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Anhörung zur Vorratsdatenspeicherung im Rechtsausschuss

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Im federführenden Rechtsausschuss des Bundestages findet am heutigen Montag, den 21. September von 16.00 bis 18.00 Uhr Sachverständigenanhörung zur umstrittenen Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung (VDS) statt. Unter den von den Koalitionsfraktionen benannten Sachverständigen befinden sich gleich zwei Oberstaatsanwälte, ein Richter am Bundesgerichtshof und ein BKA-Beamter. Anhand von fragwürdigen Einzelfällen versuchen diese Experten für Staatssicherheit die behauptete Notwendigkeit einer anlasslosen Vorratsdatenspeicherung der Kommunikationsdaten aller Bürgerinnen und Bürger nachzuweisen. Für bürgerrechtliche Fragen und Kritik fühlt sich die Bundesregierung ebenso wenig zuständig wie für die äußerst fragliche technische Umsetzbarkeit, die zahlreichen offenen Fragen hinsichtlich der Datenschutzanforderungen an die Provider oder die Kosten, die ihr Gesetz den Bürgerinnen und Bürgern abverlangen soll.

Solche Ignoranz durchzieht den gesamten Gesetzgebungsprozess. So erhielten, mit dem absurden Argument der „Eilbedürftigkeit“ des Gesetzentwurfs die betroffenen Branchenverbände und die von der Speicherpflicht ebenfalls betroffenen Verbände der Berufsgeheimnisträger und die Datenschutzbeauftragte erst vier Tage vor dem Kabinettsbeschluss der Bundesregierung den Gesetzentwurf überhaupt zur Kenntnis übersandt. Weder blieb Zeit zu einer qualifizierten Stellungnahme, die noch berücksichtigt hätte werden können, noch zu einer kritischen Reaktion in der Öffentlichkeit. Und eine solche wäre dringender denn je. Es geht um Grundrechte aller Bürgerinnen und Bürger, die hier leichtfertig verramscht werden.

Fragt man z.B. die Verantwortlichen nach technischen Schwierigkeiten bei der Sicherung der auf Vorrat gespeicherten Daten, die auch in der Vergangenheit schon aufgetreten sind, verweist die Bundesregierung lediglich darauf, dass die Bundesnetzagentur schon entsprechende Verfahren „nach dem Stand der Technik“ im Benehmen mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und der Bundesdatenschutzbeauftragten erst nach Inkrafttreten festlegen werde. Behauptet wird, der Gesetzentwurf werde allen Vorgaben aus den Urteilen von Bundesverfassungsgericht und EuGH gerecht, dabei haben sich weder Bundesjustizminister Maas noch Bundesinnenminister de Maiziere Gedanken zur konkreten Ausgestaltung gemacht. Die Verantwortung dafür wälzen sie einfach auf die Bundesnetzagentur ab. Die hat wiederum nach eigenem Bekunden derzeit noch überhaupt keine Vorstellung von den Möglichkeiten einer grundrechtskonformen technischen Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung. Und das verwundert auch nicht weiter, denn zwei Jahre nach Beginn der Enthüllungen von Edward Snowden sollte eigentlich jedem klar sein, dass es weder einen „hinreichenden Schutz“ noch eine zweifelsfrei garantierte Authentizität übermittelter VDS-Daten gibt oder jemals geben könnte.

Inhaltlich wird sich die Anhörung neben den Gesetzentwürfen von CDU/CSU und SPD vom 09.06.2015 sowie der Bundesregierung vom 15.06.2015 für ein „Gesetz zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten“ auch mit dem Antrag  „Auf Vorratsdatenspeicherung verzichten“ der Bundestagsfraktion DIE LINKE vom 20.05.2015 beschäftigen.

Die Vorratsdatenspeicherung ist ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Grundrechte der Bürgerinne und Bürger und grundsätzlich nicht mit der Europäischen Grundrechtecharta vereinbar. Der Gesetzentwurf verstößt sowohl in den zentralen Fragen der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit, als auch gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. DIE LINKE lehnt dieses Überwachungsgesetz daher konsequent ab.

Derzeit prüft die Europäische Kommission im Rahmen des bis zum 6. Oktober verlängerten Notifizierungsverfahrens, ob der deutsche Gesetzesentwurf zur Vorratsdatenspeicherung mit dem Unionsrecht vereinbar ist. In einer ersten Stellungnahme der Kommission hatte sie Zweifel an der Grundrechtskompatibilität des Gesetzesentwurfs geäußert. 

Interessiertekönnen sich beim Sekretariat des Rechtsausschusses (Telefon: 030/227-32430, Fax: 030/227-36081, E-Mail: rechtsausschuss@bundestag.de) unter Angabe des Vor- und Zunamens sowie des Geburtsdatums zur Öffentlichen Anhörung anmelden. Zum Einlass muss ein Personaldokument mitgebracht werden.

 

linksfraktion.de, 21. September 2015