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Asylverfahren dauern immer noch zu lange

Nachricht von Ulla Jelpke,

Die durchschnittliche Asylverfahrensdauer war im dritten Quartal 2018 mehr als doppelt so lang wie sie laut Bundesregierung sein sollte. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage von Ulla Jelpke und der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag hervor.

Die durchschnittliche Verfahrensdauer betrug im dritten Quartal 2018 demnach 6,1 Monate. Der Bund hatte sich auf dem „Flüchtlingsgipfel“ im Herbst 2015 gegenüber den Bundesländern verpflichtet, die Asylverfahrensdauer auf durchschnittlich drei Monate zu verkürzen. Gegenüber den Vormonaten ist die Verfahrensdauer im dritten Quartal leicht zurückgegangen, doch Asylsuchende aus bestimmten Herkunftsländern müssen weiterhin unerträglich lange auf ihre Bescheide warten. Überdurchschnittliche Bearbeitungszeiten betrafen Asylsuchende aus Afghanistan (7,5), Somalia (8,4), der Russischen Föderation (8,8), Eritrea (6,5), Pakistan (9,1) und Tunesien (6,2).

Die durchschnittliche Verfahrensdauer bei Asylerstanträgen von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen (UMF) betrug im dritten Quartal 2018 7,7 Monate. Besonders lange müssen unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aus Afghanistan auf ihren Bescheid warten: durchschnittlich dauerten ihre Asylverfahren 12,6 Monate.

Das BAMF rühmt sich in der Öffentlichkeit dennoch mit einer angeblich dreimonatigen Asylverfahrensdauer. Dieser Wert ist jedoch geschönt, da in diese Berechnung nur jene Verfahren eingehen, die weniger als ein Jahr dauern – längere Verfahren bleiben außer Betracht. Bundesregierung und BAMF beziehen sich dabei auf die Dauer der sogenannten „Neuverfahren“. Ursprünglich waren damit Asylverfahren ab dem 01.01.2017 gemeint, weil von da an eine Bearbeitung „im Regelbetrieb“ erfolgt sei (BT-Drs. 18/13472, Antwort zu Frage 10/11). Als jedoch auch dieser Wert kontinuierlich und im zweiten Quartal 2018 auf über drei Monate anstieg, änderte das BAMF die Berechnungsmethode erneut, um auf das politisch gewünschte Ergebnis einer dreimonatigen Verfahrensdauer zu kommen. Als „Neuverfahren“ gelten jetzt nur noch jene Asylverfahren, die in den letzten zwölf Monaten begonnen und abgeschlossen wurden.

Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag: 

"Statt statistischer Tricksereien  brauchen wir ein unkompliziertes Bleiberecht für alle Asylsuchenden, deren Anträge beim BAMF schon länger als zwölf Monate anhängig sind. Eine solche Altfallregelung würde die Behörde entlasten, außerdem müsste das BAMF sich dann nicht wie bisher alle paar Monate eine neue Berechnungsmethode einfallen lassen, um auf die politisch gewünschten Verfahrensdauern zu kommen.

Dem BAMF täte es insgesamt gut, wenn es sich auf die Aus- und Fortbildung seiner Mitarbeiter und die Durchführung fairer Asylverfahren konzentrieren könnte. Statt aufwändig und zumeist ohne Ergebnis bereits gewährte Schutzstatus wieder in Frage zu stellen, wie es derzeit im Rahmen der Widerrufsprüfungen hunderttausendfach geschieht, sollten die Mitarbeiter des BAMF für die Prüfung der noch nicht entschiedenen Asylanträge eingesetzt und weiter qualifiziert werden. Das könnte die Verfahrensdauern wirksam verkürzen, und zwar ohne dass die Qualität der Verfahren leidet. Dass bei der Qualität der BAMF-Bescheide momentan noch Einiges im Argen liegt, zeigen die weiterhin hohen Erfolgsquoten von Geflüchteten bei den Gerichten. Durchschnittlich wird rund ein Drittel der BAMF-Bescheide bei inhaltlicher Prüfung zugunsten der Asylsuchenden korrigiert, bei afghanischen Flüchtlingen sind es sogar fast 60 Prozent."