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Psychische Belastungen in der Arbeitswelt

Themenpapiere der Fraktion

Psychische Belastungen nehmen in der Arbeitswelt durch steigenden Leistungsdruck und schlechte Arbeitsbedingungen drastisch zu. Immer mehr Arbeit muss in der gleichen Zeit erledigt werden. Arbeit am Abend oder am Wochenende, Überstunden und ständige Erreichbarkeit werden zur Normalität. All das führt zu Stress, lässt die Menschen erschöpft und krank werden. Burnout ist die neue Volkskrankheit.

Die Unternehmen verlagern ihr unternehmerisches Risiko zunehmend auf die Beschäftigten. Sie führen gezielt Marktmechanismen in die innerbetriebliche Organisation ein: Einzelne Abteilungen oder Standorte eines Unternehmens treten in Konkurrenz um die besten Monatsergebnisse. Auch in Kliniken und in der Pflege wird an der Wettbewerbsschraube gedreht. Das gleiche bewirkt die Arbeitsverdichtung und die zu dünne Personaldecke im öffentlichen Dienst. Die Arbeitsbedingungen verschlechtern sich an vielen Stellen: Die Beschäftigten müssen immer mehr in der gleichen Zeit leisten, seien es mehr Patientinnen und Patienten, seien es mehr Kunden, seien es kürzere Takte am Band.

Auch die gnadenlose Flexibilisierung des Arbeitsmarktes in den vergangenen Jahren fördert psychische Belastungen bei der Arbeit. Befristungen, Leiharbeit, Werkvertragsarbeit, entgrenzte Arbeitszeiten – bei all dem ist ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen. Die zunehmende Digitalisierung mit ihren Möglichkeiten der ständigen Erreichbarkeit und weiterer Flexibilisierung birgt darüber Risiken, die bislang kaum abzusehen sind. Das führt zu Unsicherheit, Überlastung und fehlender Planbarkeit.

Die Anzahl der psychisch bedingten Arbeitsausfälle lag 2021 bei 276 Fehltagen pro 100 Versicherten. Das ist ein Anstieg um 41 Prozent gegenüber dem Krankenstand von vor zehn Jahren. Und während im Jahr 2000 24,2 Prozent der erstmals gezahlten Erwerbsminderungsrenten auf psychische Erkrankungen entfielen, sind es 2020 bereits 41,5 Prozent..

Die Fraktion DIE LINKE schlägt folgende Maßnahmen vor, um psychische Belastungen bei der Arbeit zu reduzieren:

  • Eine Anti-Stress-Verordnung ist zu erlassen. Das Personal und die Kontrollen der Gewerbeaufsichtsämter sind erheblich aufzustocken und Verstöße stärker zu ahnden. Für Krankenhäuser, Pflegeheime, die ambulante Versorgung und die häusliche Pflege fordern wir eine verbindliche, bundesweit einheitliche Personalbemessung sowie Regelungen zur Mindestpersonalbemessung.
  • Die Arbeitszeit muss an den Bedürfnissen der Beschäftigten ausgerichtet werden. Wir brauchen verbindliche Ansprüche der Beschäftigten auf familiengerechte Arbeitszeiten. Freizeit muss klar abgegrenzt sein, es muss klar geregelt sein, wann Beschäftigte weder erreichbar sein noch auf Abruf bereitstehen dürfen. Abend-, Wochenend- und Schichtarbeit müssen auf ein unvermeidbares Ausmaß reduziert werden.
  • Betriebs- und Personalräte brauchen erzwingbare Mitbestimmungsrechte bei der Planung, Gestaltung und Änderung der Arbeitsplätze, der Arbeitsumgebung und der Arbeitsorganisation einschließlich der Arbeitsverfahren, der Arbeitsabläufe, agiler Arbeit sowie des Belastungsausgleichs, und auch bei der Arbeitsintensität, insbesondere Personalbemessung und Arbeitsmenge. So können sie bei Arbeitsverdichtung und Personalmangel aktiv werden. Darüber hinaus sind erzwingbare Mitbestimmungsrechte bei wirtschaftlichen Fragen und bei Fragen der strategischen Ausrichtung notwendig. Mehr Eigenverantwortung muss mit einem Mehr an Einflussnahme einhergehen.
  • Es gilt, die arbeitgeberfinanzierte Unfallversicherung stärker an den hohen Kosten psychischer Erkrankungen zu beteiligen. Bislang werden diese überwiegend von der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, sowie aus Steuermitteln getragen. Dabei muss das Prinzip „Wer verursacht, zahlt“ auch bei arbeitsbedingten Erkrankungen der Psyche gelten. Deshalb sind diese endlich als Berufskrankheit anzuerkennen. Außerdem ist zu prüfen, inwiefern die Unfallversicherung über eine Umlage an den Kosten für die Prävention psychischer Erkrankungen beteiligt werden kann.

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