Interview mit Guido Vael, Gründer und Leiter des Projekts Prävention in München.
Wie entstand das Münchner Projekt Prävention im schwulen Kommunikations- und Kultur-zentrum?
1993 holte Michael Tappe eine niederländische Truppe nach München, die professionell Tanz und Sketche gemacht hat. Das hat uns so beeindruckt, dass wir so etwas Ähnliches in München auch haben wollten. Die HIV-Prävention lag ja danieder, weil durch die vielen Todesfälle Zeit und alles Geld in die Betreuung und Begleitung floss. Das wenige an Street-Work, was stattgefunden hat, war rein ehrenamtlich und befand sich noch frei schwebend in der damaligen Struk tur der Aids-Hilfe. Erst als mit der Kombitherapie das Sterben nachließ, konnten wir stärker einsteigen.
Was treiben denn die Sittenstrolche?
Die Sittenstrolche sind ehrenamtliche Männer, die durch Aktionen in der Szene Erinnerungsimpulse setzen. Nicht nur, was HIV und Aids angeht, sondern auch für Hepatitis und andere sexuell übertragbare Krankheiten. Sei es, indem man mit einem Bauchladen umherzieht, Sketche aufführt oder Lieder singt, zum Beispiel umgedichtete Schlager. Schwul, mit Präventionsbotschaft. Aber egal, was man macht, man bleibt eigentlich ein Störfaktor. Das muss man einfach wissen und möglichst unterhaltsam sein.
Auch wenn es nicht allen gefällt?
Klar, aber die Sittenstrolche sind sehr populär. Daneben stehen aber die Vertrauensmänner als soziale Bezugspersonen und Ansprechpartner in ihrem Stammlokal. Das geht leider nicht überall, aber wir haben zumindest die Lokale dabei, wo Sex vor Ort stattfindet und noch eine gewisse Kommunikation möglich ist.
Inwieweit ist denn der HIV-Test Bestandteil von Prävention?
Wir Präventionisten sagen das nie. Wenn alle Menschen wissen, ob sie positiv sind, und kein Interesse daran haben, die Infektion weiterzugeben, wirkt das zwar primär präventiv auf das Kollektiv, aber nicht auf die schon infizierte Person.
Was hältst Du von Antikörpertests per Wattestäbchen am Zahnfleisch.
Das Hauptproblem ist deren Verfügbarkeit. Das Internet macht die Bestellung im Ausland möglich, selbst wenn sie nicht frei zugänglich sind. Die Fehlerquellen sind aber sehr groß. Unsere Testabende, vier mal im Jahr, sind schon ein kleiner Anfang, ebenso das Angebot der Münchner AIDS-Hilfe. Probleme habe ich mit den Qualitätsstandards des Test-to-go. Da wird weder über das Setting etwas gesagt noch über die Ergebnismitteilung. In der Sauna einen Test zu machen und dort den Leuten eventuell sagen zu müssen, dass sie positiv sind, halte ich für untragbar. Es bleibt die Frage, worin der Vorteil von Test-to-go besteht, wenn ich am nächsten Tag doch zum Arzt gehen muss, um bei einem zweiten Test das Ergebnis absichern zu lassen?
Das Interview führte Mario Simeunovic, Mitglied im Landesvorstand DIE LINKE. Bayern und im Vorstand der Münchner AIDS-Hilfe e.V.