ein Lügner kann und darf kein Bundesministerium leiten und muss sofort zurücktreten!

linksfraktion.de, 31. Juli 2013