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Zuchtmeisterin Merkel befeuert Europas Krise

Von Ulrich Maurer, erschienen in Clara, Ausgabe 19,

Die Politik der Regierung befördert das Schattenreich der Finanzindustrie und schwächt ganze Volkswirtschaften, meint Ulrich Maurer.

rotz des Geredes der Regierung vom XXL-Aufschwung: Die Euro-Krise spitzt sich zu. Die Lage in Griechenland wird immer dramatischer: Das Bruttoinlandsprodukt fällt von Quartal zu Quartal um bis zu 6,5 Prozent. Die Zinsen für griechische Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit explodieren. Die Schulden des Landes wachsen schneller als vor der vermeintlichen Rettung. Hellas’ Kreditwürdigkeit ist auf dem Nullpunkt.


Die europäischen Finanzmärkte spielen schon wieder verrückt. Am Finanzplatz London antworten Händler auf die Frage, was sich seit dem Kollaps der Investitionsbank Lehman Brothers geändert habe: „Gar nichts.“ Die Wall-Street-Banker kassierten im vergangenen Jahr 135,5 Milliarden Dollar, mehr denn je. Das wirtschaftsfreundliche Handelsblatt konstatiert: „Das goldene Zeitalter der Hedgefonds beginnt erst.“ 10000 von ihnen existieren weltweit schon wieder, mehr als vor der Krise. Viele der Steueroasen, in denen diese Sammelstellen für Spekulanten registriert sind, haben sich durch bilaterale Abkommen weißgewaschen.
Auch der Handel mit Derivaten hat sich „aus der Schockstarre gelöst“, wie dasselbe Blatt titelt. Der Marktwert übersteige schon wieder die Summe von 25 Billionen US-Dollar, heute würden erneut „Billionen von Dollar in dunkle Kanäle des Weltfinanzsystems“ geschwemmt. Ende März warnte der Internationale Währungsfonds, die Anreize, an den Finanzmärkten hohe Risiken einzugehen, seien heute größer als vor der Krise.


Verantwortlich für diese gefährliche Entwicklung ist auch die Bundesregierung: Sie hat kaum etwas unternommen, um das Diktat der Finanzmärkte zu brechen. Stattdessen gibt Kanzlerin Merkel (CDU) die „Zuchtmeisterin der Währungsunion“ (Handelsblatt). Griechenland, Portugal, Irland und Spanien haben ihre eiserne Hand zu spüren bekommen. In Portugal lässt sich zurzeit beobachten, wohin das Spardiktat der deutschen Kanzlerin führt: Nachdem die portugiesische Regierung scharfe Einschnitte im Gesundheitswesen, bei den Sozialsystemen und bei Investitionen in die Infrastruktur angekündigt hatte, wurde die Kreditwürdigkeit des Landes um weitere zwei Stufen gesenkt. Damit verteuern sich notwendige Kredite, die Staatsschulden wachsen, der Druck zu noch drastischeren Sozialkürzungen nimmt zu. Dem Land bleibt jetzt nur noch die Flucht unter den Euro-Rettungsschirm.
 

Fehlkonstruktion Euro


Der Euro entpuppt sich als Fehlkonstruktion. Eine Währungs- ohne Wirtschaftsunion funktioniert nicht. Finanzminister Theo Waigel hatte seinerzeit offenbart, weshalb Deutschland dieses Modell favorisierte: „Schließlich kann Lohnmoderation nicht mehr – wie in Deutschland noch vor wenigen Jahren – durch Aufwertung der D-Mark konterkariert werden.“ Allgemeinverständlich formuliert: Konkurrenzvorteil für deutsche Unternehmen durch Lohndumping. SPD und Grüne haben zu Beginn des Jahrhunderts den Niedriglohnsektor in Deutschland ausgeweitet. Union und FDP halten an dieser Politik fest – und befördern damit die nächste Krise. Die Folgen werden der Bevölkerung aufgebürdet.


Mit Blick auf die Finanzmärkte, die wie Mehltau auf der Realwirtschaft lasten, und die Krise des Euro versagt die Bundesregierung in dreierlei Hinsicht. Erstens, sie verweigert sich einer effektiven Regulierung der Finanzmärkte und ihrer radikalen Schrumpfung.


DIE LINKE fordert seit Jahren, die Schattenbanken kaltzustellen, Hedgefonds, Spekulationen mit Kreditverbriefungen sowie Geschäftsbeziehungen von Banken mit Filialen in Steueroasen zu verbieten. Und sie setzt sich für eine Finanztransaktionsteuer ein und dafür, dass sich die Geschäftsbanken auf die Dienstleistungsfunktion für die Realwirtschaft konzentrieren. Zweitens opponiert die Regierung gegen die Einführung von Eurobonds und die Gründung einer „Europäischen Bank für öffentliche Anleihen“, wie sie der Deutsche Gewerkschaftsbund fordert. Diese würde die Krisenländer von Schulden und Zinsen entlasten, ohne dass hierfür eine Änderung der EU-Verträge notwendig wäre. Drittens, die Regierung versagt beim Abbau der volkswirtschaftlichen Ungleichgewichte in der Euro-Zone. DIE LINKE hingegen fordert, den deutschen und europäischen Binnenmarkt zu stärken und die Ungleichgewichte bei den Vermögen zu beseitigen.

Ulrich Maurer ist stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE.