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Abwrackprämie für Krankenhäuser

Im Wortlaut von Harald Weinberg,

Krankenhaus“reform“ der Bundesregierung bringt keine Verbesserungen, nur mehr Markt

 

Von Harald Weinberg, gesundheitspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

Das am Mittwoch vom Kabinett beschlossene Krankenhausstrukturgesetz ist ein weiterer Meilenstein auf dem Irrweg der Krankenhausfinanzierung über Fallpauschalen (DRGs). Die großen Probleme in den Krankenhäusern werden nicht gelöst, sondern weiter verschärft. Anstatt die Versorgung der Patientinnen und Patienten zu verbessern und die Krankenhäuser wirtschaftlich abzusichern, wird das Gesetz zu einer neue Welle von Schließungen und Privatisierungen führen.

Mit viel Flickwerk wird in dem über 100 Seiten starken Gesetz versucht, die Fehlanreize einzudämmen, die das DRG-System hervorbringt. Anstatt eine bedarfsgerechte und humane Versorgung von Kranken sicherzustellen, wird die stationäre Versorgung weiter nach den Prinzipien von Markt, Wettbewerb und Konkurrenz umgebaut. Das wird negative Auswirkungen für die Menschen und die Krankenhäuser selbst haben.

Das Wort, das am häufigsten im Gesetz auftaucht, ist Qualität. Der Begriff verkommt allerdings zur unverbindlichen Lyrik. Dahinter verbirgt sich allerdings ein knallharter Verdrängungswettbewerbs unter den Krankenhäusern. Zu- und Abschläge für gute oder schlechte Leistungen werden diesen Verdrängungswettbewerb verschärfen und Privatisierungen voranbringen. Die Spezialisierung auf weitgehend komplikationsfreie Eingriffe wird noch lukrativer und treibt die Kommerzialisierung der Krankenhäuser voran.

Der neu geschaffene Strukturfonds ist nichts anderes als eine Abwrackprämie für Krankenhäuser. Für die Schließung von defizitären Abteilungen oder Krankenhäusern werden zukünftig Subventionen gezahlt. Der medizinischen Bedarf oder die Versorgung der Bevölkerung spielen keine Rolle bei Entscheidungen über eine Schließung, es geht um „Wirtschaftlichkeit“.  Der Auftrag der öffentlichen Daseinsvorsorge wird durch die Logik des Marktes ersetzt.

Ein wichtiger Schritt, um tatsächlich die Qualität in den Krankenhäusern zu verbessern, wäre, die Unterfinanzierung zu beseitigen. Der Investitionsstau in den Krankenhäusern wird auf bis zu 50 Mrd. Euro geschätzt. Seit Jahren sind Krankenhäuser gezwungen, Einnahmen aus den Fallpauschalen für notwendige Baumaßnahmen einzusetzen. Geld, das dann beim Personal eingespart werden muss. Die ganze Problematik wird aber im Gesetz ausgeblendet.

Zahlreiche Studien belegen, dass der beste Weg, um die Qualität der Versorgung zu verbessern, die Behebung des massiven Personalmangels wäre. Das ins Gesetz eingebaute Pflegeförderprogramm leistet dazu aber keinen Beitrag. Angesichts des massiven Pflegenotstands und der oft unhaltbaren Arbeitsbedingungen in Krankenhäusern sind die eingesetzten Summen geradezu lächerlich. Maximal 330 Mio. Euro sollen am Ende – nach drei Jahren – zusätzlich für Pflegepersonal bereitgestellt werden. Zum Vergleich: Der Deutsche Pflegerat fordert ab sofort 2,5 Mrd. Euro jährlich für die Pflege in Krankenhäusern. In Anbetracht von über 70.000 fehlenden Pflegekräften in deutschen Krankenhäusern ist der Pflegerat damit sehr viel näher an der Realität als die Bundesregierung.

Das Gesetz sorgt bei vielen Betroffenen für massive Kritik. Die Gewerkschaft ver.di, die Bundesärztekammer und viele andere Verbände fordern massive Nachbesserungen, die Deutsche Krankenhausgesellschaft plant eine Kampagne dagegen. Es wäre wünschenswert, wenn die große Koalition noch zu Zugeständnissen und Verbesserungen gezwungen werden kann. Was wir brauchen ist aber eine grundsätzliche Abkehr von der Vorstellung, dass Krankenhäusern nach den Prinzipien von Markt und Wettbewerb organisiert werden müssen. Die Auswirkungen sind fatal und ein Richtungswechsel ist dringend geboten.