9. Dezember - Durban-Tagebuch von Eva Bulling-Schröter, Vorsitzende des Umweltausschusses und umweltpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag
Eva Bulling-Schröter neben Umweltbundesminister Röttgen und weiteren MdB
So, heute ist der letzte Tag der Klimakonferenz und ich stehe mit gemischten Gefühlen auf. Es geht im Grunde darum, wie sich die Weltgemeinschaft für die Zukunft positioniert. Ob sie es schafft, zumindest verbindliche Schritte zu einem umfassenden Abkommen bis spätestens 2015 zu setzen, und damit ein ernsthaftes Zeichen für ein Umsteuern, oder ob die Kapitalinteressen beim Schachern um das Klima wieder einmal siegen werden.
Einfluss nur begrenzt möglich Danach ein Treffen mit der Delegation aus Uruguay: Wir sprechen über die Unterstützung in technischen Fragen und Beratung. Uruguay will bis 2015 50 Prozent regenerative Energien etablieren. Sie sind dabei eine Müllentsorgung aufzubauen. Wir vereinbaren eine Zusammenarbeit und Kontakte.
Zusammenarbeit geplant: Eva Bulling-Schröter und Mitglieder der Delegation Uruguays
Anschließend treffen wir uns mit den südafrikanischen Parlamentariern. Wir diskutieren die Verantwortung der nationalen Parlamente bei internationalen Klimaverhandlungen und wollen uns dafür einzusetzen, dass sich mehr Abgeordnete weltweit in den Prozess einschalten.
Sisa Njikelana, ein Urgestein des ANC, Vorsitzender des Energieausschusses des südafrikanischen Parlaments, berichtet aus seiner Sicht von den Konsultationen und freut sich, dass ich die gute Organisation der Konferenz durch Südafrika lobe. Er mahnt an, dass Parlamentarier nicht reaktiv reagieren, sondern sich endlich über alle Parteigrenzen hinweg in den Klimaprozess einbringen sollten. Dabei müssten sie die Basis mitnehmen. Natürlich hat er im Grundsatz recht. Allerdings ist es eine Illusion, als Parlamentarier hier direkt auf den Klimakonferenzen in die hochspezialisierten Verhandlungen eingreifen zu wollen. Dafür gibt es ja beispielsweise im Falle Deutschlands die Führung und die Experten des Bundesumweltministeriums. Die setzen letztendlich den Willen der Mehrheit im Parlament um.
Was wir zu Hause in der politischen Willensbildung nicht schaffen, können wir hier, außer sehr partieller Einflussnahme, nicht mehr hinbiegen. Unsere Aufgabe besteht hier eher in parlamentarischer Kontrolle, Information, und darin, uns am Rande der Verhandlungen konzentriert mit im Klimabereich tätigen Parlaments-KollegInnen aus aller Welt, NGOs und Bewegungen auszutauschen.
Wir brauchen beides: Emissionsminderungen und Tropenwaldschutz
Beispielsweise mit Victoria Tauli-Corpuz. Sie ist Vertreterin indigener Völker und gehört der philippinischen Delegation an. Sie berichtet über REDDplus, also über den Mechanismus zum internationalen Waldschutz. Victoria ist bei der Konferenz die stellvertretende Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft zum Thema und vertritt ganz massiv, dass gerade im REDD-Prozess die Rechte indigener Völker explizit geschützt werden müssen. Denn diese drohten unter die Räder zu geraten, wenn mit Waldschutz Geld verdient werden könne. In der AG gebe es heftige Diskussionen darüber, wie die Gelder für REDDplus aufgebracht werden könnten. Brasilien und Ecuador etwa sprechen sich für staatliche Mittel aus dem Norden aus, Australien und Japan für eine marktwirtschaftliche Lösung, dass heißt, die Einbindung von REDDplus in den CO2-Zertifikate-Handel. Die LINKE hat die zweite Lösung immer abgelehnt, da dadurch der CO2-Markt mit Emissionsrechten überschwemmt werden würde. Diese Rechte könnten dann Firmen oder Industrieländer nutzen, um ihre Minderungsverpflichtungen abzurechnen, ohne selbst Treibhausgase einsparen zu müssen. Geschützte Bäume im Süden würden dann zusätzliche Emissionen im Norden bedeuten. Wir brauchen aber beides: Emissionsminderungen der Industriestatten und Tropenwaldschutz. Das sagt jeder IPCC-Bericht. Sonst ist das Klima nicht zu retten! Ich frage Victoria Tauli-Corpuz, ob REDD nicht auch in dem Sinne kontraproduktiv wirken kann, dass zuerst irgendwo illegal abgeholzt wird und dann offiziell anderswo oder gar an selber Stelle wieder aufgeforstet, um an die Zertifikate oder REDD-Fonds heranzukommen. Sie meint, hier müssten intelligente Kontroll-Mechanismen eingesetzt werden. Zudem könne REDD im Klima- und Waldschutz nur ein Instrument neben anderen sein. Über REDDplus wird sicher heute Abend abgestimmt und wir können jetzt schon wetten, wie die Entscheidung ausgeht ...
In Lesotho hat sich das Wetter komplett verändert Dann endet unser mehrtägiger Gesprächsmarathon mit einem interessanten Gespräch mit der Delegation aus Lesotho. Wir treffen hier den Botschafter aus Berlin und die Vorsitzende der Nationalversammlung. Im nächsten Jahr läuft die deutsche Entwicklungshilfe für das arme Land aus und wir überlegen, welche Möglichkeiten der Förderung es künftig geben könnte, unter anderem im Bereich regenerative Energien. In Lesotho hat sich in den letzten Jahren das Wetter komplett verändert, wie wir von einem Vertreter einer NGo erfahren haben. Das Land hat auch die höchste Degradation der Erde. Wir verabreden uns in Berlin. Nun ist es später Nachmittag. Endlich Zeit, einen Kaffee zu trinken und etwas zu essen. Danach geht es weiter im Plenum, wo die Verhandlungen kurz vor Toresschluss immer hektischer werden. Ich habe ein ungutes Gefühl …