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Bundesfreiwilligendienst – Ein Erfolgsmodell mit offenen Baustellen

Im Wortlaut von Rosemarie Hein,

 

Von Rosemarie Hein, Sprecherin für berufliche Aus- und Weiterbildung der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

Vor fünf Jahren wurde der Bundesfreiwilligendienst (BFD) als Ersatz für den Zivildienst geschaffen. Seitdem haben 216.000 Menschen einen Bundesfreiwilligendienst angefangen. Waren es anfänglich noch mehr junge Männer, die diese Möglichkeit genutzt haben, leisten inzwischen immer mehr Frauen den Bundesfreiwilligendienst.

Der Bundesfreiwilligendienst sollte ein Bildungsdienst werden ähnlich wie das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) oder das Freiwillige ökologische Jahr(FÖJ). Doch der BFD unterscheidet sich in einigen Punkten deutlich von den anderen Diensten. Diese führen immer wieder zu Kritik. Nach fünf Jahren sind es immer noch die gleichen Probleme, die zu Diskussionen führen.

Verschwommene Grenzen zum Arbeitsmarkt

Da wäre u.a. die Öffnung des BFD für Menschen über 27 Jahre. Die Fraktion DIE LINKE begrüßt bürgerschaftliches Engagement und weiß das Engagement gerade auch von Älteren sehr zu schätzen. Aber vor allem beim BFD sind die Beweggründe oftmals andere. So kommen viele der Teilnehmenden aus langjähriger Arbeitslosigkeit und sie versprechen sich neben dem Effekt, wieder gebraucht zu werden, die Aufbesserung der Haushaltskasse. Dafür spricht, dass vor allem im Osten viele Menschen den BFD nutzen. Wir haben auch erfahren, dass der BFD nicht selten als Ersatz für eine Arbeitsgelegenheit missbraucht wird. Dann aber handelt es sich nicht mehr um ein wirklich freiwilliges Engagement. So wirkt sich der BFD auch positiv auf die Arbeitslosenstatistik aus. Zudem sind die Grenzen der Arbeitsmarktneutralität in diesem Bereich des BFDs stark verschwommen und so nehmen viele Freiwillige im Laufe ihrer Tätigkeit war, dass sie eigentlich nur der Ersatz für eine Arbeitsstelle sind. Diese verschwommene Grenze wird immer wieder kritisiert, eine Lösung dafür wurde noch nicht gefunden.

Neben den Schwierigkeiten der Abgrenzung des BFDs zu einem dritten grauen Arbeitsmarkt ist auch die Doppelrolle des Bundesamts für zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) kritisch zu betrachten. Einerseits kontrolliert das BAFzA die Einsatzstellen im BFD, andererseits ist es selbst Mitbewerber um Bundesfreiwilligendienstleistende. Probleme gibt es auch bei der Umsetzung von Mitspracherechten der Freiwilligendienstleistenden. Die Wahl des Bundessprecher*innenrates erweist sich als schwierig wegen des sehr langwierigen und komplizierten Wahlverfahrens. So kann der Bundessprecherrat entgegen seiner gesetzlichen Grundlagen seine Bedeutung kaum entfalten und wird als Interessenvertretung der Freiwilligen nicht wahrgenommen und auch nicht einbezogen.

Ein weiterer immer wieder vorgebrachter Kritikpunkt ist der große bürokratische Aufwand, den man als Einsatzstelle hat um den BFD ordnungsgemäß abzurechen. Wenn dazu noch eine FSJ oder FÖJ-Stelle in der gleichen Einsatzstelle kommt, ist der Betreuer der Freiwilligen mehr damit beschäftigt Formulare auszufüllen, als mit den Freiwilligen gemeinsam den Dienst zu gestalten.

Kein verbindliches Bildungskonzept für Ältere

Ganz sicher sehen viele Bundesfreiwilligendienstleistenden vor allem im Alter über 27 Jahre für sich positive Effekte. Neben dem Gebrauchtwerden ist es auch möglich, sich selbst neue Tätigkeitsfelder zu erschließen. Einigen gelingt das, aber es ist nicht die Regel.

Neben den oft genannten positiven Auswirkungen des BFDs im Bereich der über 27 jährigen, wird dabei häufig vergessen, dass es fünf Jahre nach dem Start des BFDs immer noch kein verbindliches Bildungskonzept für ältere Bundesfreiwilligendienstleistende gibt. Auch der BFD ist ein Bildungsdienst. Das gilt für uns ohne Unterschied für jung und alt. Wir teilen die Sicht der Bundesregierung nicht, dass Ältere keinen Bildungsdienst benötigen. Darum ist es nicht richtig bei den über 27-Jährigen weniger Bildungstage vorzusehen. Im Vordergrund der Debatte scheint zu stehen, wie die ehemaligen Zivildienstschulen für die Bildungsarbeit des BFD weiter genutzt werden können. Die anderen Träger des BFDs wollen diese Bildungsarbeit, wie auch bei den anderen Jugendfreiwilligendiensten mindestens in Teilen gern selbst übernehmen

Der Bundesfreiwilligendienst ist nach fünf Jahren also noch eine offene Baustelle mit vielen Problemen, daher fordert DIE LINKE ein verbindliches Bildungskonzept für Bundesfreiwilligendienstleistende über 27 Jahren und eine regelmäßige Überprüfung der Einsatzstellen auf Arbeitsmarktneutralität.
 

linksfraktion.de, 1. Juli 2016