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Chronologie zum »BAMF-Skandal«

Nachricht von Ulla Jelpke,

Was gemeinhin „BAMF-Skandal“ genannt wird, ist in Wirklichkeit die Geschichte einer politischen Skandalisierung des humanitär begründeten Verwaltungshandelns einer engagierten, fachkompetenten, langjährigen (ehemaligen) Behördenleiterin der BAMF-Außenstelle in Bremen.

Ihr Motiv war offenbar, verfolgten, traumatisierten und offensichtlich schutzbedürftigen jesidischen Flüchtlingen aus dem Irak und Syrien möglichst unkompliziert und schnell einen Schutzstatus in Deutschland zu erteilen. Das ist höchst anerkennenswert und kein Skandal, selbst wenn dabei im Einzelfall interne Dienstvorschriften missachtet worden sein sollten – was aber bis zum heutigen Tage noch völlig offen ist. Von Korruption oder etwaigen Geldzahlungen kann nach allem, was bislang vorliegt, keine Rede sein. Es ging um den Schutz von Flüchtlingen.

Skandalös sind nicht die in der Regel völlig zu Recht erfolgten Schutzgewährungen in Bremen. Skandalös sind vielmehr die vielen zu Unrecht erfolgten Ablehnungen des BAMF: Im Jahr 2017 mussten die Verwaltungsgerichte 32.500 Asylbescheide des BAMF korrigieren, denn die Verfahrensmängel im BAMF wirken sich regelmäßig zu Lasten der Schutzsuchenden aus – und nicht umgekehrt.

Skandalös ist auch, dass die politisch Verantwortlichen für die Verfahrensmängel im BAMF bis heute keinerlei Reue oder Einsicht zeigen: Es waren Bundesinnenminister der CSU und der CDU, die sehenden Auges, über Jahre hinweg und trotz mehrfacher Hilferufe aus dem BAMF nicht für eine ausreichende Personalausstattung und eine funktionierende Technik im BAMF gesorgt haben. Statt diese wichtige Behörde gut für ihre aktuellen und kommenden Aufgaben zu rüsten, wurde das Amt lange Zeit alleine gelassen. Und dann galt auf einmal das Motto: Masse statt Klasse, Verfahrenserledigung um jeden Preis. Das ging natürlich zu Lasten der Qualität der Entscheidungen und auf Kosten der Gesundheit der Beschäftigten im BAMF. Auch bei der Fachaufsicht über das BAMF hat das BMI komplett versagt. Statt dieser Aufsichtspflicht nachzukommen, wurde die Kraft vor allem für eine Kaskade von Gesetzesverschärfungen verwandt, die zur Lösung der realen Probleme aber nichts beitrugen.

Mit der Skandalisierung der Verfahrenspraxis in Bremen soll nun stellvertretend eine humanitäre Flüchtlingspolitik delegitimiert und an den Pranger gestellt werden. Vom Versagen der CDU/CSU-Innenminister und ihrer auf bloße Abschreckung setzenden Politik soll damit abgelenkt werden. Für DIE LINKE. stehen jedoch unverändert die geflüchteten Menschen und ihre reale Schutzbedürftigkeit im Mittelpunkt.

Die folgende Chronologie gibt – ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben – einen Überblick über Missstände beim BAMF seit 2012:

2010 bis 2015 war Dr.Manfred Schmidt Präsident des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Schmidt hat als Vorgänger von Frank-Jürgen Weise auf die steigenden Flüchtlingszahlen aufmerksam gemacht, wiederholt für mehr Personal plädiert und um finanzielle Mittel gebeten, um das aus dem Jahr 2000 stammende IT-System „MARiS“ des BAMF zu erneuern. Er stieß damit jedoch auf taube Ohren. „Rahmenbedingung war, dass meine Behörde bis zum Jahre 2014 eine Abbaubehörde war“, resümiert Schmidt am 8. Juni 2018 vor dem Innenausschuss des Bundestags (15. Sitzung des Ausschuss Inneres und Heimat, 19/15, Stenografisches Protokoll, S. 14).

Spätherbst 2012 Manfred Schmidt verhängt eine Urlaubssperre, um bestehende Aktenberge abzuarbeiten. Gleichzeitig soll das BAMF 80 Entscheiderstellen einsparen.

Januar 2013 Manfred Schmidt schickt einen „Notstandsreport“ an die Bundesregierung. Darin fordert Schmidt mehr Stellen. Außerdem schlägt er ein Frühwarnsystem vor, um Veränderungen der Flüchtlingszahlen rechtzeitig zu erkennen, prognostiziert einen weiteren Anstieg der Flüchtlingszahlen und schlägt eine „schnelle Eingreiftruppe“ von EntscheiderInnen vor, um überlastete Außenstellen des BAMF zu unterstützen. Nichtsdestotrotz äußert sich die Bundeskanzlerin Angela Merkel anlässlich des 60. Geburtstags des BAMF im April 2013 wie folgt: „Ihr Amt, Herr Präsident Schmidt, ist gut aufgestellt.“

2013 Das BMI hebt die Berichtspflicht des BAMF zu den Gesamtschutzquoten in den einzelnen Außenstellen auf. Laut einem Bericht des Bundesrechnungshofs verzichtet es damit auf eine wesentliche Erkenntnisquelle für Auffälligkeiten.

2013 CDU/CSU und SPD beschließen in ihrem Koalitionsvertrag 2013, die Bearbeitungsdauer bei Asylanträgen bis zum Erstentscheid auf drei Monate zu begrenzen.

2013 - 2014 Die Zahl der Asylanträge verdoppelt sich beinahe von rund 127.000 im Jahr 2013 auf mehr als 200.000 im Jahr 2014. 

2014Manfred Schmidt beantragt für den Haushalt 2014 1.008 zusätzliche Stellen – und bekommt 333. Auch in den Jahren zuvor war den Personalanforderungen des BAMF nicht entsprochen worden (2012: 32 statt 166,5 neuen Stellen, 2013: 70 statt 141 Stellen). Der BAMF-Chef bittet die EU um Unterstützung und erhält vorübergehend ein paar Aushilfen aus Österreich und Luxemburg.

2015 Hundertausende Geflüchtete kommen nach Deutschland. Das BAMF kommt nicht hinterher mit der Registrierung der Menschen und der Bearbeitung ihrer Anträge. Es fehlen vor allem die sogenannten Entscheider. Um die Lücken zu füllen, zieht Schmidt Dutzende Leute aus anderen Abteilungen des Bundesamts ab und setzt sie als Entscheider ein. Die Folge: Die MitarbeiterInnen fehlen nun an anderer wichtiger Stelle, etwa bei der Integration.

15.09.2015 Beratungen im Bundeskanzleramt. Manfred Schmidt fordert erneut mehr Personal (9.000 neue Stellen). Rund 3.000 MitarbeiterInnen hat das BAMF zu diesem Zeitpunkt, es gibt fast 300.000 unbearbeitete Asylanträge.

16.09.2015Manfred Schmidt tritt zurück.

September 2015 Der Leiter der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, wird auf Bitten der Kanzlerin Angela Merkel zusätzlich Chef des BAMF. Weise krempelt das BAMF radikal nach betriebswirtschaftlichen Kriterien um. Aufgrund seiner guten Verbindungen zum Kanzleramt erhält das BAMF tausende neue MitarbeiterInnen (zwischenzeitlich arbeiten mehr als 10.000 MitarbeiterInnen in der Behörde), die in zwei- bis sechswöchigen Schnellkursen geschult werden, zum Teil werden diese aus anderen Behörden und Ministerien zeitlich befristet abgeordnet. Das Prinzip, Anhörer und Entscheider nicht zu trennen, wird massiv verletzt, indem im Jahr 2016 zwei Drittel aller Entscheidungen in so genannten Entscheidungszentren gefällt werden – die BescheiderstellerInnen haben die Asylsuchenden also niemals zu Gesicht bekommen und können deren Glaubwürdigkeit allenfalls nach Aktenlage bewerten. Die Anzahl fehlerhafter Asylbescheide steigt.

November 2015 Personalräte beklagen in Anbetracht der von Weise initiierten Maßnahmen zur Beschleunigung der Verfahren in einem offenen Brief eine Gefährdung des rechtstaatlichen Verfahrens. Ihre Kritik bezieht sich auf die unzureichende Qualifizierung neuer Entscheider (wörtlich wird eine „Schnellschussqualifizierung" beklagt) sowie auf denVerzicht auf eine Identitätsprüfung in schriftlichen Verfahren bei Asylsuchenden aus Syrien, Irak und Eritrea. Der Vorsitzende des Gesamtpersonalrats des BAMF, Rudolf Scheinost, sagt rückblickend in der Innenausschusssitzung vom 15.06.2018, Weise habe die BAMF-Entscheider dazu angehalten, „Schnelligkeit über Sorgfalt und Qualität“ zu stellen.

Februar 2016 Der Gesamtpersonalrat des BAMF geht juristisch gegen die beschleunigte Einstellung neuer MitarbeiterInnen vor. Er wirft der Behörde vor, rund 750 MitarbeiterInnen eingestellt zu haben, ohne die Mitbestimmungspflichten des Gremiums zu berücksichtigen. Außerdem befürchtet der Personalrat, dass die neuen MitarbeiterInnen nicht ausreichend qualifiziert seien, um über Asylanträge zu entscheiden.

März 2016Der Personalrat erhebt laut Medienberichten in einem internen Schreiben schwere Vorwürfe gegen Weise. Mehrere hundert MitarbeiterInnen seien in „Turbo-Einstellungsverfahren“ zum BAMF gekommen, Qualitätsstandards seien dabei vorsätzlich missachtet worden. In der Folge habe es Anfang März zahlreiche Kündigungen in der Probezeit gegeben, etwa „wegen Einträgen in das polizeiliche Führungszeugnis, ungebührlichen Verhaltens gegenüber Asylbewerbern, fehlender IT-Kenntnisse, Korruptionsgefährdung oder mangelnder Beherrschung der deutschen Sprache“.

November 2016 Ein Zusammenschluss aus zwölf Wohlfahrtsverbänden, Anwalts- und Richtervereinigungen sowie Menschenrechtsorganisationen veröffentlicht das Papier „Memorandum für faire und sorgfältige Asylverfahren in Deutschland“. Darin fordert das Bündnis eine zügige Bearbeitung der Asylanträge, mahnt jedoch dringend zur Qualität vor Schnelligkeit.

Januar/Februar 2017Jutta Cordt wird zunächst kommissarische Leiterin und dann neue Präsidentin des BAMF. Weise berät das BAMF über seine Amtszeit hinaus bis Ende 2017 als Beauftragter des Bundesinnenministeriums.

Februar 2017 Der Gesamtpersonalrat wendet sich mit einem Schreiben an die neue Präsidentin des BAMF. Anlass ist die interne Zielsetzung, anhängige Asylverfahren bis Ende Mai 2017 weitgehend abzuarbeiten (Frank-Jürgen Weise hatte dies Ziel ursprünglich bis Ende 2016 erreichen wollen). Der Gesamtpersonalrat kritisiert, dass die internen Zielvorgaben die MitarbeiterInnen demotivieren sowie fachliche und rechtliche Verfahrensfehler verursachen könnten. Cordt übe zu viel Druck auf die MitarbeiterInnen aus.

2017 Der „Antragsstau“ verlagert sich aus der Behörde in die Gerichte. Insgesamt sind 2017 vor deutschen Gerichten rund 372 000 Klagen gegen BAMF-Entscheidungen anhängig.Im selben Jahr haben rund 40 Prozent der inhaltlich geprüften Asylklagen vor Gericht Erfolg (vgl. BT-Drs. 19/1371 (PDF).

26.April 2017 Die Polizei verhaftet Franco A. Er wird verdächtigt, einen rechtsterroristischen Anschlag vorbereitet zu haben. Der deutsche Bundeswehroffizier hatte sich beim BAMF als „David Benjamin“ aus Syrien ausgegeben und einen Asylantrag gestellt. Obwohl seine Identität mehrfach überprüft wird, fällt seine Täuschung nicht auf, ihm wird ein subsidiärer Schutzstatus zugesprochen. In Reaktion auf den Franco A.-Skandal kündigen der Bundesinnenminister de Maizière und die BAMF-Leiterin Cordt die Überprüfung von bis zu 100 000 Positivbescheiden aus den Jahren 2015 und 2016 an. Vor dem Innenausschuss des Bundestages sagt die BAMF-Chefin, die Qualitätssicherung ihrer Behörde müsse „deutlich fokussiert“ werden.

Juli 2017 Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erreicht bei seinen Asylentscheidungen nicht die internen Zielvorgaben. Laut einem internen Papier erreichen nur drei der 66 Außenstellen, Ankunftszentren und Entscheidungszentren die internen Vorgaben bei Asylentscheidungen. Durchschnittlich schafften die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter etwa in der ersten Juliwoche nur zwei statt der erwarteten drei Anhörungen bzw. 2,5 statt 3,5 Entscheidungen. Darüber hinaus befürchten Kritiker, dass die starren Vorgaben zu mangelnder Sorgfalt führten.

September 2017 Mit Wirkung zum 1. September 2017 führt das BAMF ein erweitertes System zur Qualitätssicherung ein (dies wird erstmalig genauer beschrieben auf BT-Drs. 19/357 (PDF), Antwort zu Frage 17).

Oktober 2017 Türkische Asylsuchende verdächtigen MitarbeiterInnen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) – vor allem die dort eingesetzten Dolmetscher – sie an regierungsnahe Medien in ihrer Heimat zu verraten. Das berichten „Der Spiegel“ und das politische Fernsehmagazin „Report Mainz“ in einer gemeinsamen Recherche. Auf Nachfrage der Linksfraktion bestätigt die Bundesregierung im April 2018, dass das BAMF in den Jahren 2017 und 2018 die Zusammenarbeit mit insgesamt 2.100 Dolmetschern vor allem wegen fachlicher Mängel eingestellt hat. Von einzelnen Dolmetschern trennte sich das BAMF wegen Verletzung der Neutralitätspflicht. Weder die Amtsleitung noch das BMI hatten den Innenausschuss über den Vorgang informiert.

November 2017 Das BAMF bestätigt, dass 5.000 MitarbeiterInnen Zugriff auf das IT-System „MARiS“ haben, in dem zwei Millionen Asylakten elektronisch gespeichert sind. Die Möglichkeiten für Anhörer, Entscheider oder Mitarbeiter im Asylverfahrenssekretariat reichten „von einem Lesezugriff der kompletten Akte bis zu sehr eingeschränkten Zugriffen auf wenige Masken“. Es besteht der Verdacht, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAMF sensible personenbezogene Daten an autoritäre Staaten bzw. ausländische Nachrichtendienste weitergeben könnten.

April 2018 Laut einer Recherche der Süddeutschen Zeitung, des NDR und von Radio Bremen sollen mehr als 1200 Menschen zwischen 2013 und 2016 bei der Bremer Außenstelle des BAMF einen Schutzstatus ohne rechtliche Grundlage erhalten haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt deshalb gegen die frühere Außenstellen-Leiterin sowie gegen mehrere Anwaltskanzleien.

25. April 2018 Die Präsidentin des BAMF, Jutta Cordt, und der parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Stephan Mayer, werden im Innenausschuss zu den Vorgängen in Bremen befragt.

18. Mai 2018 BAMF-Chefin Cordt kündigt an, 18.000 Positivbescheide aus der BAMF-Außenstelle in Bremen erneut zu überprüfen.

29. Mai 2018 1. Sondersitzung des Innenausschusses zum „BAMF-Skandal“ mit Bundesinnenminister Horst Seehofer, PSts Stephan Mayer und der BAMF-Chefin Jutta Cordt.

7. Juni 2018Der Bundestag debattiert über den Antrag der FDP, die Vorgänge im BAMF von einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss durchleuchten zu lassen. Die AfD beantragt einen Untersuchungsausschuss zur Asyl- und Migrationspolitik insgesamt. Ihr Ziel: sie will mit der Flüchtlingspolitik der Kanzlerin „abrechnen“. LINKE und Grüne sprechen sich gegen die Einsetzung eines PUA aus. Sie halten, um für schnelle Aufklärung zu sorgen, den Innenausschuss des Bundestags für den geeigneteren Rahmen. DIE LINKE betont, dass die Missstände im BAMF u.a. durch zahlreiche Kleine Anfragen seit Langem bekannt seien, diese gingen im Übrigen in der Regel zu Lasten der Flüchtlinge. Es müsse nun darum gehen, die Probleme zügig zu beheben.

08. Juni 2018 2. und 3. Sondersitzung des Innenausschusses: Am Morgen mit Rudolf Scheinost, Personalratsvorsitzender des BAMF und am Nachmittag mit den ehemaligen BAMF-Leitern Manfred Schmidt und Frank Jürgen Weise sowie der aktuellen BAMF-Leiterin Jutta Cordt.

12. Juni 2018Laut einer Recherche von NDR und Radio Bremen enthält der interne Revisionsbericht des BAMF falsche Behauptungen.

15. Juni 2018 4. Sondersitzung des Innenausschusses ab 14 Uhr mit Peter Altmaier, Hans-Peter Friedrich und Thomas de Maizière. Der SPD-Abgeordnete Burkhard Lischka kündigte an: „Wir werden als SPD uns mit Nachdruck dafür einsetzen, dass es einen unabhängigen Beauftragten für Asylangelegenheiten gibt.“ Kurz nach der Sitzung wird bekannt, dass Bundesinnenminister Horst Seehofer Jutta Cordt als BAMF-Chefin entlassen hat.

21. Juni 2018Ernennung von Dr. Hans-Eckhard Sommer zum neuen BAMF-Präsidenten. Sommer ist Jurist und CSU-Mitglied. Er arbeitet seit 20 Jahren für das bayrische Innenministerium, zuletzt leitete er den „Aufbaustab für das Bayerische Landesamt für Asyl und Rückführungen“, eine Art Bayern-BAMF. Zwischendurch war er vier Jahre lang beurlaubt und arbeitete direkt für die CSU. Vizepräsident wird Dr. Markus Richter, ehemaliger Leiter der Abteilung Infrastruktur und IT.

1. August 2018 Entscheidung des Verwaltungsgerichts Bremen: Behörden dürfen nicht länger behaupten, dass es in der Bremer Außenstelle „hochkriminell“ zuging. Die ehemalige Leiterin des Bremer BAMF hatte einen Eilantrag gestellt, nachdem der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium Stephan Mayer in der Sendung „Anne Will“ u.a. von hochkriminellen und bandenmäßigen Machenschaften in der Bremer Außenstelle gesprochen hatte.

September 2018 Die Prüfgruppe „Vollprüfung Bremen“ legt ihren Abschlussbericht vor. Gegenstand der Prüfung waren rund 13.000 Bremer Anerkennungsentscheidungen seit 2006. Grobe Verfahrensfehler wurden lediglich bei 145 Akten festgestellt (1,1 Prozent). Über 75 Prozent dieser Akten wurde 2014-2016 entschieden, also zu der Zeit, als das BAMF aufgrund der hohen Zahl der Asylsuchenden massiv unter Druck stand. Außerdem stellt die Prüfgruppe klar: Aus der Missachtung von Verfahrensvorschriften kann nicht zwingend geschlossen werden, dass die Schutzgewährung zu Unrecht erfolgte.

10. September 2018 Beschluss des OVG Bremen: Das Innenministerium darf nicht länger behaupten, dass der Bericht der internen Revision des BAMF von Mai 2018 deutlich zeige, dass im Ankunftszentrum Bremen bewusst gesetzliche Regelungen und interne Dienstvorschriften missachtet wurden.

 

DIE LINKE. im Bundestag: Kleine Anfragen rund ums BAMF

Die Fraktion DIE LINKE hat an die Bundesregierung regelmäßig Quartalsregelanfragen „ergänzende Informationen zur Asylstatistik“ zur Zahl der Asyl- und Klageverfahren, Anerkennungsquoten, Verfahrensdauer, Widerrufsprüfungen etc. gestellt. Bekannt wird hierdurch unter anderem:

  • die genaue Zahl der Asylsuchenden (nicht der Asylanträge) in der monatlichen Entwicklung – dadurch wird deutlich, dass der Anstieg der Flüchtlingszahlen von der Bundesregierung / vom BAMF trotz entsprechender Hinweise aus den Bundesländern zunächst verschwiegen wurde
  • die genaue (und steigende) Dauer der Asylverfahren; Tricks der Bundesregierung zum Kleinrechnen dieser Verfahrensdauer (Betrachtung nur von „Neuverfahren“ und Ausblendung der „Altfälle“, siehe auch Bericht in "Migazin"); genauere Angaben zur Wartezeit zwischen erstem Asylgesuch und Asylantragstellung („EASY-Gap“)
  • der hohe Anteil von Verfahren, bei denen eine Trennung von Anhörer und Entscheider vorliegt
  • die geringen Überstellungsquoten in Dublin-Verfahren, die das Nicht-Funktionieren des Systems und Missstände in anderen Mitgliedstaaten aufzeigen
  • die hohen Erfolgsquoten von abgelehnten Flüchtlingen bei den Gerichten; die steigende Klagequote gegen BAMF-Bescheide als Indiz für Qualitätsmängel (siehe auch Bericht in "Migazin")
  • die auffällig unterschiedlichen bereinigten Schutzquoten bei Geflüchteten aus identischen Herkunftsländern in den Bundesländern bzw. in den einzelnen Außenstellen des BAMF (die Bundesregierung leugnet eine Relevanz und Auffälligkeit)
  • die geringe Zahl von Widerrufen/Rücknahmen nach entsprechenden Überprüfungen
  • die weitgehende Bedeutungslosigkeit „beschleunigter Asylverfahren“ (Asylpaket II)

 

Darüber hinaus hat die Fraktion DIE LINKE eine Reihe weiterer Kleiner Anfragen zum Thema BAMF an die Bundesregierung gestellt:

28.01.2015Drucksache 18/3839 (PDF): Antrag Flüchtlinge willkommen heißen – Für einen grundlegenden Wandel in der Asylpolitik. Darin fordert DIE LINKE u.a. eine deutliche Aufstockung des Personals im BAMF im Bereich der Asylprüfung sowie eine unkomplizierte Altfallregelung für Asylverfahren, die bereits länger als ein Jahr anhängig sind.

10.05.2015Drucksache 18/4581 (PDF): Kleine Anfrage: Rechtliche und praktische Folgen der Verzögerung bei der Registrierung neu eingereister Asylbewerberinnen und Asylbewerber

27. 08.2015: Drucksache 18/5877 (PDF), schriftliche Fragen 8 und 9 der Abgeordneten Ulla Jelpke zu EASY-Zahlen

14.12.2015Drucksache 18/7015 (PDF): Kleine Anfrage: Brief des Personalrats beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge

Dezember 2015Schriftliche Fragen (PDF) der Abgeordneten Jutta Krellmann zur Befristungspraxis im BAMF

08.03.2016Drucksache 18/7834 (PDF): Kleine Anfrage: Unklare Rechtslage infolge verzögerter Asylantragstellungen

14.06.2016 Drucksache 18/12725 (PDF): Kleine Anfrage: Unklare Daten des Ausländerzentralregisters zu Ausreisepflichtigen

26.9.2016Drucksache 18/9765 (PDF): Kleine Anfrage: Umsetzung des Datenaustauschverbesserungsgesetzes

18.04.2017Drucksache 18/11964 (PDF): Kleine Anfrage: Mögliche Verfahrensmängel im Asylverfahren infolge interner Erledigungsvorgaben

4.8.2017Schriftliche Fragen (PDF) zu sachgrundlosen Befristungen im BAMF

9.10.2017Drucksache 18/13670 (PDF): Kleine Anfrage: Unterschiede in den Bundesländern in der Asylentscheidungspraxis des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge

23.10.2017Drucksache 18/13703 (PDF): Kleine Anfrage: Fragen zu möglicherweise fehlerhaften Bestandskraftbescheiden des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge

08.12.2017Drucksache 19/190 (PDF): Kleine Anfrage: Einsatz von Akzenterkennungssoftware durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge

30.04.2018Drucksache 19/1949 (PDF): Kleine Anfrage: Vergabe von Aufträgen an Externe durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und dessen aktuelle Einstellungspraxis

16.4.2018Drucksache 19/1663 (PDF): Kleine Anfrage: Einsatz von Spracherkennungssoftware durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge