von Alexander Ulrich
Kein EU-Mitgliedsstaat nimmt derzeit so viel Geld in die Hand wie Deutschland, um den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie entgegenzuwirken. Das ist gut und sinnvoll, wenn auch ein großer Teil der Gelder in Großkonzerne fließt, während die besonders beschäftigungsintensiven kleinen und mittleren Unternehmen überwiegend mit Krediten abgespeist werden, die nach der Krise in einem enormen Schuldenproblem münden könnten. Hier muss nachgesteuert werden! Zu wenig Beachtung findet auch die absolut notwendige Förderung der Binnennachfrage. Nur wenn die Bevölkerung über Kaufkraft verfügt, kann die Wirtschaft effektiv angekurbelt werden.
Auf diese Problematik wies am Mittwoch auch unser Experte Stefan Körzell, Mitglied des DGB-Bundesvorstandes, im Bundestag hin. Der Wirtschaftsausschuss hatte eine Anhörung zum Corona-Konjunkturpaket eingeladen. Körzell forderte ein öffentliches Investitionsprogramm mit einem Volumen von 100 bis 150 Milliarden Euro. Zur Begründung heißt es in seinem eigens für diese Veranstaltung erstellten Gutachten: „Damit sollten zum einen staatliche Impulse für den privaten Konsum generiert werden, schließlich sind es nicht nur die Schließungen im Bereich des Einzelhandels und der Gastronomie, die die Nachfrage drücken. Auch Einkommenseinbußen durch Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit und die allgemeine Unsicherheit tragen dazu bei, dass die Menschen weniger konsumieren.“
Auch ein weiteres Problem kam zur Sprache: Unter dem Druck der Arbeitgeberverbände scheinen für die Bundesregierung Steuersenkungen immer mehr zum opportunen Mittel der Krisenpolitik zu werden. Wie Körzell völlig richtig erläuterte, können solche Maßnahmen „insbesondere notwendige öffentliche Investitionen behindern und hätten vergleichsweise geringe Effekte auf die private Nachfrage.“ Abgesehen davon müssten Unternehmen, die 2020 wegen der Corona-Krise Verluste machen, ohnehin keine Steuern zahlen.
Im von meiner Fraktion vorgelegten Vorschlag für die Ausgestaltung eines Investitionsprogramms sprechen wir uns daher ebenfalls klar gegen pauschale Steuersenkungen aus. Kleine und mittlere Einkommen sollen durch einen höheren Grundfreibetrag entlastet werden. Der Spitzensteuersatz aber muss steigen und auch hohe Vermögen und Erbschaften müssen wieder angemessen besteuert werden. Ausgeschlossen werden muss auch, dass Konzerne Staatshilfen erhalten, die gleichzeitig Dividenden an die Aktionäre und Boni an die Manager ausschütten, oder ihre Gewinne in Steueroasen verschieben um dem Fiskus den Zugriff zu verwehren.
Der Staat braucht Einnahmen, um handlungsfähig zu bleiben: Um das Gesundheitssystem auszubauen, um das Pflegepersonal endlich anständig zu bezahlen und um Zukunftsinvestitionen in nachhaltige, gute Arbeitsplätze zu finanzieren. Pauschale Steuersenkungen verschärfen die Krise, statt sie zu bekämpfen. Auch Vermögende und Großkonzerne müssen ihren Beitrag leisten.