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Trauerspiel

erschienen in Klar, Ausgabe 9,

Seit die Telekom privatisiert ist, hat der Konzern seine Belegschaft halbiert.

Seit Jahren verhökern die Regierungen Bundeseigentum. Die Aktionäre jubeln, die Zeche zahlen Kunden und Beschäftigte, wie das Beispiel Telekom zeigt.

Aufgebaut durch Steuergelder, entwickelt sich die Deutsche Post zu einem florierenden Konzern mit mehr als 200.000 Beschäftigten. 1995 wird die Telekom als Unternehmen ausgegliedert und 1996 an die Börse gebracht. Fortan geben die Aktionäre die Richtung vor: möglichst hohe Profite.

Innerhalb eines guten Jahrzehnts verliert die Hälfte der Stammbelegschaft ihren regulären Arbeitsplatz. Im Frühjahr 2007 plant Telekom-Chef René Obermann, 50.000 Kolleginnen und Kollegen eines Tochterunternehmens in eine Servicegesellschaft abzuschieben, sie sollen zukünftig bis zu 50 Prozent weniger Lohn erhalten. Tausende Beschäftigte streiken daraufhin gegen diese Entscheidung - letztlich ohne Erfolg.

Die Politik hat sich durch den Börsengang selbst entmachtet: Zwar ist der Bund mit 32 Prozent der Anteile noch immer der größte Aktionär. Das Kommando aber haben längst US-Finanzinvestoren übernommen. Der Hedgefonds Blackstone, Besitzer von 4 Prozent der Aktien, beeinflusst durch seinen Sitz im Aufsichtsrat entscheidend die Geschäftspolitik. Ergebnis: Großaktionäre strichen 2007 eine Rekorddividende von 80 Cents pro Aktie ein.

Betrogen fühlen sich auch 16.000 Kleinanleger, die das Unternehmen verklagt haben. Sie werfen dem Konzern vor, 2000 in einem Verkaufsprospekt falsche Angaben gemacht zu haben. Die von ihnen gekauften Aktien stürzten innerhalb von zwei Jahren um 90 Prozent ab.