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Beseitigung von Demokratie und Rechtsstaat

Nachricht,

Von Gerd Wiegel

Die Beseitigung zentraler Elemente des Rechtsstaates und die gewaltsame Verfolgung der politischen Gegner von links waren die wichtigsten Folgen des Reichstagsbrands in der Nacht vom 27. auf den 28. Februar 1933, dessen Folgen eine entscheidende Etappe auf dem Weg zur Beseitigung der Demokratie und zur Durchsetzung der unumschränkten Herrschaft des Faschismus in Deutschland war.

Von Hitler, Göring und der Führung der Nazis wurde der Reichstagsbrand sofort als Fanal eines kommunistischen Aufstands gedeutet, aus dem man die Legitimation zur gnadenlosen Verfolgung der Kommunisten ableitete und mit dem Verweis auf die Bedrohung des Staates die in der Weimarer Verfassung garantierten Grundrechte außer Kraft setzte. Die Freiheit der Person, die Meinungs-, Presse-, Vereins- und Versammlungsfreiheit, das Post- und Telefongeheimnis sowie die Unverletzlichkeit von Eigentum und Wohnung wurden mit der Verordnung "Zum Schutz von Volk und Staat" beseitigt. Dieser faktische Ausnahmezustand dauerte bis zum Ende der Naziherrschaft. Zusammen mit der "Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz des deutschen Volkes" vom 4. Februar 1933 und dem Ermächtigungsgesetzt vom 24. März 1933 war die so genannte Reichstagsbrandverordnung eine entscheidende Etappe im Prozess der Beseitigung der Demokratie. Allein die Daten verdeutlichen, mit welchem ungeheuren Tempo die Nazis auf diesem Weg voranschritten, auf dem sie von ihren konservativen Bündnispartnern unterstützt wurden.

Verfolgung von Kommunisten, Sozialdemokraten und anderen Linken

Verfolgung und Repression in Folge des Reichstagsbrandes richteten sich in erster Linie gegen die Kommunisten, von denen zahlreiche Abgeordnete festgenommen wurden, aber auch gegen Sozialdemokraten und andere Linke. Noch in der Brandnacht wurden prominente Linke wie Erich Mühsam, Egon Erwin Kisch, Carl von Ossietzky, Wilhelm Pick, Max Hodann und viele andere verhaftet, in die "wilden Konzentrationslager" der Nazis verschleppt und schwer misshandelt. Eine Verhaftungswelle, von der Zehntausende betroffen waren, nahm in der Brandnacht ihren Ausgang und verdeutlichte, dass die Nazis ihre politischen Gegner mit terroristischen Mitteln bekämpfen wollten. Mit der Ausschaltung der kommunistischen und sozialdemokratischen Presse sorgten sie dafür, dass wenige Tage vor den Reichstagswahlen am 5. März 1933 die letzten oppositionellen Stimmen zum Verstummen gebracht wurden.

In der Wissenschaft ist bis heute umstritten, ob der Reichstagsbrand von den Nazis inszeniert oder durch den als Täter zum Tode verurteilten Marinus van der Lubbe allein verübt wurde. In jedem Fall machten sich die Nazis den Brand zu Nutze, um die ohnehin geplante Ausschaltung der Kommunisten und die Beseitigung der Demokratie voranzutreiben. Gescheitert sind sie allerdings mit dem Versuch, den Brand als kommunistische Verschwörung öffentlich darzustellen. Der Reichstagsbrandprozess gegen Georgi Dimitroff u.a. endete an diesem Punkt für die Nazis im Desaster, gelang es Dimitroff doch vor der Weltöffentlichkeit die Anklage gegen ihn und andere ad absurdum zu führen, was zum Freispruch führte.

Aus heutiger Sicht sind der Reichstagsbrand und die Folgen ein Fanal für die Brüchigkeit demokratischer Rechte. Vor dem Hintergrund einer Terror- und Aufstandshysterie, bei gleichzeitiger Stigmatisierung eines politischen Gegners als mörderischen Feind, ist es den Nazis ohne größeren Widerstand gelungen, zentrale Elemente der Demokratie zu beseitigen. Der Blick auf die Geschichte gibt Anlass, gegenüber allen demokratischen Einschränkungen, die mit dem Verweis auf die Gefahren des Terrors legitimiert werden, mit äußerstem Misstrauen zu reagieren.

linksfraktion.de, 28. Februar 2013