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Das US-Militär testet wieder Mittelstreckenwaffen...

Nachricht von Kathrin Vogler,

...noch ohne atomaren Sprengkopf zwar, aber das Potenzial für diese besonders riskanten Waffensysteme liegt gerade im nuklearen Bereich. Ihre Gefährlichkeit besteht darin, dass sie besonders kurze Vorwarnzeiten haben und daher schnelle Gegenschläge provozieren.

Die Verschrottung dieser Waffensysteme in den 1990er Jahren war der große Erfolg einer weltweiten Bewegung für den Frieden. Die Unterschriften von Michail Gorbatschow und Ronald Reagan unter den INF-Abrüstungsvertrag gewährten der Welt am Rande des atomaren Infernos eine Atempause von drei Jahrzehnten.

Dass die USA kaum einen halben Monat nach dem Ende des INF-Vertrages gebraucht haben, um eine Mittelstreckenrakete zu entwickeln, macht sehr deutlich, dass es der US-Regierung von Anfang an nicht um die Rettung, sondern um die Zerstörung dieses Abrüstungsvertrags mit Russland ging. Die Vorwürfe der NATO gegen Russland, den INF-Vertrag gebrochen zu haben, klingen vor dem Hintergrund dieser Entwicklung noch mehr nach Ausrede. Es geht um ein neues, auch atomares, Wettrüsten, bei dem der Sieger von vornherein feststeht. Und es wird sich nicht auf Europa beschränken, sondern auch den Pazifikraum mit einbeziehen.

Selbst die chinesischen Rüstungsanstrengungen sind nicht geeignet, den USA den Siegerplatz auf dem Welt-Rüstungspodest streitig zu machen. 649 Milliarden US-Dollar gaben die Vereinigten Staaten im Jahr 2018 für Kriegsgerät aus, und damit mehr als ein Drittel der weltweiten Ausgaben. China brachte es immerhin auf 250 Milliarden, Russland blieb mit 61,4 Milliarden noch hinter Saudi-Arabien, Indien und Frankreich auf Platz 6. Allein die Aufrüstung seines Atomwaffenpotenzials will sich das Pentagon in den nächsten 30 Jahren eine Billion US-Dollar kosten lassen. Eine gigantische, unvorstellbare Summe und eine absurde Verschwendung, weil diese Mittel bei der Überwindung der Klimakrise fehlen werden.

Die atomwaffenbesitzenden Staaten verstoßen seit Jahrzehnten gegen Abkommen zur Rüstungsbegrenzung und Abrüstung, weil sie ihre eigenen Verpflichtungen zur Abrüstung ihrer Atomwaffen nicht erfüllen. Damit legen sie selbst die Grundlage dafür, dass die Exklusivität des Atomclubs mehr und mehr infrage gestellt wird. Der Vertrag über die Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen wird im kommenden Mai erneut auf einer Überprüfungskonferenz diskutiert. Die Gefahr ist real, dass sich Staaten wie Saudi-Arabien, Brasilien oder der Iran nicht mehr damit abfinden werden, auf Atomwaffen zu verzichten, während die Mitglieder des Atomclubs weiter neue, immer schlagkräftigere Waffensysteme entwickeln.

Seitens der Bundesregierung, die sich im Koalitionsvertrag zum Ziel einer "nuklearwaffenfreien Welt" bekennt, vernimmt man angesichts dieser gefährlichen Entwicklung nur dröhnendes Schweigen. Zu sehr hat man sich im Rahmen der NATO bereits auf die Seite der USA geschlagen.

Dennoch sind nicht alle Handlungsoptionen verbraucht. Die Bundesregierung müsste nun zumindest eindeutig erklären, dass sie einer Stationierung atomarer Mittelstreckenraketen auf deutschem Boden auf keinen Fall zustimmen wird. Eine weitere Möglichkeit wäre der Beitritt zum Atomwaffenverbotsvertrag der Vereinten Nationen und ein vollständiger Atomwaffenverzicht Deutschlands, auch im Rahmen der NATO. Die US-Atomraketen aus Büchel, wo Bundeswehrsoldaten derzeit den Massenmord üben, müssen abgezogen, die Urananreicherung in Gronau und der Verkauf angereicherten Urans an die USA und andere Atomwaffenstaaten muss beendet werden.

Auch immer mehr Kommunen fordern den Beitritt Deutschlands zum Atomwaffenverbotsvertrag, darunter Städte wie Dortmund, Köln, Bremen, Potsdam oder Berlin. Die Kommunalpolitik ist offenbar schon weiter als die Bundesregierung der großen Koalition: Der atomaren Kriegsgefahr begegnet man nicht mit mageren Appellen, sondern mit eigenem Handeln. Der Einsatz für eine atomwaffenfreie Welt darf keine hohle Phrase sein. Zu viel steht auf dem Spiel: Das Leben und die Gesundheit von Millionen Menschen.