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Berlin plant die "Nach-Assad-Zeit“

Im Wortlaut von Wolfgang Gehrcke,

Von Wolfgang Gehrcke, Obmann des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages und Leiter des Arbeitskreises Internationale Politik der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag




Der außenpolitische Brain-Trust der Bundesregierung, die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), sitzt bereits an Plänen für die "Nach-Assad-Zeit" in Syrien. Zusammen mit dem Brain-Trust der USA ist diese Aufgabe in Angriff genommen worden. Beide Außenministerien – Deutschlands und der USA – unterstützen die Pläne des geheimen Projektes.


Also, nicht in Syrien, nicht im Dialog mit syrischen Institutionen und Bewegungen wird ein Ausweg aus dem Bürgerkrieg gesucht, sondern "Widerständler" werden zusammengebracht, um mit deutscher und US-amerikanischer Politikberatung eine neue syrische Verfassung auszuarbeiten und eine Reform von Armee, Justiz und Sicherheitsapparat sowie die Umgestaltung der syrischen Wirtschaft vorzubereiten. Außenpolitisch nennt man so etwas Einmischung und Regimewechsel.

"Nein, es ist nicht deutsche und US-Aufgabe, aber man tut es"

Mit den Vorschlägen von Kofi Annan hat dies alles nichts zu tun. Es klingt fast zynisch, wenn der SWP-Direktor Volker Perthes einschränkend festhält, es sei nicht Aufgabe der Stiftung Wissenschaft und Politik, eine neue syrische Regierung auszuwählen. Nein, es ist nicht deutsche und US-Aufgabe, aber man tut es.   Internationale Aufgabe wäre es allerdings, dazu beizutragen, dass ein humanitärer Ausweg aus dem Bürgerkrieg gefunden wird. Mindeststandards der Gewaltvermeidung müssen auch in dieser katastrophalen Situation eine Rolle spielen. Zum Mindeststandard sollte der Verzicht auf Angriffe gegen Krankenhäuser und Krankentransporte gehören. Örtliche machtausübende Kräfte könnten untereinander Vereinbarungen treffen, ihren Verantwortungsbereich aus den Bürgerkriegswirren herauszuhalten. Westliche Hilfe liegt in der Lieferung von Medikamenten und Lebensmitteln und in der Unterbindung von Waffenlieferungen nach Syrien.
Chemisches Waffenarsenal darf gegen niemanden eingesetzt werden   Aufgabe des syrischen Staates und der Armee ist es zweifellos, Waffendepots zu sichern und alle Massenvernichtungswaffen vollständig unter Kontrolle zu behalten. Syrien verfügt offensichtlich über ein beträchtliches C-Waffenarsenal, das auf keinen Fall und gegen niemanden eingesetzt werden darf. Auch eine Drohung mit dem Einsatz von C-Waffen im Falle einer ausländischen Militärintervention ist kontraproduktiv und unverantwortlich. Alle Erfahrungen des Irak-Kriegs sprechen dafür, dass der tatsächliche oder angebliche Besitz von Massenvernichtungsmitteln keine Kriegsbegründung sein darf. Die Sicherung von solchen Waffenbeständen und darüber hinaus die Verhinderung der Verbreitung von Waffen aus militärischen Depots gehören zu den Aufgaben, an denen der syrische Staat nicht gehindert werden darf.   Die westlichen "Nach-Assad-Planungen" für Syrien laufen auf ein Bündnis mit den radikalen Moslembrüdern hinaus. Diese Planungen garantieren weder eine Autonomieregelung für die kurdische Bevölkerung noch die Sicherheit der christlichen, drusischen und alawitischen Minderheiten im Land. Die Grundpositionen der linken und demokratischen Opposition in Syrien – keine ausländische Einmischung und Erhalt der religiösen Vielfalt – sollten im Zentrum sinnvoller Vermittlungsanstrengungen stehen. Dafür tritt die LINKE ein.