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Widerstand gegen TTIP, CETA & Co. aufrechterhalten – gerade jetzt!

erschienen in Clara, Ausgabe 38,

Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, warnt seit Jahren davor, dass der Kultur- u​nd Medienbereich massiv von den Freihandelsabkommen betroffen ist.

Am 10. Oktober 2015 fand – nach der Demonstration gegen den Irakkrieg im Jahr 2003 – die zahlenmäßig größte Demonstration in Berlin statt. Und um die Superlative noch zu steigern: Es gab bisher wohl kaum eine Demonstration, die von einem so breiten und großen Bündnis unterschiedlicher zivilgesellschaftlicher Organisationen getragen wurde.   Neben globalisierungskritischen Organisationen wie attac und neuen Organisationen wie campact waren es vor allem die demonstrationserfahrenen Gewerkschaften, Umwelt- und Naturschutzverbände sowie DIE LINKE und Bündnis 90/Die Grünen, die dazu beitrugen, dass 250.000 Menschen nach Berlin kamen und „Stop TTIP, Stop CETA! Für einen gerechten Welthandel!“ riefen.    Der Deutsche Kulturrat war als Demonstrationsnovize Mitveranstalter dieses Ereignisses. Wir haben an diesem Tag lernen müssen, dass es auch so etwas wie eine „Demonstrationskultur“ gibt, die uns noch unbekannt ist. Wir besitzen zum Beispiel nicht eine einzige Fahne, und unser Präsident trug ein handgemachtes Pappschild während der Demonstration mit Stolz in der ersten Reihe.   Die verschiedenen Organisationen, egal ob als Träger oder als Unterstützer der Demonstration, verbindet, dass sie TTIP und CETA für nicht geeignet halten, einen Beitrag zum gerechten Welthandel zu leisten. Daher soll CETA nicht ratifiziert und die Verhandlungen über TTIP sollen gestoppt werden.    Kulturstaatsministerin Monika Grütters und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel legten zwei Tage vor der Großdemonstration ein „Positionspapier der Bundesregierung zu den TTIP-Verhandlungen der EU-Kommission mit den USA im Bereich Kultur und Medien“ vor. Die Vorlage dieses Positionspapiers ist allein deshalb ein Erfolg, weil bis zu diesem Zeitpunkt speziell das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die Auffassung vertrat, Kultur und Medien seien von TTIP gar nicht berührt. Das Positionspapier macht deutlich, was der Deutsche Kulturrat und viele seiner Mitglieder schon lange sagen, dass Kultur und Medien selbstverständlich fundamental von TTIP betroffen sind.    Das Positionspapier der Bundesregierung ist ein wichtiger Schritt, weil sie sich hier auf konkrete Maßnahmen zum Schutz der kulturellen Vielfalt festlegt, ohne aber zu sagen, wie sie ihre Ziele praktisch erreichen will. Aber trotzdem ist es ein deutliches Zeichen dafür, dass das Insistieren auf Schutzmechanismen wirkt. Denn ohne das ständige Nerven aus dem Kultur- und Medienbereich wäre ein solches Positionspapier nicht zustande gekommen.    Jetzt droht die Gefahr, dass die Politik die TTIP-Verhandlungen schnell abschließen will, um einem weiteren wachsenden Protest vorzubeugen. Im kommenden Jahr finden die Präsidentschaftswahlen in den USA statt und im Jahr 2017 stehen Präsidentschaftswahlen in Frankreich und Bundestagswahlen in Deutschland an. Bislang ist nicht zu erkennen, dass CDU oder SPD gesteigerten Wert darauf legen, TTIP zum Wahlkampfthema zu machen. So wäre eine Variante, sich jetzt schnell zu verständigen, um das Abkommen rasch aus den Wahlkämpfen herauszuhalten. Zumal die französische Regierung bereits anklingen lassen hat, dass sie sich einen Abbruch der Verhandlungen vorstellen könne. Für mich zeigt das deutlich, dass trotz der großen Erfolge bei der Mobilisierung gegen TTIP, CETA & Co. die Gefahr mitnichten gebannt ist. Gerade jetzt dürfen wir nicht nachlassen und müssen gemeinsam den Widerstand gegen die Freihandelsabkommen aufrechterhalten.   Olaf Zimmermann, Jahrgang 1961, ist ein deutscher Publizist, ehemaliger Kunsthändler und seit März 1997 der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats. Dieser ist der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, dem sich mehr als 246 Verbände und Organisationen angeschlossen haben. Viele Jahre lang war Olaf Zimmermann zudem für Sachverständigen-Kommissionen des Deutschen Bundestags tätig.