Zum Hauptinhalt springen

Unterschrieben, aber nicht entschieden

erschienen in Clara, Ausgabe 42,

Trotz vieler Einwände einzelner Regionen und trotz vieler Gegendemonstrationen in vielen europäischen Ländern, zuletzt am 17. September auch in sieben deutschen Städten (siehe Foto) wurde am 30. Oktober das Comprehensive Economic and Trade Agreement – kurz CETA-Abkommen – von EU-Ratspräsident Donald Tusk und dem kanadischen Premier Justin Trudeau unterschrieben.

Die Ratifizierung des Abkommens verzögerte sich zunächst um ein paar Tage, da das belgische Regionalparlament der Wallonie gegen CETA stimmte. Die Wallonie fürchtete um die Konkurrenzfähigkeit ihrer heimischen Landwirtschaftsbetriebe, lehnt die Einführung von Gentechnik im Saatgut ab und war gegen eine Paralleljustiz in Form von Schiedsgerichten. An dem ursprünglich 1.500 Seiten umfassenden Abkommen wurde nichts verändert, aber es wurden Zusatzvereinbarungen getroffen. So steht eine Schutzklausel für die Landwirtschaftsbetriebe im Raum, und Anfang 2017 soll der Europäische Gerichtshof überprüfen, ob die Schiedsgerichte überhaupt mit EU-Recht vereinbar sind.

Der Wert dieser Zusatzvereinbarungen kann seit dem 24. November angezweifelt werden. An diesem Tag stimmte das Europäische Parlament über einen Antrag von Linken und Grünen ab. In ihm wird gefordert, das CETA-Abkommen vom Europäischen Gerichtshof prüfen zu lassen. Mit der Mehrheit von Konservativen, Liberalen und Sozialdemokratie entschied das Parlament dagegen. Dazu urteilte der Vorsitzende des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten, Thomas Händel (DIE LINKE): »Diese Verfahrensweise lässt alle Versprechen von Kommission und Parlamentspräsidenten, man werde transparent und breit diskutieren und das Abkommen auf Herz und Nieren prüfen, wie Hohn aussehen.« Schon in derselben Woche beschlossen die Fraktionsvorsitzenden unter Führung des Parlamentspräsidenten Martin Schulz (SPD) mehrheitlich, keine Aussprache zu dem stark in der Kritik stehenden Investitionsgerichtshof im Parlament zuzulassen.

Schon Mitte Oktober wies das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) einen Eilantrag unter anderem der Fraktion DIE LINKE ab, legte aber so hohe Hürden fest, dass Sahra Wagenknecht (DIE LINKE) von einem »Teilerfolg« sprach. Darunter fallen Investitionsschutzabkommen, Schiedsgerichte, Arbeitsschutzstandards und Urheberschutz. In den Augen der Fraktion DIE LINKE haben Angela Merkel (CDU) und Sigmar Gabriel (SPD) die Auflagen des BVerfG nicht erfüllt und dürfen das Abkommen nicht unterzeichnen. Deshalb hat DIE LINKE erneut den Bundesgerichtshof angerufen und einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gestellt.