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»Dafür wurden wir selbst abgeführt«

Im Wortlaut,


Polizisten und ein Wasserwerfer hinter Stacheldraht am 1. Juni 2013 bei den Blockupy-Protesten in Frankfurt/Main, Foto: Flickr/timmy_lichtbild


Nicole Gohlke war bei den Blockupy-Protesten am 31. Mai und 1. Juni in Frankfurt/Main dabei und ist entsetzt über das Vorgehen der Polizei




Ich habe den Protest bis zum Eingreifen der Polizei als komplett friedlich erlebt. Ich hatte eher damit gerechnet, dass es am Freitag bei den Blockaden zu schwierigen Situationen kommen kann, aber sicher nicht bei der großen Demonstration, zu der ein breites Bündnis aufgerufen hatte aus Gewerkschaften, attac, antikapitalistischen Gruppen und der LINKEN. 

Die Aktionen am Freitag - obwohl tatsächlich stärker den Charakter von zivilem Ungehorsam - verliefen bereits komplett friedlich: symbolischer Protest, kreative Aktionen, kleine Spontan-Kundgebungen und die friedliche Blockade am Flughafen. Eigentlich müsste der Verlauf der Freitag-Aktionen der Polizei und den Behörden gezeigt haben, dass die TeilnehmerInnen gekommen waren, um friedlich ihren Widerstand gegen die Politik der Troika auszudrücken - Anlass, um die Demo am Folgetag zu kriminalisieren, bot der Freitag beileibe nicht. 

Die Eskalation am Samstag hat mich völlig überrascht. Beinahe wäre ich beim Zugriff der martialisch, bis an die Zähne mit Schlagstöcken und Pfefferspray bewaffneten Polizei selbst überrannt worden. Völlig unvermittelt sind sie in die Demo reingegangen, um den antikapitalistischen Block vom Rest der Demo zu trennen. Ziel war augenscheinlich, den antikapitalistischen Block selbst zu provozieren, um später eine Legitimation zu haben, die Demo nicht die angemeldete Route entlang der EZB laufen zu lassen und die Demo als Ganzes zu kriminalisieren. Auf alle Angebote seitens der Demo-Leitung des Bündnisses an die Polizei, um die Demo zu retten, sind Behörden und Polizei nicht eingegangen: Eine veränderte Route, die Ent-Mummung des antikapitalistischen Blocks, das Zurücklaufen zum nur wenige Meter entfernten Platz der Auftaktkundgebung.

Am Ende wurde das exekutiv durchgesetzt, was die Behörden auf gerichtlichem Wege nicht erreicht hatten: die Verhinderung der Demo, eine EZB ohne Demonstranten, dafür geschützt mit NATO-Stacheldraht. Wir Abgeordnete haben so lange wie möglich versucht, durch unsere Präsenz und mit unserem besonderen Status der Demo Schutz zu geben - insbesondere der Einzel-Personalaufnahme und Ingewahrsamnahme aller circa 1000 Personen im antikapitalistischen Block haben wir uns widersetzt. Dafür wurden wir selbst abgeführt, mit dem Vorwand, wir schützten Kriminelle. 

linksfraktion.de, 2. Juni 2013